Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
nach Wien.
AUFENTHALTE IN LUBOWITZ, BERLIN UND WIEN
Im Sommer 1808 kehrten die Brüder nach Lubowitz zurück. In den folgenden zwei Jahren assistierten sie bei der Bewirtschaftung des väterlichen Landguts, um sich auf die Übernahme eigener Landgüter vorzubereiten. Joseph begann, eine Sammlung oberschlesischer Sagen und Märchen anzulegen, die er zum Teil aus dem Polnischen übersetzte; sie blieb aber unveröffentlicht. 1809 verlobte er sich mit Aloysia Anna Viktoria von Larisch, genannt Luise, die Eichendorff als schön, geistreich und froh gelaunt charakterisierte, die aber zum Ärger seiner Eltern aus einer armen Adelsfamilie stammte. Vom Spätherbst 1809 bis zum Frühjahr 1810 hielten sich die Brüder in Berlin auf. Sie begegneten dort dem restaurativ-romantischen Staats- und Gesellschaftstheoretiker Adam Heinrich Müller sowie Heinrich von Kleist, Brentano und Arnim. Obwohl die Brüder oft mit solchen berühmten Persönlichkeiten verkehrten, wurden sie von diesen zwar als herzlich und sympathisch beschrieben, aber nie als besonders geistreich oder interessant – Joseph scheint in fremder Gesellschaft auch eher zurückhaltend gewesen zu sein. In Lubowitz wurde der Familie angesichts der zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten endgültig klar, dass die Landgüter nicht genug zum Lebensunterhalt der Brüder hergaben. Daher fassten beide schweren Herzens den Entschluss, einer bürgerlichen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Gegen Ende 1810 begaben sie sich nach Wien, um die juristischen Referendarexamen abzulegen. Joseph erzielte hervorragende Noten, trotz ständigen Geldmangels und ständiger Nebentätigkeiten: Das Geld für Literatur und Theater sparte er sich vom Munde ab, und ab Frühjahr 1811 schrieb er seinen ersten Roman, »Ahnung und Gegenwart«, nieder.
Nach dem Abschluss ihres Examens im Frühjahr 1812 versuchten die Brüder im österreichischen Staatsdienst eine Anstellung zu finden, jedoch ohne Erfolg. Nicht besser erging es ihnen mit der Veröffentlichung ihrer dichterischen Versuche, die sie unter Geldnot im Herbst 1812 zu Ende brachten: Wilhelms beide Dramen sind nicht erhalten, Josephs Roman erschien erst 1815. Nach 1812 führte Eichendorff seine Tagebücher zwar fort, verbrannte sie aber später; ebenso verfuhr er fortan von Zeit zu Zeit mit anderen privaten Dokumenten. Deshalb stammt das meiste biografische Material aus Eichendorffs Jugend und Studienzeit.
BEFREIUNGSKRIEGE UND HEIRAT
1813 trennten sich die Wege der beiden Brüder: Wilhelm arbeitete als Verwaltungsbeamter in Trient, Lienz und Innsbruck; 1827 stieg er zum Kreishauptmann in Trient auf. Joseph nahm bis 1815 an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil und kämpfte sich dann lange Zeit als Beamtenanwärter und Hilfsbeamter durch, betätigte sich aber weiterhin als Dichter.
Im Frühjahr 1813 brach Eichendorff zusammen mit Philipp Veit von Wien nach Breslau auf, um sich dem lützowschen Freikorps anzuschließen; später wurde er in die preußische Landwehr übernommen. Im Frühjahr 1814 wurde er aus dem Militärdienst beurlaubt und kehrte nach Lubowitz zurück. 1815 erschien schließlich sein Roman »Ahnung und Gegenwart«, herausgegeben von Friedrich de la Motte Fouqué. Eichendorff heiratete Aloysia von Larisch – gegen den Widerstand seiner Eltern, die für ihn eine entfernt verwandte Gräfin und reiche Erbin als Gattin vorgesehen hatten; der Trauung in Breslau blieben sie fern. Kurze Zeit später nahm Eichendorff am letzten Feldzug gegen Napoleon teil und zog mit Blüchers Armee in Paris ein; von ernsthaften Kämpfen blieb er allerdings verschont. Während dieser Zeit gebar seine Frau ihr erstes Kind, Hermann Joseph. Anfang 1816 kehrte Eichendorff zu Frau und Kind zurück.
WIENER FREUNDE UND BEKANNTE
In Wien machten die Brüder Eichendorff erneut wichtige Bekanntschaften. Sie trafen das Romantikerpaar Dorothea und Friedrich Schlegel, die beide zum Katholizismus konvertiert waren, und die Mitglieder ihres literarischen Kreises, wie den jungen Schriftsteller Karl Theodor Körner und den einflussreichen Pater des Ordens der Redemptoristen, Klemens Maria Hofbauer. Mit dem Ehepaar Schlegel besprach Joseph seinen Roman, Dorothea las die Erstfassung Korrektur und gab ihm den Titel »Ahnung und Gegenwart«. Philipp Veit, Dorotheas Sohn aus erster Ehe und späterer Nazarener in Rom, wurde sein engster Freund in Wien und vermittelte ihm ein lebhaftes Bild von Italien. Durch die katholisch-romantischen Einflüsse des schlegelschen
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