Wortstoffhof
niedersauste, höchstens ein ernstes Stöhnen, wenn es ihn allzu beißend getroffen hatte, – während Gevatter Bauschan vor ordinärer Feigheit schon quiekt und schreit, wenn ich nur den Arm hebe.«
Es musste dem Einzelnen überlassen bleiben, wie er das Leiden Stoibers hier einordnen wollte, aber vielleicht war es wichtig zu sehen, dass es in diesem Fall nicht so sehr um Leiden unter Strafe ging, sondern um etwas anderes: die Furcht, vom Rudel verstoßen zu werden, allein zu sein, dieUrangst jedes Hundes, der tief in sich noch das Erbe der die weiten Wälder durchstreifenden Wolfsrudel spürt. Nichts Schlimmeres gibt es für Hunde als Trennungsangst. Hierüber nun lesen wir in James O’Heares grundlegendem Werk Trennungsangst beim Hund eine klare Beschreibung der Symptome, unter anderem: übermäßige Lautäußerungen (Winseln, Jaulen, Bellen, Heulen), hektisches Hin- und Herlaufen, Zerkauen und Zerstören von Gegenständen, Speicheln und Sabbern, feuchte Pfotenabdrücke durch Schweißabsonderung …
Es war damals – und deshalb ist es mir so unvergesslich – das erste Mal, dass ein Spitzenpolitiker eine solche Symptomatik bei sich entdeckte und dass er, wenn auch metaphorisch verbrämt, dies zugab.
Ein schonungsloses Bekenntnis: Ja, ich jaule und winsele, ja, ich zerkaue Gegenstände, ja, ich laufe hektisch hin und her, ja, ich habe nasse Pfoten! Lasst mich nicht allein! Geht nicht weg! Lasst mich das Stöckchen holen! Verscheucht mich nicht aus dem Körbchen in der Münchner Staatskanzlei! Selten durften wir tiefer in die Seele eines Großen blicken, nie wurde klarer, was ihn und uns verbindet.
HUPRAUM
Eines Tages bekam ich eine Post von Herrn Z. aus March-Buchheim, die mich an einen eigenen kindlichen Irrtum erinnerte. Z. schrieb mir nämlich, er habe lange gedacht, »man würde die Steuerklassen von Autos anhand des Hupraumes ermitteln«. Als Blinder habe er das Wort nie geschrieben gesehen, immer nur gehört, »und als wohl einer der wenigen Jungens, die sich nicht für Motoren interessierten, konnte ich mir unter Hupraum nicht viel vorstellen«. Genau so ging es mir als Kind, allerdings mit dem Unterschied, dass ich das Wort sehr wohl geschrieben gesehen hatte, im Autoquartett zum Beispiel, die Schreibweise »Hubraum« allerdings immer unbewusst-unwillkürlich für einen Druckfehler hielt und selbstverständlich davon ausging, es müsse »Hupraum« heißen. Z. schreibt, für ihn als Musiker sei die Hupe immer viel präsenter gewesen als irgendein geräuschloser Hub, und er finde, »es wäre doch ein wunderbar einfaches Verfahren, die richtige Steuerklasse mit einem kurzen Druck auf die Hupe feststellen zu können«. So sehe ich die Sache auch: Die Kfz-Steuer sollte dann insgesamt nicht mehr erhoben, sondern erhupt werden. Und die Kerle mit den lautesten Hupen müssten am meisten zahlen (→ Entrüpelung ).
HYÄNISCH
Interessant fand ich, wie nach der Wahl 2005 das Lachen des Schröder unisono von verschiedenen Reportern beschrieben worden ist. Zunächst stand in der Süddeutschen Zeitung , der Kanzler habe in Saarbrücken »sein gewohntes Raubtierlachen« gelacht. Zwei Tage später hieß es in der FAZ , Schröder solle bei einem Treffen mit Gewerkschaftern in Berlin »sein Lachen gelacht haben, welches ehedem gerne als Wolfslachen beschrieben wurde«.
Man stutzte insofern, als gar nicht bekannt war, dass Raubtiere, in Sonderheit Wölfe, lachen können. Wobei es natürlich sein kann, dass Raubtiere jeden sofort auffressen, der Zeuge ihres Lachens wird, sodass nie ein Mensch Gelegenheit hatte, zu berichten, er habe einen Wolf »sein gewohntes Schröderlachen lachen« sehen.
Interessanterweise ist das Lachen bei Tieren sogar gerade desto häufiger, je weniger raubtierhaft sie sind. Darwin beobachtete, wenn man junge Orang-Utans kitzele, »so grinsen sie und machen ein kicherndes Geräusch«. Auch frisch gekitzelte Laborratten lachen, man las vor Jahren in der Zeitschrift Nature etwas über entsprechende Arbeiten des Neurowissenschaftlers Panksepp in den USA. Und Thomas Mann besaß einen Hühnerhund namens Bauschan; auch er nicht wirklich ein Raubtier, aber des Lachens fähig. Mann fand es, wenn er Bauschan neckte, ergreifend zu sehen, »wie in der schwärzlichen Miene der Kreatur der physiognomische Ausdruck des menschlichen Lachens oder dochein trüber, unbeholfener und melancholischer Abglanz davon erscheint«.
Wobei, Moment…!
Hyänen lachen.
Jedenfalls machen Tüpfelhyänen ein Geräusch, das
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