Wortstoffhof
schön erklären müssen, damals. Haben nicht seit eh und je vom Volk verehrte Männer Geldfür die Armen bei denen geholt, die es hatten? Wo denn auch sonst? Müntefering hätte von der Robin-Hood-Steuer sprechen müssen, dem Zorro-Projekt, einer Politik mit Mantel und Degen. Der Kanzler hätte mit Federhütchen sowie Pfeil und Bogen vor den Anwesen der Aldi-Brüder auftauchen können, denn allein die Enteignung von Karl und Theo Albrecht hätte ja anderthalb Jahre Neuverschuldung erübrigt. Schröder hätte Jahrzehnte regieren können. Stattdessen: Balkon! Obendrauf!
Es war ja kein Wunder.
Aber es waren doch schöne Jahre mit all den roten Sonnen und den ungezeigten Eiern. Nicht klagen, dass sie vorbei sind! Sich freuen, dass man sie erleben durfte!
Heute, ach: das Ächzen der Hartleibigen.
HIWÄWÄWÜ
Schon die Erwähnung des Wortes »Kuckuck« ruft in mir viele Kindheitserinnerungen wach, von den Spaziergängen, bei denen die Mutter plötzlich reglos verharrte und »Hörst du den Kuckuck?« flüsterte, hin zu den Besuchen in der Lotto-Annahmestelle unseres Dorfes, in der zu meiner größten Freude eine Kuckucksuhr hinterm Ladentresen hing. Ja, der Kuckuck macht »Kuckuck«, das weiß jedes Kind. Und doch, und doch …
In Wahrheit hat der Kuckuck mehr zu bieten, schon weil er eben gar nicht einfach »Kuckuck« ruft. Alfred Brehm behauptete von sich, er könne jeden schreienden Kuckuck durch Nachahmung von dessen Stimme herbeirufen; aber niemals würde einer kommen, wenn er bloß »Kuckuck« riefe. Wer einen Kuckuck locken wolle, müsse »U-u« rufen, wobei das erste, im Laut etwas höhere »U« kurz und scharf auszustoßen sei, das zweite dann gedehnter, was letztlich etwa zu »Gu-guh« führe. Zwar gebe es Leute, so Brehm, die behaupteten, den Kuckucksruf auf einer Blockflöte »durch fis und d der mittleren Oktave« täuschend echt nachahmen zu können; er jedoch glaube dies nicht, zu sehr unterscheide sich die Klangfarbe der Flöte von jener der Kuckucksstimme.
Keineswegs ruft aber der Kuckuck nun immer nur »Guguh«. Werde er zum Beispiel, so Brehm, durch einen Nebenbuhler erregt, verdoppele er den ersten Laut; der ganze Ruf klinge dann wie »Gugúgu«. Komme ein Weibchen in Sicht, so wiederhole der Kuckucksmann den dreisilbigenRuf zwei oder vier Mal und füge »ihm dann fast immer heisere Laute bei, die man durch ›quawawa‹ oder ›hachachac‹ übertragen hat, in Wirklichkeit aber weder wiedergeben noch nachahmen kann«. Werde er durch kleinere Vögel geneckt, vernehme man noch ein heiseres, wie »särrr« klingendes Zischen.
Aber nun weiter: Warum ruft der Kuckuck »Gu-guh«? Er wolle damit, schreibt Brehm, ein Weibchen anlocken. Dieses aber antworte dem Manne nicht mit »Gu-guh«, sondern »indem es einen eigentümlich kichernden Ruf zu hören gibt«, der aus den sehr rasch aufeinander folgenden Lauten »jikikickick« oder »quickwickwick« bestehe, »die einem harten Triller ähneln und durch ein nur in der Nähe hörbares, sehr leises Knarren eingeleitet werden«. Das Männchen verlasse, dies vernehmend, augenblicklich seinen Sitz, rufe »Gugu, gugugu gugugu«, was im Zustand der höchsten Erregung dann zu »Gugu, gugugu gugugu, gugu, gugugu gugugu« verdoppelt sowie mit einem »Quawawawa« ergänzt werde.
Ich denke, es ist von Menschen, die dem Kuckuck so viele Erinnerungen verdanken, nicht zu viel verlangt, wenn sie sich diese Kuckuckslaute einprägen, um die bei uns lebenden Kuckucke besser verstehen zu können, die noch bei uns lebenden Kuckucke, möchte ich hinzufügen, denn die Bedrohung des K. durch Monokulturen, Straßenbau, Klimawandel ist groß. Letzterer bringt es mit sich, dass es dem Kuckuck immer schwerer fällt, Nester zu finden, in denen andere Vögel seine Brut aufziehen. Während nämlich der Kuckuck ein Langstreckenzugvogel ist und daher relativ spät nach Deutschland zurückkehrt, kommen seine oft weniger weit entfernt überwinternden Wirtsvögel früher heim. Folge: Ihre Kinder sind schon herangewachsen, wennder Kuckuck gerade Eier legen will. Er findet keine Nester mehr für die Kuckuckskinder.
Wir merken uns also für Übungen im Familienkreis: Der Vater ruft zunächst wiederholt »Gu-guh«, laut Brehm »in fünf Sekunden viermal, selten aber öfter als 20- bis 30-mal unmittelbar nacheinander«. Die Kinder, welche die Rollen von kleineren Vögeln oder Nebenbuhlern übernehmen könnten, stören ihn dabei, vielleicht mit »Zizidä, zizidä« oder »Kraaak, kraaak«. Der
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