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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Realismus und Naturalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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1854 und 1860 zu drei selbstständigen Veröffentlichungen zusammenfasste, dokumentieren seinen kritischen Distanzierungsprozess von seiner Englandliebe, die er in bester deutscher bürgerlich-liberaler Tradition noch 1844, während eines Kurzaufenthalts in England, hegte. Er kritisierte an England nun vor allem – ein Vorgriff auf seine spätere radikale Kritik an vergleichbaren Prozessen in Deutschland wie am englischen Kolonialismus – den Materialismus in Kultur und Mentalität, einen Effekt der weit fortgeschrittenen Kapitalisierung der Wirtschaft. Selbst in der demokratischen Bewertung der englischen Staatsverfassung zeigte er sich desillusioniert. In Bezug auf die Heimat Preußen änderte der einmal mehr ermöglichte interkulturelle Blick zwar nichts an Fontanes prinzipieller Opposition zur preußischen Reaktion; doch der für historische Entwicklungsprozesse offene Traditionalismus und der Pragmatismus, die Fontane als wichtigste kulturelle Merkmale an England bewundern lernte, verhalfen ihm zu einer positiven Interpretation der preußischen Gegenwart und der preußisch-deutschen Frage. Verbunden mit der parallel geleisteten Rezeption Thackerays und Dickens‘ waren sie auch grundlegend für die Entwicklung eines ästhetisch und politisch gleichermaßen tragfähigen Realismuskonzepts, wie er es erstmals 1853 in dem Essay »Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848« formulierte. Als doppeldeutig verstehbare Wende von der »Poesie« zur »Prosa« lieferte es den Anschluss an die internationale realistische Erzählliteratur wie auch an Bismarcks »Revolution von oben« und den sich formierenden politischen Nationalliberalismus. Seine publizistisch produktiven Jahre als preußischer Pressekorrespondent und -agent in London endeten mit dem Sturz des Ministeriums Manteuffel im Dezember 1858. Nach eineinhalb Jahren erneuter beruflicher Misere bot die altkonservative »Kreuz-Zeitung« dem ausgewiesenen Englandspezialisten die ideologisch zwar wieder konfliktträchtige, aber materiell gesicherte Stellung als Redakteur ihres englischen Ressorts an. Dort erlebte er, bis zu seinem Wechsel zur liberalen »Vossischen Zeitung« im Jahr 1870, die wichtigsten politischen Ereignisse auf dem Weg zur Reichsgründung: die innenpolitische Krise 1862 mit dem Ende der liberalen »Neuen Ära« und der Berufung Bismarcks zum preußischen Ministerpräsidenten, dessen innenpolitische Gewalt- und außenpolitische Konfrontationspolitik, die Gründung des »Norddeutschen Bundes«, die Einigungskriege. Und diese Position erlaubte ihm, auf der schriftstellerischen Erfahrungsgrundlage der englisch-schottischen Reisefeuilletons ein Projekt zu starten, das er bis an sein Lebensende immer weiterführte: die »Wanderungen durch die Mark Brandenburg«.
    WANDERUNGEN DURCH DIE MARK BRANDENBURG
    Ausgiebige Reisen und Studien lieferten Fontane das unterschiedliche Material für eine umfassende historische Betrachtung auf die politische, soziale und kulturelle Identität Preußens, der »Speerspitze« der deutschen Nationalstaatsgründung. Die in vier Teilen erschienenen Reisebeschreibungen und historischen Aufsätze zeigen, dass scheinbar langweilige Stoffe durchaus spannend dargestellt werden können. Die Tatsache, dass Fontane mit der Grafschaft Ruppin begann, verweist darüber hinaus auch auf die persönliche Dimension. Und letztlich fand er, über die Länge des Projektes mit unterschiedlichen Schreibweisen experimentierend, an ihnen auch zu seinem ganz eigenen Ton. Inhaltlich bilden die »Wanderungen« auch eine Brücke zum Romanwerk, wie die bereits 1863/64 begonnene Arbeit an dem Roman aus den preußischen Befreiungskriegen, »Vor dem Sturm«, zeigt.
    HAUPTWERKE
    Wanderungen durch die Mark Brandenburg (1862–1884)
    Kriegsgefangen (1871)
    Vor dem Sturm (1878)
    Grete Minde (1879)
    Ellernklipp (1881)
    L’Adultera (1882)
    Schach von Wuthenow (1883)
    Unterm Birnbaum (1885)
    Cécile (1887)
    Irrungen, Wirrungen (1888)
    Stine (1890)
    Unwiederbringlich (1892)
    Frau Jenny Treibel (1892)
    Effi Briest (1895)
    Die Poggenpohls (1896)
    Der Stechlin (posthum 1899)
    Diese wurde allerdings schon bald für zehn Jahre unterbrochen wegen der Tätigkeit Fontanes als halboffizieller Berichterstatter für die »Kreuz-Zeitung« in den Kriegen gegen Dänemark (1864), Österreich (1866) und Frankreich (1870/71). Die fünf zum Teil umfangreichen Bände aus den Jahren von 1865 bis 1876, die sich neben hoher Faktizität um ästhetische Qualität und ideologische

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