Worldshaker
waren.
Sir Mormus grummelte, die anderen Mitglieder der Kammer murmelten vor sich hin und runzelten die Stirn. Die Königin und Prinz Albert lauschten völlig gebannt.
Bald fragte sich Col, wie er das Thema wechseln könnte. Er musste zurück in die Gegenwart, zur Frage der Kapitulation. Als Septimus und der Professor auf den Bau des Worldshaker zu sprechen kamen und auf die Errichtung einer unüberwindlichen Schranke zwischen Unten und den Oberdecks, meldete er sich sofort zu Wort.
»Und die ist jetzt durchbrochen, Eure Hoheiten. Während wir hier sprechen, schwärmen die von Unten von Deck zu Deck. Sie müssen jetzt entscheiden. Bedingungslose Kapitulation oder ein Massaker.«
Prinz Albert räusperte sich. »Also bedingungslos finde ich etwas stark.«
»Denken Sie an all die Menschen auf den Oberdecks.« Col richtete seinen Appell jetzt vor allem an Königin Victoria. »Sehen Sie sich hier im Saal um und stellen Sie sich das Gemetzel vor. Ein Blutbad.«
»Was geschieht, wenn ich die Kapitulation anordne?«
»Niemand wird mehr getötet, keine Rache. Das ist das, was die Dreckigen anzubieten haben.«
»Aber was wird aus uns?«, fragte Konteradmiral Haugh.
»Sie können bleiben und die Befehle der Dreckigen entgegennehmen. Oder gehen.«
»Gehen? Meinst du, an Land gehen?« Haugh war entsetzt. »Und wie die Eingeborenen leben? Im Dschungel?«
Col ignorierte ihn. »Denken Sie daran, wie viele Leben Sie retten können, Eure Majestät.«
Die Königin und ihr Prinzgemahl wechselten besorgte Blicke.
»Tu, was dir die Pflicht gebietet, meine Liebe«, sagte Prinz Albert.
»Aber was ist meine Pflicht?« Königin Victoria breitete ihre Hände aus, in einer Geste der Verzweiflung.
Sir Wisley meldete sich zu Wort. »Wenn ich Ihnen einen Rat geben dürfte, Eure Majestät.«
Er trat auf das Podest, beugte sich zu Königin Victoria und flüsterte ihr ins Ohr. Col traute ihm nicht über den Weg – zumal, als er die Worte fürs Erste und so tun, als ob aufschnappte.
»Versuchen Sie nicht, ein falsches Spiel mit denen zu treiben, Eure Majestät«, warnte Col. »Sie haben keine Wahl mehr.«
Seine Worte bewahrheiteten sich schneller, als er gedacht hatte, denn am anderen Ende des Saals entstand Unruhe. Dann ertönte ein Zweiton-Pfiff – und sechs Dreckige sprangen auf die Büfett-Tische. Eine davon war Riff, ein anderer Shiv. Vielleicht waren sie mit dem Fahrstuhl hochgekommen. Oder sie hatten die Treppen hochlaufen können, ohne auf Widerstand zu stoßen.
Sie kickten Teller und Gläser zur Seite und richteten ihre Gewehre auf die Menge.
»Letzte Chance!«, schrie Riff. »Bedingungslose Kapitulation, oder wir fangen an zu schießen!«
Königin Victoria schnappte nach Luft, aber nicht aus Entsetzen. »Aber sie sprechen ja unsere Sprache!«, rief sie aus.
»Ja, und das haben sie immer getan«, sagte Col.
Die Menge wich vor den Gewehren zurück. Kinder kreischten und wimmerten, mehrere Damen wurden ohnmächtig.
Professor Twillip blinzelte über den Rand seiner Brille hinweg. »Sie sehen genau aus wie wir. Nicht das geringste Anzeichen für eine Regression.«
Die Königin hatte eine Entscheidung getroffen und erhob sich in aller Würde. Prinz Albert sah ihr in die Augen und erhob sich ebenfalls.
»Ich nehme die Bedingungen für die Kapitulation an.« Sie sprach mit lauter, klarer Stimme. »Jeder Offizier und jeder Bürger der oberen Decks möge seine Waffen niederlegen. Als Königin und Oberhaupt der Staatskirche übergebe ich hiermit die Regierungsgewalt an … an –«
»– den Revolutionsrat«, soufflierte Col.
Die beiden Wachen auf dem Podest holten ihre Schlagstöcke hervor und legten sie auf den Boden. Königin Victoria nickte zustimmend.
»Das war mein letzter Befehl als eure Königin. Ich danke hiermit ab.« Sie griff nach ihrer Krone und mühte sich, sie anzuheben. »Hilf mir, mein Lieber.«
Prinz Albert packte mit an, und gemeinsam gelang es ihnen, ihr das gewichtige Monstrum aus Gold und Stahl vom Haupt zu heben. Die Falten verschwanden von ihrer Stirn.
»Das fühlt sich viel besser an.« Sie lächelte. »Königin, ade.«
»Prinzgemahl, ade.« Prinz Albert nahm seine viel kleinere Krone ab.
»Und adieu, Exekutivkammer und Oberbefehlshaber.« Ohne ihre Krone war Königin Victoria viel lebhafter, ja, fast jugendlich. Plötzlich sah sie kaum älter als dreißig aus. »Sir Mormus möge die Amtsschlüssel für den Worldshaker an die neuen Herren aushändigen. Wo ist er überhaupt?«
Alle starrten
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