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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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Kinderbüchern wie den Märchen der Brüder Grimm. Auch für Dickens’ »Oliver Twist«, einen der ersten sozialkritischen Romane, zeichnete Cruikshank 1838 die Illustrationen. Die Zeichnungen begleiten die Geschichte eines Waisenjungen, der als »zum Hungern bestimmtes Lasttier« zur Welt kam, und sie illustrieren die Trostlosigkeit der Londoner Armenquartiere. Doch Cruikshanks und Dickens’ Realismus ist durch Übertreibung ins komisch Karikierte oder schauerlich Bösartige gebrochen und signalisiert gleichsam, wenn auch auf individueller Ebene, die Möglichkeit der Hoffnung.
    Als auch das zweite Buch ein sensationeller Erfolg zu werden versprach, ließ Dickens noch vor dessem Abschluss das dritte, »Nicholas Nickleby« (ab April 1838), folgen. 1836 hatte er John Forster kennen gelernt, der bald darauf sein engster Freund, literarischer Agent und Berater in allen Lebensfragen wurde. Seine 1872 erschienene Dickens-Biografie ist bis heute trotz vieler Mängel die wichtigste Informationsquelle über das Leben des Dichters. Mit Forsters Hilfe konnte Dickens seine literarische Produktion von Anfang an so systematisch wie ein Industrieunternehmen aufziehen. Auf »Nicholas Nickleby« folgte »The old curiosity shop« (»Der Raritätenladen«; ab April 1840), dessen Heldin Little Nell Millionen von Lesern zu Tränen rührte. Der Roman erschien in der eigens für ihn geschaffenen Wochenzeitschrift »Master Humphrey’s clock«, in der ab Februar 1841 auch »Barnaby Rudge« herauskam. Dies war Dickens’ erster Versuch eines historischen Romans, wobei die antikatholischen Aufstände des Jahres 1780, die so genannten »Gordon riots«, aber nur einen äußeren Handlungsanstoß lieferten, ohne selber zum Thema zu werden.
    ›Die Welt gehört denen, die zu ihrer Eroberung ausziehen, bewaffnet mit Sicherheit und guter Laune.‹
    Charles Dickens
    ENTTÄUSCHTE LIEBE ZU AMERIKA
    In den fünf Jahren bis 1841 hatte Dickens fünf umfangreiche Romane herausgebracht. Jetzt spürte er, dass er neue Erfahrungen brauchte, um nicht in Routine zu erstarren. So ließ er alle Verlagsverpflichtungen für ein halbes Jahr stornieren und machte sich im Januar 1841 auf die Reise nach Amerika, um das Land des Fortschritts und der Demokratie aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Anfangs wurde es für ihn ein Triumphzug. Doch als er anfing, sich bei den Amerikanern darüber zu beklagen, dass sie wegen fehlender Copyright-Vereinbarungen seine Werke druckten, ohne ihm Tantiemen zu zahlen, stieß er auf zunehmenden Unwillen, den er seinerseits mit wachsendem Groll erwiderte. Diesen Groll schrieb er sich nach seiner Rückkehr in »American notes« (»Aufzeichnungen aus Amerika«; 1842) von der Seele; in »Martin Chuzzlewit« (ab Januar 1843) kam er noch einmal auf dieses Thema zurück. Darin ließ er seinen Helden in der Mitte des Romans nach Amerika reisen, um ihn all die negativen Eindrücke erleben zu lassen, die er selbst erfahren hatte und glaubte, den Amerikanern ankreiden zu müssen. Es war sein letzter Roman in der bis dahin bevorzugten, aus Einzelepisoden aufgebauten Erzählform, die er von Fielding und Smollett übernommen hatte und die Anleihen am Schelmenroman nahm.
    AUF DEM WEG ZUR REIFE
    Mit »Dombey and son« (»Dombey und Sohn«; ab Oktober 1846) begab sich Dickens als einer der Ersten auf das Feld des psychologisch-realistischen Gesellschaftsromans, auf dem ihm bald Elizabeth Gaskell und Thackeray folgten, womit die 1840er-Jahre zur Wiege dieser Romanform wurden. In dieses Jahrzehnt fielen aber auch die märchenhaften Weihnachtserzählungen »A christmas carol« (»Eine Weihnachtsgeschichte«; 1843) und »The chimes« (»Die Silvesterglocken«; 1844), die bis heute zu seinen populärsten Werken zählen, obgleich auch sie mit scharfer Sozialkritik gewürzt sind. Seinen darauf folgenden Roman »David Copperfield« (ab Mai 1849) hielt Dickens selbst für seinen besten. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass er hier ganz bewusst in fiktionaler Verkleidung seine eigene Biografie als werdender Autor beschrieb. Er ging dabei so weit, wörtliche Passagen seines kurz vorher niedergeschriebenen autobiografischen Fragments in den Roman einzuarbeiten. Auch wenn die puppenhafte Dora Spenlow als verklärtes Abbild seiner Jugendliebe ebenso wenig psychologische Tiefe hat wie die allzu engelhafte Traumfrau Agnes Wickfield, enthält der Roman eine wahre Fülle unvergesslicher Figuren. Mit »David Copperfield« war Dickens auf dem Gipfel seiner

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