Wortstoffhof
an Lachen erinnert, »ein wahrhaft fürchterliches Gelächter«, schreibt Brehm, »wie es die gläubige Seele und die rege Phantasie etwa dem Teufel und seinen höllischen Gesellen zuschreibt, scheinbar ein Hohnlachen der Hölle selbst«, das im Übrigen »eine gewisse Wollust des Tieres ausdrücken solle«. Blöderweise lachen Hyänen vor allem, wenn sie Beute gerissen haben, locken durch ihr Freudengeräusch wiederum Löwen an, die das Hyänenrudel verjagen und ihm das Fleisch wegfressen, wobei die Löwen todernst zu Werke gehen, und die Hyänen ihrerseits finden’s auch nicht lustig. Trotzdem lachen sie nächstes Mal wieder, wer weiß warum (→ Unhyänisch ).
Jedenfalls hatte Schröder die Wahl 2005 ja dann auch verloren.
K
KÄSE
Erinnert sich noch jemand Rudi Völlers wunderbarer Scheiße-Käse-Fußball-Rede aus dem Jahr 2003, der zweitschönste Fußball-Wutausbruch nach Trapattonis Flasche-leer-Ansprache?
Ein halber Satz Völlers ist mir nie aus dem Kopf gegangen, das ist dies verzweifelt Hinausgerufene: »… aber ich kann diesen Käse nicht mehr hören …«
Was war das für eine rätselhafte Botschaft inmitten so klarer Worte wie »Sauerei« und »Scheißdreck«? Wer von uns kann denn Käse hören ? Man gehe nur in das nächste Käsegeschäft oder stelle sich vor die Käsetheke im Supermarkt – was hört man? Nichts. Es schlägt einem dieser und jener Geruch entgegen, auch sieht man verschiedene Käsesorten, man fühlt die Kühle, in der sie aufbewahrt werden. Isst man den Käse, so schmeckt man ihn. Käse kann vier Sinne ansprechen, aber den fünften? Da ist nichts. Da war nie etwas. Käse kann man sowenig hören, wie man Musik sieht oder Glas schmeckt.
Oder? Vor einer Weile berichtete »der Armin« in der Sendung mit der Maus über die Herstellung von Käse und die Frage, wie Löcher in den Käse kommen. Da konnte man sehen, wie einer auf einen großen, reifen Käse klopfte. Es klang hohl, wegen der Löcher eben. Man hatte kurz das Gefühl, als könne man Käse doch hören, aber wenn man es genau nahm, hörte man ja nur die Löcher. Der Käse selbst: still.
Rudi Völler sagte übrigens, er könne den Käse »nichtmehr« hören. Das heißt, es gab eine Zeit, in der ihm das Hören von Käsegeräuschen möglich war. War das eine schönere Zeit?
Er sagte »diesen« Käse – es war also vielleicht ein bestimmter Käse, den er vernahm. Was ist aus diesem Käse geworden? Hat jemand ihn gegessen? Hat jemand tatsächlich jenen unglaublichen Zauberkäse verzehrt, der nachts aus dem Völlerschen Kühlschrank zu ihm sprach, während der Teamchef sich bei einem Bier am Küchentisch entspannte? War es am Ende »dieser« Käse, der Rudi die Mannschaftsaufstellungen eingab, sodass der Trainer, nachdem der Käse in Schweigen ausgebrochen war, gegen die Isländer die falsche Equipe aufbot? Erklärt das die Verzweiflung des Mannes, seinen Ruf: Wie soll ich eine bessere Elf aufstellen, wenn ich diesen Käse nicht mehr hören kann!? Und: Hat der Käse vor dem doch so erfolgreich beendeten Schottenspiel dann wieder zu reden begonnen?
Man fühlt sich an Michael Endes Bücher erinnert, in denen die Dinge so oft eine Stimme bekommen, an die Unendliche Geschichte zum Beispiel, in der es sogar eine Stimme der Stille gibt, Uyulála heißt sie und singt:
» Denn mein Leib ist Klang und Ton,
hörbar nur allein,
diese Stimme selber schon
ist mein ganzes Sein.«
Ob so auch der Käse zum Rudi sprach: Denn mein Laib ist Klang und Ton …? Es scheint mir seit jener Rede, als sei die Welt des Fußballs tiefer, geheimnisvoller, als wir uns je vorstellten.
KAUFLAUNE
In der Welt stand das im Juni 2006, als die Fußballweltmeisterschaft noch gar nicht begonnen hatte, ganz vorne und ganz oben: »Fußball-WM versetzt die Verbraucher in Kauflaune.«
Kauflaune, dachte ich, Kauflaune …
Ich spürte in mich hinein – war da drinnen etwas von dieser Laune? Möchtest du kaufen? Möchtest du in die Shops, Malls und Märkte ziehen? Und, wenn ja, war es die Fußball-WM, die dich in diese Stimmung versetzte? Noch nie seit 1980, wurde in der Welt berichtet, sei die »Anschaffungsneigung«, teure Güter wie Autos und Möbel betreffend, so hoch gewesen wie jetzt. Und was kleinere Güter angehe: Adidas habe statt der geplanten 500.000 deutschen WM-Trikots bereits eine Million verkauft.
Wie ist das möglich?, dachte ich. Haben sich tatsächlich so viele Menschen Hoffnung gemacht auf einen Platz im Klinsmann-Kader, der doch nur 23 Männer
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