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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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bewaffnen und über die Wiese zu verteilen, um sicherzugehen, daß ihnen keiner dieser Fanatiker in den Rücken fallen konnte. Dann gruppierte er die übrigen Männer in Reihen, je acht Mann mit untergehakten Armen, und marschierte mit ihnen auf die Straße zu. Frauen und Kinder – darunter auch Walters Mutter – scharten sich um die leere Bühne. In der Ferne konnten sie das Klirren von Glas, gedämpfte Schreie, das Brüllen des Mobs hören.
    Walter kannte doch die alte Straße zum Crane-Grundstück, oder? Heute war es nicht viel mehr als ein Gehweg, nach den Unruhen waren Mauern gebaut worden, aber damals war es eine ziemlich ausgefahrene Schotterstraße mit einem buckligen Grasstreifen in der Mitte. Allerdings recht schmal und mit steiler Böschung und undurchdringlichem Gestrüpp – Dornensträuchern und Giftsumach – zu beiden Seiten. Die Straße wand sich auf die Weide hinunter und wurde dann zu einem Pfad, der den Bach überquerte und den Hügel hinaufführte. Die Leute fuhren gerne dorthin, um ein bißchen allein zu sein – um beim Klang des Autoradios zu schmusen und Bier zu trinken. An manchen Abenden parkten an die zehn Autos auf der Weide. Jedenfalls gab es nur noch einen anderen Weg, der aber bloß für Fußgänger geeignet war – am anderen Ende der Weide, wo die Van Wart Road eine halbe Meile weiter oben wieder heranführte. Hesh dachte sich, wenn er die Einfahrt halten könnte, dann wären sie sicher. Falls es echten Ärger gäbe. Er hoffte, daß vorher die Polizei eintreffen würde.
    Tat sie nicht.
    Der erste Ansturm erfolgte gegen halb acht. Hesh und seine Männer hatten sich knapp außer Sichtweite des Mobs postiert, an der engsten Stelle der Straße, außerdem hatten sie den Lastwagen neben sich abgestellt, um das Durchkommen auf der Seite zu erschweren. Falls die Patrioten wild genug werden sollten, um anzugreifen – die Chancen dafür standen etwa fünfzehn zu eins –, mußten sie hier aufgehalten werden; wenn sie die Bühne erreichten, die Frauen und Kinder, konnte alles mögliche geschehen. Also standen sie dort mit untergehakten Armen und warteten. Zweiunddreißig Fremde. Ein schwarzer Dockarbeiter in Trainingsjacke und Jeans, eine Handvoll Männer in der Uniform der Handelsmarine, bierbäuchige Autohändler und Schnapslädenbesitzer und Büroangestellte, ein Lexikonvertreter aus Yonkers und drei verängstigte schwarze Priesterseminaristen, die wie die Teenager am Tor etwas früher gekommen waren, um als Ordner zu helfen. Reglos lauschten sie dem Johlen und Fluchen des Mobs und warteten darauf, daß die Polizei käme und die Menge auflöste. Keiner interessierte sich mehr für das Konzert, keinen verlangte es nach Reden, ja nicht einmal nach den unveräußerlichen Rechten, wie sie die Verfassung garantierte; alle wollten nichts wie weg.
    Und dann fing es an. Der Mob brüllte auf, dem folgte ein langes Gezische und Geklapper, was an ein heftiges tropisches Gewitter erinnerte, das durch die Bäume fegte, und dann tauchten plötzlich die fünf Ordner in der Kurve auf – die drei Jungen und zwei Mädchen –, rannten inmitten eines Hagels von Steinen und Flaschen um ihr Leben. Den Ausdruck auf ihren Gesichtern hatte Hesh schon früher gesehen – auf Omaha Beach, in Isigny, St. Lo und Nantes. Beide Mädchen weinten, und einer der Jungen – er konnte nicht älter als fünfzehn sein – blutete aus einer Platzwunde über dem rechten Auge. Hesh und seine Rekruten ließen sie durch, dann hakten sie sich wieder unter.
    Im nächsten Moment stürzte sich der Mob auf sie. Über fünfhundert Mann inzwischen, aber von dem schmalen Pfad getrichtert wie Rinder in einem Hohlweg, brachen sie in einem wütenden, stöckeschwingenden Ansturm über die Verteidiger herein. Hesh bekam einen Schlag ins Gesicht, eine Platzwunde hinter dem Ohr und blaue Flecken auf beiden Unterarmen ab. »Macht die Roten kalt!« skandierte der Mob. »Lyncht die Nigger!«
    Es dauerte nicht länger als zwei oder drei Minuten. Heshs Leute bluteten und hatten Beulen, aber sie hatten die erste Welle zurückgeschlagen. Geifernd und Beleidigungen kreischend wich der Mob ein Stück zurück, um sich neu zu formieren; sie schleuderten Steine, Stöcke und was sonst noch zur Hand war. Die Mehrzahl von ihnen war betrunken, aufgepeitscht von irrationalen Haßgefühlen und Vorurteilen, die wie offene Wunden brannten, andere jedoch – sie standen dicht beieinander, trugen weiße Hemden, Krawatten und Frontkämpfer-Käppis – waren eiskalt

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