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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Gesicht wie ein trauriger Hund und redete wenig und mit leiser Stimme. Seinen Vornamen sprach er »Baaah« aus, wie ein verirrtes Schaf.
    Auch jetzt, obwohl allen der Wind um die Ohren tanzte und die Graupeln in den Zähnen klebten, redete er leise, flüsterte fast, und doch klang jedes seiner Worte so deutlich, als brüllte er sich die Kehle aus dem Hals. Schon kam der Klüver herunter. Das Großsegel wurde nochmals gerefft. Alle hielten den Atem an, als er eine Halse machte und quer über den schmalen Race kreuzte. Es war ein alltägliches Manöver, kein Problem, höchstens ein wenig aufregender als sonst, weil der Wind so heftig blies. Tom fiel fast in Ohnmacht vor Glück, als der Kapitän ihm die Ruderpinne wieder übergab.
    »Da ist wohl der Klabautermann am Werk«, bemerkte Barr, während er die Arme verschränkte und breitbeinig Stellung bezog. Er sprach mit seinem charakteristischen Flüstern, und um den unteren Teil seines Gesichts spielte so etwas Ähnliches wie ein Lächeln.
    Tom sah sich um. Die Berge wirkten struppig mit ihren entblößten Bäumen, auf ihren mächtigen, aufgeblasenen Backen richteten sich die Stoppeln auf. Über dem Dunderberg war der Himmel schwarz, und weiter voraus noch schwärzer. »Mmmh«, machte Tom und merkte, daß er selber flüsterte.
    Es war schon fast fünf, die Graupeln waren in pappigen, nassen Schnee übergegangen, und die Party war in vollem Gange, als die Arcadia mit Motorkraft den Pier von Garrison erreichte. Als echter Purist war Barr so lange wie möglich gesegelt, doch bei dem unberechenbaren Wind hatte er seinen Plan, auf klassische Art anzulegen, schließlich aufgegeben und fünfhundert Meter vor dem Hafen den Motor angeworfen.
    Die Decks waren glitschig, und alles, was aufrecht stand, einschließlich der Besatzung, zog einen Bart aus Schnee hinter sich her. Der Pier vor ihnen war weiß, und das Gelände dahinter schimmerte fahl und gespenstisch unter der zentimeterdicken Schneedecke. In der kalten Luft lag der Duft von Essen, ferne Klänge von Musik. Dürr und mit hochgezogenen Schultern stand der Ex-Heilige der Wälder am Bug, hielt Jessica an der Hand und sah zu, wie die Lichter über das Wasser auf sie zukamen. »Ist das nicht die Höhe?« meinte er. »Da fangen die glatt ohne uns an.«
    Gegen sieben hatte Tom drei Sojaburger intus, außerdem ein Sandwich mit Eiaufstrich, zwei Spezial-Falafelfladen, eine Schüssel Chili sin carne , sechs oder sieben Bier (er zählte nicht mehr mit) und vielleicht einen Zug zuviel von dem Supergras, das er mit Bootsmann Fred heimlich im Windschatten des Zelts getestet hatte. Etwas außer Puste, nachdem er beim Square Dance kurz gekonnt das Bein geschwungen und seine Partnerin herumgewirbelt hatte, setzte er sich gerade hin, als er den Überblick zu verlieren begann. Das hier ist die Zeltwand, sagte er zu sich selbst und reckte sich auf dem harten Holzstuhl nach oben, als klebte er mit Teer darauf fest, und das da sind die Heizstrahler. Da draußen im Dunkel ist der Pier. Und am Pier liegt das Schiff. Ja. Und in seinem Inneren, unterhalb der Heckreling, im hintersten Winkel der großen Kajüte, ist meine Koje. In die ich jederzeit hineinfallen kann. Plötzlich kniff er fest die Augen zusammen und fuhr abrupt hoch. Er redete Schwachsinn. Erst sieben Uhr, und schon redete er Schwachsinn.
    Er erwog gerade, sich aus der zähen Teergrube seines Stuhls zu befreien und eventuell zum Buffettisch hinüberzurobben, um sich einen letzten Sojaburger mit Tomaten, Salat, Ketchup und Zwiebeln zu genehmigen, als ein vertrautes, eindringliches Katzenschnurren an sein Ohr drang und er auf einmal in ein Gesicht aufblickte, das er so gut kannte wie sein eigenes.
    Das Schnurren steigerte sich zu einem Jaulen. »Tom Crane, du sexbesessener, geiler alter Müllsammler, erkennst du mich etwa nicht? Wach auf!« Eine vertraute Hand legte sich auf seinen Ellenbogen und rüttelte daran wie an einem Ast. Und jetzt hing das vertraute Gesicht dicht über ihm, so dicht, daß es ganz verzerrt war – große, harte violette Augen, ein Atem wie Ambrosia, Lippen zum Hineinbeißen: Mardi.
    »Mardi?« sagte er, und ein Schwall von Emotionen durchflutete ihn; es begann mit einem Blitzschlag von Lust, der seinen Heiligenschwanz in Wallungen brachte, und endete mit der Angst, die normalerweise in Panik übergeht. Mit einem Schlag war er glockenwach, zappelte nervös wie eine Debütantin auf seinem Stuhl herum und suchte mit den Augen den Tanzboden nach Jessica ab.
    Wenn

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