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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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wie Feldmarschälle. Bei dieser Gruppe stand auch Depeyster Van Wart, steif und förmlich, äußerlich gelassen, aber mit einem Blick, der Löcher in den Lastwagen hätte brennen können. Er besprach sich mit seinem Bruder – das war der, der später in Korea fiel – und mit LeClerc Outhouse, der später im Restaurantgeschäft einen Haufen Geld verdient hatte. Erinnerte sich Walter an den?
    Walter nickte.
    »Geht doch nach Rußland!« schrie einer und drohte mit der Faust, und die anderen nahmen den Ruf auf. Sie wollten gerade vorwärts stürmen und erneut angreifen, als drei Polizisten erschienen. Sie waren vom Revier in Peterskill, keine Staatspolizei, und die Patrioten kannten sie beim Namen.
    »Also, Jungs«, hörte Hesh einen von ihnen sagen, »uns gefällt das da ebensowenig wie euch, aber wir wollen uns doch an die Gesetze halten, oder?« Während seine Kollegen in ähnlichem Sinne auf den Mob einredeten – »Wenn’s nach mir ginge, würde ich die wie Hunde niederknallen, auf der Stelle, aber ihr wißt doch, das geht einfach nicht; nicht in Amerika jedenfalls« –, zog sich der, der zuerst gesprochen hatte, den Hosenbund hoch, strich sich den Schritt glatt und schlenderte herüber zu Hesh und dessen böse zugerichteten Rekruten, die ihre blutenden Arme untergehakt hielten.
    »Wer hat hier das Sagen?« wollte er wissen.
    Hesh erkannte ihn sofort: es war Anthony Fagnoli. Sie waren gemeinsam auf die High-School gegangen. Fagnoli war zwei Jahre jünger, ein Verbrechertyp mit Pomade im Haar, der sich dauernd Strafen eingehandelt hatte, weil er betrunken zur Schule gekommen oder beim Rauchen im Jungenklo erwischt worden war. Im zweiten Jahr hatte er die Schule abgebrochen, um einen der Müllwagen seines Onkels zu fahren. Jetzt war er Bulle.
    Hesh sah sich um. Sasha Freeman hatte es nicht geschafft. Und Morton Blum auch nicht. »Wahrscheinlich ich«, sagte er.
    »Aha, Sie also?» Fagnoli gab kein Zeichen des Wiedererkennens.
    »Jude!« kreischte ein Patriot. »Hitler hat dich nicht erwischt, aber wir kriegen dich!«
    »Verdammt noch mal, was glauben Sie eigentlich, was Sie hier machen, Mister?« fragte Fagnoli.
    »Sie wissen ganz genau, was wir hier machen.« Hesh sah ihm fest in die Augen. »Wir üben – übrigens auf Privatbesitz – unser Recht aus, uns friedlich zu versammeln.«
    »Friedlich?« Fagnoli brüllte das Wort heraus. »Friedlich?« wiederholte er und zeigte dann mit dem Daumen in Richtung der Menge. »Das nennen Sie friedlich?«
    Hesh gab es auf. »Hören Sie«, sagte er, »wir wollen damit nichts zu tun haben. Das Konzert ist aus. Abgeblasen. Vorbei. Wir wollen nichts weiter als weg hier.«
    Fagnoli grinste ihn jetzt frech an. »Weg?« sagte er achselzuckend. »Sie haben die Scheiße hier angerichtet, jetzt wischen Sie sie auch selber auf.« Und dann drehte er ihm den Rücken zu und ging davon.
    »Officer. Bitte. Wenn Sie denen sagen, sie sollen nach Hause gehen, dann würden sie auf Sie hören.«
    Fagnoli wirbelte herum, als hätte er einen Schlag in den Rücken bekommen. Seine Miene war wie eine geballte Faust. »Leck mich doch!« zischte er.
    Hesh sah ihm nach, wie er zur Straße zurückstolzierte, sich einen Weg durch den Mob bahnte und kurz stehenblieb, um mit Van Wart und Outhouse und den anderen Rädelsführern zu konferieren. Dann wandte er sich an seine Kollegen und sagte mit so lauter Stimme, daß es bis zu Hesh und seinen Leuten hinüberdrang: »Die wollen weg hier, Jungs. Was sagt ihr dazu?«
    Ein Mann mit Schiffchenmütze fing an zu grölen. »Weg? Niemals kommt ihr hier weg! Jedes Niggerschwein machen wir kalt! Und jede Judensau auch!« Die Menge begann zu brüllen. Fagnoli und die beiden anderen Bullen waren verschwunden.
    Gleich darauf erfolgte der zweite Angriff. Die Patrioten stürmten johlend auf dem schmalen Weg heran, schwangen Zaunpfähle und Brechstangen, schleuderten Steine und Flaschen, warfen sich mit all der Macht und Wucht von denen, die hinter ihnen kamen, in die Verteidigungslinie. Hesh hielt die Stellung, packte einen Mann, der mit einer Latte auf ihn losging, und knallte ihm die Faust mitten ins Gesicht, bis er spürte, wie etwas brach. Wieder dauerte das Handgemenge nur wenige Minuten, dann fielen die Angreifer zurück. Aber Hesh war verletzt. Genau wie seine Mitstreiter. Verletzt und zu Tode erschrocken. Sie mußten unbedingt die Außenwelt benachrichtigen, die Polizei rufen, mit dem Gouverneur, mit der New York Times telefonieren – sie mußten Hilfe holen.

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