Worldshaker
auf die Stelle, an die sich Sir Mormus zurückgezogen hatte, zehn Schritte vom Podest entfernt. Aber da war er nicht mehr.
»Ich habe ihn weggehen sehen«, rief einer aus der Menge.
»Ich auch.«
»Er brabbelte irgendwas von Vergeltung.«
In der Mitte des Saals stand Gillabeth: »Er wollte hoch auf die Brücke, hat er gesagt.«
Col fiel eine Bemerkung ein, die Sir Mormus vorhin gemacht hatte. »Er hat gedroht, den Worldshaker eher in die Luft zu jagen als sich zu ergeben.« Er wandte sich an die Mitglieder der Kammer: »Das ist doch nicht möglich, oder?«
»Nein«, sagte Sir Wisley.
»Ich wüsste nicht, wie«, sagte Konteradmiral Haugh.
»Ich schon«, sagte der Erste Steuermann Turbot.
Königin Victorias Lächeln war verschwunden. »Erklären Sie es.«
»Er müsste auf Volldampf gehen, die Turbinen abstellen und die Walzen stoppen. Dann bräuchte er nur darauf zu warten, dass der Druck in den Kesseln steigt.«
»Aber die Sicherheitsventile«, wandte Sir Wisley ein. »Die würden doch den Dampf rauslassen, sobald –«
»Die kann man außer Kraft setzen«, sagte Turbot. »Dann würde der Druck so lange steigen, bis der Kessel explodiert.«
»Wie lange dauert das?«, fragte Königin Victoria.
Turbot zuckte die Schultern. »Zwanzig Minuten vielleicht. Oder dreißig.«
»Wir müssen ihn stoppen!« Col machte auf dem Absatz kehrt.
»Ich komme mit!«, schrie Septimus.
»Dieser Schurke! Dieser Wahnsinnige!« Wutschnaubend sprang Prinz Albert vom Podest.
»Gib auf dich acht, mein Lieber«, rief Königin Victoria. »Aber sei tapfer und –«
Ihre Worte versickerten. Etwas war anders. Alle merkten es im selben Moment.
Normalerweise war der Juggernaut ständig in Bewegung, die Turbinen ständig am Rotieren, das leichte Vibrieren der Decks war immer Teil des Lebens gewesen. Man nahm es ebenso wenig wahr wie den eigenen Herzschlag. Jetzt hatte es aufgehört.
Alle sahen sich wortlos an. Die seltsame Stille hielt an.
» Los jetzt!«, schrie Col und stürmte zum Ausgang.
72
Die sechs Dreckigen stürzten hinterher, zusammen mit Professor Twillip, Orris Porpentine, den beiden Wachen sowie Gillabeth samt Antrobus. Col steuerte den nächsten Fahrstuhl an. Aber da gab es ein Problem.
»Der Fahrstuhl kann keine fünfzehn Personen befördern«, sagte Gillabeth. »Dann fährt er nicht los.«
Also übernahm Gillabeth das Kommando und teilte sie in zwei Gruppen: Col, Prinz Albert, Riff und die anderen Dreckigen sollten als Erste nach oben fahren; sie selbst, Antrobus, Orris, Septimus, Professor Twillip und die Wachen sollten beim zweiten Mal folgen.
In der ersten Gruppe war Col derjenige, der den Weg zur Brücke kannte. Als der Fahrstuhl die Spitze des Fahrstuhlschachtes auf Deck 53 erreichte, ging er ihnen allen voran, vorbei an den Schreibstuben. Riff war direkt hinter ihm, gefolgt von den anderen Dreckigen und Prinz Albert als keuchendem Schlusslicht.
Sie kamen zum letzten Treppenhaus und liefen hinauf zur Brücke. Draußen vor der Tür stand nicht nur ein Fähnrich, sondern ein halbes Dutzend ranghoher Offiziere. Sie klopften an die Tür und schienen sehr besorgt.
»Sir Mormus, was machen Sie da, Sir?«
»Können wir Ihnen helfen, Sir?«
»Gibt es einen Notfall, Sir?«
»Ja!«, schrie Col. » Er ist der Notfall!«
Die Offiziere drehten sich um, sahen Col – und dann Riff.
»Eine Dreckige!« Der Fähnrich richtete seine Waffe auf sie, Riff schwenkte ihr eigenes Gewehr herum, um ihm zuvorzukommen.
Col griff die Läufe der beiden Gewehre und schob sie zur Seite. »Nein!«
Der Fähnrich versuchte, Col seine Waffe zu entwinden, selbst dann noch, als die anderen fünf Dreckigen herbeigeeilt waren und ihre Gewehre auf ihn richteten.
Da erschien Prinz Albert am Treppenaufgang.
»Sofort aufhören!«, befahl er. »Es wird nicht mehr gekämpft. Wir haben kapituliert. Wer ist hier der befehlshabende Offizier?«
Ein Fregattenkapitän mit vier Ärmelstreifen stand ganz adrett stramm. »Königliche Hoheit. Sagten Sie kapituliert ?«
»Ja. Glotzen Sie mich nicht so an, Mann.« Prinz Albert zeigte auf die Tür. »Ist Porpentine da drin?«
Die Situation hatte sich entschärft. Col ließ die Gewehrläufe los, alle senkten ihre Waffen.
Der Fregattenkapitän nickte. »Er hat uns alle rauskommandiert, dann hat er die Turbinen abgeschaltet. Wir stecken mitten in der Pahang-Flussebene fest.«
»Ist es wegen des Gewitters, Hoheit?«, fragte ein anderer Offizier.
»Gewitter? Was für ein Gewitter?«
Der
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