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Worldshaker

Worldshaker

Titel: Worldshaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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die Hände.
    »O je! O je! Sieh nur, was er gemacht hat! Ein hoffnungsloser Fall! Ich werde ihm eine Kleinigkeit geben, damit er sich besser fühlt. Vielleicht etwas zu essen.« Sie schnalzte leise mit der Zunge. »Ich weiß, das sollte ich nicht, aber er ist einfach zu niedlich.«
    Col hörte ihr gar nicht zu. Er dachte an alles, was er immer schon gewusst zu haben meinte, was er selbst erlebt zu haben glaubte. Aber was, wenn man ihm das alles nur weisgemacht hatte? Je weiter er zurück dachte, desto mehr schien seine Vergangenheit in einem seltsamen Nebel zu versinken.

22
    Cols zweite Schulwoche war kaum anders als die erste. Am Montag ließ sich Mr. Gibber über die ausgezeichneten Eigenschaften von anständigen Substantiven aus und wusste seine Verachtung für unbestimmte Artikel kaum im Zaum zu halten. Am Dienstag hatte er einen Tobsuchtsanfall, weil eine algebraische Gleichung nicht aufging. Am Mittwoch schoss er sich auf einen Schufter namens Swiddlington ein und bombardierte ihn mit Beschimpfungen, wie ein Affe, der mit Kokosnüssen wirft.
    Col hatte immer schon seine Zweifel gehabt, was Mr. Gibbers Unterricht anging. Jetzt verdächtigte er seinen Lehrer, sich Sachen genauso aus den Fingern zu saugen wie seine Großmutter Ebnolia. Er passte beim Unterricht nicht mehr auf und begann, die Gedanken schweifen zu lassen.
    Es gab noch anderes, an das er nicht mehr glaubte, wie etwa die Geschichten, die sich um die Schultoiletten rankten: stinkende Kabinen ohne Licht am anderen Ende des Schulhofs, die die Schüler so wenig wie möglich aufsuchten.
    »Die führen ganz runter bis nach Unten«, kicherte Fefferley.
    »Also egal, ob großes oder kleines Geschäft –«, begann Flarrow.
    »… den Dreckigen fällt’s immer auf die Birne«, ergänzte Hythe.
    »Und dann kommen sie herauf, um einen zu holen«, sagte Haugh.
    »Kommen durch das Loch gekrabbelt«, sagte Lumbridge.
    Col schüttelte den Kopf. »Dazu ist es zu schmal.«
    Aber keiner hörte ihm zu.
    »Ich würde nicht auf der Brille sitzen wollen, wenn ein Dreckiger nach mir grapscht«, sagte Pugh.
    Halb lachten sie, halb gruselten sie sich. Col staunte, dass sie einen solchen Unsinn glauben konnten. Ob sie etwa dachten, Dreckige seien so etwas wie Schlangen? Aber er widersprach ihnen nicht mehr. Er durfte sich nicht anmerken lassen, dass er wusste, wie eine Dreckige aussah.
    Während der Mittagspause am Dienstag spielte die Clique Weffington, einem Kriecher, einen Streich. Nachdem er in eine der Kabinen gegangen war, schlichen sie sich von außen heran und begannen, schwer zu atmen und Grunz- und Fressgeräusche von sich zu geben, ganz so, als käme ein Dreckiger das Abflussrohr heraufgekrochen. Als Weffington zu fliehen versuchte, hielt Lumbridge von außen die Klinke fest und hinderte ihn so daran, die Tür zu öffnen.
    Als sie ihn schließlich wieder herausließen, tat er Col ein bisschen leid, denn er war völlig aufgelöst; der Rest der Gruppe ergötzte sich jedoch an seinem bleichen Gesicht.
    Als Col neu an die Schule gekommen war, hatte er sich im Vergleich zu den anderen Schülern wie ein Anfänger gefühlt. Jetzt kam er sich älter und reifer als sie vor. Die alberne Geschichte mit den Toiletten war nur ein Ausdruck ihrer allgemeinen Naivität. Sie mochten wohl mal ungezogen sein wie Schuljungen, aber von wirklichen Verfehlungen hatten sie keine Ahnung … wie zum Beispiel eine Dreckige zu verstecken und ihr zu helfen.
    Er dachte immer öfter an Riff. Wenn er während des Unterrichts mit seinen Gedanken woanders war, dann war er bei ihr. Er dachte daran, wie verändert sie ausgesehen hatte, nachdem sie sich in seinem Waschbecken gewaschen hatte … an ihre strahlende Haut, an ihr seidig glänzendes blond-schwarzes Haar … und an ihren aufregenden Tanz. Und das andere Mal, als sie sich an sein Buch geklammert und dabei geprahlt hatte: Ich wette, ich könnte zehnmal besser lesen als du .
    Diese wenigen Tage waren unglaublich gewesen … Er hatte Schuldgefühle wegen seiner Gedanken, aber auf eine süße, melancholische Art, die er um nichts hätte missen wollen. Dieses Gefühl hatte völlig von ihm Besitz ergriffen, und er spürte eine sonderbare Beklemmung im Hals und in der Brust.
    Als er ihr das Buch entriss, hatte er sie tatsächlich berührt!
    Er sah sich in der Klasse um und fragte sich, was die Schüler wohl sagen würden, wenn sie in seinen Kopf sehen könnten. Hier saß er mitten unter ihnen, und sie hatten nicht die geringste Ahnung. Selbst

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