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Worldshaker

Worldshaker

Titel: Worldshaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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vor.
    Alle Augen waren auf den ernsten, kleinen Antrobus gerichtet, der neben Gillabeth saß. Sie klopfte ihm auf den Rücken, damit er sich noch gerader aufsetzte.
    »Nein.« Sir Mormus hob die Hand, um jede weitere Diskussion im Keim zu ersticken.
    »Wenn ich jetzt meinen ältesten Enkel verleugne, würde das als ein Schuldeingständnis gewertet werden. Mein Ruf wäre genau so ruiniert wie der seine. Die Würfel sind gefallen. Wir stehen das jetzt durch.«
    Großmutter Ebnolia nickte mit ihrem Vogelkopf. »Und du wirst Sir Wisley in der Kammer einen Strich durch die Rechnung machen?«
    »Das werde ich.«
    Morpice Porpentine schien immer noch nicht ganz überzeugt zu sein. »Aber was sagen wir, wenn die Leute … du weißt schon –«
    »Ihr bietet ihnen die Stirn.« Sir Mormus schob sein Kinn hervor. »Ihr ignoriert sie. Oder ihr macht euch stark für ihn. Lobt ihn, seid stolz auf ihn, sagt, dass ihr absolutes Vertrauen in ihn setzt. Niemand darf auch nur den Anschein von Zweifel zeigen.«
    Es folgte eine lange Stille; die Porpentines versuchten, Sir Mormus’ Strategie zu verarbeiten. Col fixierte seine Füße und wünschte, er könnte im Boden versinken.
    Dann sprach Ebnolia wieder. »Also geht er morgen zurück zur Schule, als ob nichts gewesen ist.«
    »Korrekt.«
    Eine andere Hand hob sich zur Wortmeldung. Col war überrascht, dass sie Gillabeth gehörte. Normalerweise war seine Schwester viel zu sehr darauf bedacht, die Form zu wahren, als dass sie sich unter lauter Erwachsenen so exponiert hätte.
    Die Hand blieb oben, bis sich Sir Mormus dazu herabließ, sie zu bemerken. »Ich höre?«
    »Sir, wäre es nicht eine gute Idee, wenn jemand in der Schule ein Auge auf ihn hätte? Und Bescheid sagt, wenn es Ärger gibt?«
    »Und wer?«
    »Ich könnte das tun, Sir. Wenn Sie mich bei Dr. Blessamys Akademie anmelden.«
    Ebnolia hustete missbilligend, und Quinnea schniefte vor Entsetzen. Aber die Allgemeinheit schien Gillabeths Vorschlag gutzuheißen.
    »Nur um der Familie willen, Sir«, fügte Gillabeth hinzu.
    Nach einer angemessenen Bedenkzeit erklärte sich Sir Mormus einverstanden. »Sei’s drum. Wir werden die nötigen Vorkehrungen treffen.«
    Demütig senkte Gillabeth den Blick – der Pflicht war Genüge getan, die Tugend hatte gesiegt.
    Sir Mormus stürmte zur Tür und schwang sie weit auf. »Serviert das Essen!«, rief er.
    Col nahm Platz am Tisch seines Großvaters. Überall wurde die Situation lebhaft erörtert. Aber mit Col wollte niemand darüber sprechen. Fast hätte er sich gewünscht, sie würden ihn mit Vorwürfen und Anschuldingen überhäufen. Aber niemand wollte irgendetwas mit ihm zu tun haben.

34
    Cols Wochenende war ausgefüllt mit gesellschaftlichen Pflichtveranstaltungen: pure Quälerei. Am Samstag ging er mit seiner Mutter und Ebnolia zu einem Strickwettbewerb. Dort strickten Gesindlinge für wohltätige Zwecke, während ihre Herrinnen bei Tee und Gebäck plauderten. Quinnea war darauf ebenso wenig erpicht wie Col, aber Ebnolia hatte darauf bestanden. Sie saß in einem Kreis mit anderen Damen und lenkte das Gespräch ständig auf Cols Erfolge in der Schule. Nie zuvor hatte er soviel reden müssen; alle Klassenarbeiten kamen zur Sprache, in denen er als Bester abgeschnitten hatte. Ebnolia lobte ihn überschwänglich und schien sich ganz sicher zu sein, dass er bald in jedem Fach Klassenbester sein würde. Da er mittlerweile wusste, wie Mr. Gibbers Zensuren zustande kamen, waren diese Spekulationen der reine Hohn für ihn.
    Später gab es einen geselligen Abend bei den Rumpley Porpentines. Kinder und Erwachsene aus allen Zweigen der Familie waren anwesend, ebenso ausgewählte Gäste aus anderen Familien. Man vergnügte sich mit Gesellschaftsspielen, vor allem mit »Ich sehe was, was du nicht siehst« – in einem Raum, in dem jeder Gegenstand schon hundertmal vorher »gesehen« worden war. Die erwachsenen Porpentines lächelten Col zu und ließen es sich nicht nehmen, ihn jedes Mal zu beglückwünschen, wenn er etwas richtig geraten hatte.
    Eine höfliche Fassade war es, die alle verbissen aufrechterhielten. Nichtsdestoweniger war sich Col ständig bewusst, dass sie sich heimlich für ihn schämten und einen Groll gegen ihn hegten. Er sah zu seinem Vater hinüber und bekam eine Ahnung davon, welche Qualen er all die Jahre ausgestanden haben musste – jedes freundliche Wort musste wie Salz in einer Wunde wirken.
    Am Sonntag hatte sich die Lage leicht verändert. Über Col kursierten nun

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