Wortstoffhof
Paarungsleben hier passende Ausdrücke auszuwählen.
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Ich schließe mit einem herzlichen »Hiwäwäwü«, dem Ausdruck des Wohlbehagens bei der Mönchsgrasmücke.
HOLZSCHMERZEN
Frau A. aus Feldkirchen weilte mal in Tschechien im schönen Kloster Tepl nahe Marienbad, wo auf einem Parkplatz ein Imker seine Erzeugnisse verkaufte, A. ein Fläschchen mit der Aufschrift »Propolistinktur« in die Hand drückte und ihr dabei einige verschwörerische Sätze zuraunte. »Damit ich mir auch ja alles merken konnte«, schreibt sie, »schob er mir beigelegte deutsche Interpretation zu, obwohl ich des Tschechischen durchaus mächtig bin.«
Diese Interpretation nun hat es in sich. Zuerst wird erklärt, was es mit Propolis auf sich hat: »Eine Substanz, die von den Bienen produziert wird und run Einkapseln der fremden Tieren. Damit wird die Verbreitung der Infektion im Bienestock verbindert. Die Eindringlinge werden zu Tode gestorben und diese Substanz gepakt.«
Während aber die Eindringlinge zu Tode sterben, kann die Tinktur dem Menschen gesundheitlich äußerst nützlich sein, ich zitiere hier nur einige Auszüge aus den Anwendungsempfehlungen:
»Bei allen inneren Infektionen, die Tiefer zustände vermachen (z-mal täglich 15 Tropfen).«
»Bei erhöhten Bluhdruck 1 mal täglich 10 Tropfen abends vor dem Schlafen, bis der Druck singt.«
»Bei der Nieren- und Leberentzündung 2 mal täglich ein Teelöffel in 1 dcl Wasser. Die Behandlung unterbricht man jede zweite Woche und die dauert bis die Endzündung verschwindet.«
»Bei einer Angine, Holzschmerzen von Erkältung gebenwir 10 Tropfen in 2 dcl warmes Wasser und gurgeln mehrmals Täglich.«
»Bei Schimmelpilz zwischen den Zehen bestrichen wir die Stellen mit der Tinktur.«
Holzschmerzen, Endzündung, Schimmelpilz zwischen den Zehen – das sind alles sehr unangenehme Dinge, Zeichen körperlichen Verfalls im Endstadium. Wie tröstlich dann andererseits die Vorstellung, den Bluhdruck abends so lange mit Propolis zu traktieren, bis er einen in den Schlaf singt!
HUHNTORTE
Beeindruckend, was Leserinnen und Leser von ihren Aufenthalten in den Restaurants, Imbissbuden, Kneipen und Hotelbars der Welt schon alles mitbrachten (→ Ausgemachtenudeltucke , Drahthuhn , Fischtageszeitung )! Herr R. aus Münster zum Beispiel, der mir das Foto eines Schildes vor dem Restaurant La Fonda auf Fuerteventura schickte, das ihm seine Tochter vor Jahren schenkte. Auf dem Schild steht:
» Miercoles cerrado
Closed Wednesday
Vollbart Mittwoch«
R. schrieb, er habe sich seit Jahren an der Lösung dieses Rätsels die Zähne ausgebissen: Warum wird hier auf Spanisch und Englisch bekannt gegeben, dass mittwochs geschlossen sei, auf Deutsch aber die Tatsache plakatiert, dass der Wirt sich am freien Tag nicht rasiert?
Die Lösung fand ich im Spanisch-Lexikon, in dem nämlich steht, dass eine barba cerrada ein geschlossener Bart, also ein Vollbart ist, woraus ich erstens schließe, dass der Spanier diese barba cerrada schon mal mit cerrada abkürzt, und zweitens, dass der Wirt in Fuerteventura so wie ich im Lexikon nachgeschlagen hatte …
Ähnlich ist es wahrscheinlich bei dem Schild gewesen, das Herr und Frau K. aus München für mich in Paguera auf Mallorca fotografierten:
» Montage schlossen durch Rest der pressonel.
Entschuldigung zu der Störungen
Die Richtung«
Hier hat der Inhaber zwar die halbwegs richtige Bedeutung für cerrado herausgefunden, sich dafür aber von den zwei Möglichkeiten, dirección zu übersetzen, die falsche ausgesucht. Rätselhaft bleibt, wie der Wirt eines Restaurants auf Ischia zu dem riesigen Schild kam, das er an eine Palme vorm Lokal nagelte: »Romantische Strandterrasse mit Pfefferminzgeschmack Weinstube«. Das hat mir Herr B. aus Köln geschickt. Er weiß die Lösung aber auch nicht.
Geht es hier darum, sich über mangelnde Deutschkenntnisse von Ausländern lustig zu machen? Bah. Im Gegenteil! Es ist ein Spiel mit der Sprache, Bereicherung, Entdeckung von Möglichkeiten.
Und immer wieder fragt man sich: Wie ist das möglich? Wie kann so viel Schönheit entstehen?
Wie in aller Welt kann der Besitzer des Asia-Bistros Anh-Yen in Berlin (auch unter Berücksichtigung allerneuester Rechtschreibreformen mit ihren Trennungsregelungen) darauf gekommen sein, auf seiner Karte »Täglich wes chel ende Menüsim Angebot« sowie ein »Ü berraschung sgeschenk« zu offerieren?
Warum um Himmels willen bietet das Restaurant La Guitoune in Pyla-sur-Mer/Frankreich so
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