Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
diesen kam Goethe im Jahr 1792 hautnah in Berührung, als er im Gefolge Karl Augusts an der erfolglosen Belagerung von Valmy und der Rückeroberung von Mainz teilnahm: Zwar war ihm die Korruptheit der alten französischen Regierung ebenso bewusst wie die geschichtliche Bedeutung der Revolution, doch er wollte die notwendigen Veränderungen eher durch natürliche Entwicklung als durch Gewalt und Umsturz herbeigeführt sehen. Literarischen Niederschlag fanden die revolutionären Ereignisse unter anderem in dem Schauspiel »Der Groß-Cophta« (1792) sowie dem Versepos »Reineke Fuchs« (1794).
GOETHE, GENANNT JOHANN PHILIPP MÖLLER
Als Kaufmann Johann Philipp Möller reiste Goethe im September 1786 über Verona, Padua und Venedig nach Rom, wo er Ende Oktober ankam und sich bei dem Maler Johann Wilhelm Tischbein einquartierte. Zu der damals etwa 80 Mitglieder umfassenden deutschen Künstlerkolonie in Rom fand er schnell Zugang, verfertigte selbst über 800 Zeichnungen und studierte die Kunst und Architektur der Antike und der Renaissance. 1787 reiste Goethe über Neapel nach Sizilien und trat nach einem weiteren, fast einjährigen Romaufenthalt im April 1788 die Rückreise nach Weimar an.
Der dichterische Ertrag der Reise fiel nicht so aus wie erwartet: Neben der Umformung der »Iphigenie« in Blankverse und der Vollendung des »Egmont« wurde nur der »Faust« um einige Szenen erweitert. Von weit reichender Bedeutung war die Idee der »Urpflanze«, die Goethe in Sizilien entwickelt hatte und die sein Natur- und Weltverständnis prägen sollte, sowie der im Februar 1788 gefasste Entschluss, sich in Zukunft in erster Linie der Dichtung zu widmen.
Im Juni 1794 lud Friedrich Schiller, seit 1789 Professor für Geschichte in Jena, Goethe ein, an der geplanten Zeitschrift »Die Horen« mitzuarbeiten: Goethe sagte »mit Freuden« zu und nach einem persönlichen Gespräch setzte ein engagierter Briefwechsel über kunst- und literaturtheoretische Fragen ein. Die darauf folgenden zehn Jahre entwickelten sich aufgrund der regen Zusammenarbeit und gegenseitigen Beeinflussung zu dem, was wir heute als »Weimarer Klassik«bezeichnen. Goethe wurde durch Schiller wieder zu intensiver literarischer Tätigkeit angeregt und publizierte in den »Horen« unter anderem 1795/96 den Roman »Wilhelm Meisters Lehrjahre«, der begeistert aufgenommen wurde und kurzfristig die zeitgleichen, aber im Grunde gegensätzlichen Strömungen der Klassik und Romantik vereinte. Durch das Hoftheater und das Wirken Schillers und Goethes war Weimar – begünstigt durch eine politisch ruhige Zeit – auch zu einem kulturellen Zentrum geworden: Zahlreiche Geistesgrößen wie die Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling, Jean Paul, die Brüder Karl Wilhelm Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Ludwig Tieck, Novalis, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Madame de Staël kamen nach Weimar oder standen mit den Autoren in brieflichem Kontakt. Gleichzeitig aber kündigten sich auch schon die Kontroversen der folgenden Jahre an, zunächst im Bereich der bildenden Kunst, wo sich die jüngere Generation, allen voran Philipp Otto Runge, an den rigiden, an der Antike orientierten Grundsätzen der »Weimarer Kunstfreunde« stieß, bei denen neben Goethe und Schiller Johann Heinrich Meyer tonangebend war.
GOETHE UND SCHILLER
Als Reaktion auf den wirtschaftlichen Misserfolg der »Horen« entstand ab Ende 1795 die erste Gemeinschaftsarbeit Schillers und Goethes, die »Xenien«, die in teilweise aggressivem Ton mit dem Publikum und den verschiedenen Geistesströmungen der Zeit abrechneten. Die Veröffentlichung löste einen Sturm der Entrüstung und literarische Gegenreaktionen (»Xenienstreit«) aus. Die eigenen künstlerischen Maßstäbe wurden dann im so genannten Balladenjahr 1797 vorgeführt, dessen reicher Ertrag (unter anderem Goethes »Zauberlehrling« und Schillers berühmte Balladen) in den Musenalmanachen für 1798 und 1799 erschien.
Überhaupt waren die wenigen Jahre bis zu Schillers Tod von großer Produktivität beider Autoren geprägt: Schiller, der Ende 1799 nach Weimar übersiedelt war, schuf – zum Teil angeregt durch Goethe – seine bedeutendsten Dramen. Goethe wiederum brachte als Intendant des Weimarer Hoftheaters Schillers Dramen auf die Bühne und schuf mit dem revolutions-kritischen Versepos »Hermann und Dorothea« (1797) einen »Bestseller«, der an den einstigen Erfolg seines
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