WoW 05 - Der Tag des Drachen
zuerst gegen
uns
!«
Seine Krieger sahen einander voller Entsetzen an, denn sie wussten genau, dass sie es hier mit einer weit größeren Bedrohung zu tun hatten, als es sich irgendein Mitglied der Horde jemals hatte vorstellen können. Es war eine Sache, heldenhaft im Kampf zu sterben, und eine ganz andere, der sicheren Vernichtung ins Auge zu blicken.
Seine Schlussfolgerungen machten Sinn. Unerwartet von Westen her zuschlagen, den südlichen Teil von Khaz Modan erobern, die Drachenkönigin befreien oder abschlachten … Dadurch wäre den Resten der Horde im Norden, nahe Dun Algaz, ihre wichtigste Nachschubquelle genommen worden. Danach hätte man sich von Grim Batol aus langsam vorwärts bewegen können.
Eingekesselt zwischen den Angreifern aus dem Süden und denen, die sich von Dun Modr aus näherten, würden sich die letzten Hoffnungen des Orc-Volks zerschlagen und die Überlebenden in die bewachten, von den Menschen errichteten Reservate eingesperrt werden.
Zuluhed hatte ihm den Oberbefehl über alle Angelegenheiten übergeben, die den Berg und den darin gefangenen Drachen betrafen. Der Schamane hatte es nicht für nötig gehalten, auf Nekros' Nachfrage zu antworten. Er schien darauf zu vertrauen, dass dieser tat, was getan werden musste. Nun gut, Nekros würde ihn nicht enttäuschen.
»Torgus, lass dich zusammenflicken und schlaf ein wenig. Ich brauche dich später!«
»Nekros …«
»Gehorche!«
Die in Nekros' Augen schäumende Wut ließ selbst den Helden klein beigeben. Torgus nickte und machte sich, gestützt auf einen Kameraden, davon. Nekros richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die übrigen Orcs. »Packt zusammen, was benötigt, und ladet es auf die Wagen! Packt alle Eier in mit Heu ausgepolsterte Kisten … und haltet sie warm!« Seine Stimme stockte, als ginge im Geist eine Liste durch. »Seid darauf vorbereitet, alle Drachenjungen zu töten, die noch zu unbändig sind, um ausgebildet zu werden!«
Torgus blieb stehen. Er und die anderen Reiter starrten ihren Anführer mit unverhohlenem Grauen an. »Die Jungen
töten
? Aber wir brauchen …«
»Wir brauchen alles, was
rasch transportiert
werden kann … für den Fall, dass …«
Der größere Orc blickte ihn an. »Für welchen Fall?«
»Für den Fall, dass ich es nicht schaffe, mit Deathwing fertig zu werden …«
Sie stierten ihn an, als wäre ihm soeben ein zweiter Kopf gewachsen, oder als hätte er sich in einen Oger verwandelt.
»Mit Deathwing fertig werden?«, knurrte einer der anderen Reiter.
Nekros suchte nach seinem Oberaufseher, jenem Orc, der ihm am häufigsten im Umgang mit der Drachenkönigin geholfen hatte. »Du! Komm mit mir! Wir müssen uns überlegen, wie wir die Mutter verlegen können!«
Torgus schien endlich zu verstehen, was vor sich ging. »Du hast vor, Grim Batol aufgeben! Du willst alles zur Front in den Norden schaffen!«
»Ja …«
»Sie werden uns einfach folgen! Deathwing wird uns folgen!«
Der Orc mit dem Holzbein schnaubte. »Du hast deine Befehle … oder bin ich auf einmal nur noch von jammernden Arbeitssklaven umgeben, statt von mächtigen Kriegern?«
Der Seitenhieb zeigte Wirkung. Torgus und die anderen strafften sich. Nekros mochte verkrüppelt sein, aber er hatte nach wie vor die Befehlsgewalt. Sie konnten nicht anders als gehorchen, ganz gleich, für wie verrückt sie sein Vorhaben einschätzten.
Er drängte sich an dem verwundeten Helden, drängte sich an allen, die ihm im Weg standen, vorbei, während seine Gedanken sich überschlugen. Es war unbedingt notwendig, die Drachenkönigin ins Freie zu bekommen, und wenn es nur der Eingangsbereich dieser Höhle war. Damit wäre ihm bereits geholfen gewesen.
Er würde ebenso handeln, wie die Menschen gehandelt hatten. Den Köder auslegen … Und sollte er versagen, mussten wenigstens die
Eier
Zuluhed erreichen. Selbst wenn nur
sie
überdauerten, war der Horde damit gedient. Sollte Nekros tatsächlich den Sieg erringen, und mochte es auch um den Preis seines Lebens sein, dann gab es für die Orcs noch Hoffnung.
Eine kräftige Hand glitt zu dem Beutel, in dem die
Dämonenseele
lag. Nekros Skullcrusher hatte nach den Grenzen des mysteriösen Talismans gefragt – jetzt eröffnete sich ihm die Möglichkeit, sie selbst auszuloten.
Das schwache Licht der Morgendämmerung weckte Rhonin aus dem, wie ihm vorkam, tiefsten Schlaf, den er je erlebt hatte. Mühsam rappelte sich der Zauberer auf und blickte sich in dem Versuch, seine Umgebung zu
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