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Wortstoffhof

Wortstoffhof

Titel: Wortstoffhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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einem Knopf, über dem »Fahrgastwunsch« geschrieben stehe. Man denkt da sofort über das offensichtlich zutiefst poetische Wesen der Leipziger Verkehrsbetriebe nach, die Menschen nicht nur Fahrkarten verkaufen und sie befördern wollen, sondern nebenbei auch kleine Wunschmaschinen installiert haben, die es ermöglichen, während der Fahrt aus einem unbestimmten Sehnen heraus einen konkreten Wunsch (oder jedenfalls einen Fahrgastwunsch) in sich zu formulieren, dann die Augen zu schließen und zu drücken…
    Über den Türen der neueren Leipziger Straßenbahnen steht dann aber: »Vor dem Aussteigen bitte Fahrgastwunsch betätigen.« Betätigen? Muss es nicht bestätigen heißen? Ja, so wird es sein. Betätigen ist sinnlos, wie soll man einen Wunsch betätigen ? Bestätigen aber bedeutet, während der Fahrt die am allertiefsten verborgenen Fahrgastwünsche in sich selbst zu erkennen und dann vor dem Aussteigen den Fahrgastwunschknopf zu drücken, woraufhin auf drahtlos-wunderbare Weise die Leipziger Verkehrsbetriebe von diesem Wunsch erfahren und ihn zu erfüllen trachten. So und nicht anders ist der irgendwie enttäuschte Gesichtsausdruck zu erklären, den der Besucher Leipzigs in den Gesichtern vieler Menschen dort stets zu erkennen meint: ein unerfülltes Harren, ja, ein geradezu fahrgastwunschloses Unglück vieler Ausgestiegener. Denn in der Leipziger Verkehrsbetriebszentrale sitzt zweifellos ein ratloser Mensch vor einer langen Liste vonFahrgastwünschen, ja, von allerdringendsten, jedoch unerfüllten, zu erfüllen auch gar nicht möglichen Fahrgast verlangen …
    Wobei nicht nur Fahrgäste Wünsche hegen, sondern auch Beförderungsbetriebe, die Bahn zum Beispiel, wie ein Brief meines Lesers B. aus St. Ingbert beweist. B. fuhr mit dem Intercity von München nach Saarbrücken, als der Zug zwischen Ulm und Stuttgart plötzlich auf freier Strecke hielt und der Zugführer zwei Mal verkündete:
    »Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies ist ein außerplanmäßiger Halt. Bitte halten Sie – zu Ihrer eigenen Sicherheit – die Außentüren geschlossen!«
    B. schreibt mir dazu: »Ich habe mich sogleich spontan und wirklich engagiert darum bemüht, der Aufforderung Folge zu leisten; doch schaffte ich dies leider nur an einer einzigen Tür (dort allerdings durchaus mit Erfolg). Demgegenüber zeigten sich die Mitreisenden wesentlich weniger sicherheitsbewusst: träger oder ›abgebrühter‹? Jedenfalls habe ich mir vorgenommen, beim nächsten Mal eine ausziehbare Stütze (wie man sie für Arbeiten an der Zimmerdecke verwendet) mitzunehmen, damit ich auf diese Weise immerhin zwei Türen gleichzeitig sichern kann.«
    Seltsamerweise warben ungefähr zur gleichen Zeit, wie mir Herr S. aus Berlin mitteilte, die Berliner Verkehrsbetriebe mit einem »Tag der offenen Tür«, wobei S. sich mit Recht (auch angesichts der Ereignisse im IC München – Saarbrücken) fragte, »ob ein Tag der offenen Tür in Bussen und Bahnen wirklich sinnvoll ist«.
    Vielleicht halten wir es doch mit Leser S. aus Unterschleißheim, der sich an bestimmte Anweisungen des Personals in der Münchner U-Bahn grundsätzlich nicht hält. Er schreibt: »Die Lautsprecher-Anweisung ›Bitte an allen Türen einsteigen‹ zum Beispiel befolge ich prinzipiell nicht.«
FAHRZEUGINNEN-AUSBAU
    Mitte Oktober 2007 erschien Die Zeit einmal mit der schönen Leitartikelüberschrift »Chefinnensache«, worunter aber dann nicht von der Sache mehrerer Chefinnen die Rede war, sondern nur von einer Chefin (Angela Merkel nämlich) und ihrer Sache, weshalb es im Grunde »Chefinsache« hätte heißen müssen, weil man ja auch »Chefsache« sagt und nicht »Chefssache«.
    Aus irgendeinem Grunde scheint aber hier ein Problem der deutschen Sprache zu liegen, denn nur vier Wochen zuvor hatte Hermann Unterstöger in seiner großartigen Sprachkolumne in der Süddeutschen Zeitung die damals aktuelle Vanity Fair zitiert, in der zu lesen gewesen war, Angela Merkel habe an Maria Furtwänglers Hals eine Kette gesehen, die ihr sehr gefallen habe. Unterstöger weiter: »Dazu munkelte das Blatt, ob ›Kanzlerinnengatte‹ Sauer den Wink wohl verstanden habe. Der kann nun zusehen, wie er den Verdacht der Vielweiberei loswird.«
    Ist es nicht aber auch schwer mit diesen Pluralen weiblicher Wörter? Nie wird mir der Beitrag von Frau M. bei brigitte.de aus dem Kopf gehen, in jenem Forum, das sich dort jahrelang mit dem Weißen Neger Wumbaba beschäftigte. M. schrieb, sie habe an einer

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