WoW 05 - Der Tag des Drachen
die Clans! Du bist eine Schande für dich selbst!«
Torgus stützte sich so gut er es vermochte auf sein totes Reittier. »Schande? Ich bin keine Schande, Alter! Ich habe nur die Wahrheit gesprochen … und die Wahrheit ist, dass es für uns keine Hoffnung mehr gibt! Nicht hier jedenfalls!«
Nekros packte den Reiter an den Schultern und schüttelte ihn ungeachtet der Tatsache, dass der andere Orc größer und schwerer als er selbst war. »Sprich! Was veranlasst dich zu diesen verräterischen Worten?«
»Schau mich an, Nekros. Schau dir meinen Drachen an. Weißt du, wer dafür verantwortlich ist? Weißt du, gegen
wen
wir kämpften?«
»Eine Armada von Greifen? Ein Heer von Zauberern?«
Blutspritzer bedeckten die einst so glänzenden Ehrenabzeichen, die noch immer an Torgus' Brust geheftet hingen. Der Drachenreiter versuchte zu lachen, wurde aber von einem Hustenanfall geschüttelt. Nekros wartete ungeduldig.
»Das wäre … wäre ein ausgeglichenerer Kampf gewesen, wenn ich das sagen darf! Nein, wir sahen nur eine Handvoll Greife … vielleicht Lockvögel. Es muss so sein! Es waren zu wenige, um eine schlagkräftige Streitmacht darzustellen …«
»Vergiss es! Wer ist hierfür verantwortlich?«
»Wer?« Torgus blickte an seinem Kommandanten vorbei auf seine Kriegskameraden. »Der Tod selbst … der Tod in Gestalt eines schwarzen Drachen!«
Bestürzung breitete sich unter den Orcs aus. Selbst Nekros versteifte sich bei den Worten. »Deathwing?«
»Ja, und er kämpfte für die
Menschen
. Er kam aus den Wolken, just als ich einen der Greife herausforderte. Wir sind ihm nur knapp entkommen.«
Es konnte nicht sein … und doch … es
musste
wahr sein. Torgus würde keine solch haarsträubende Lüge erfinden. Wenn er sagte, dass Deathwing dies angerichtet hatte – und die gerissenen Wunden, welche den riesigen Kadaver bedeckten, verliehen seinen Worten einiges an Glaubwürdigkeit –, dann
war
Deathwing der Verantwortliche für all dies.
»Erzähl mir mehr! Lass keine Einzelheit aus!«
Trotz seines Zustandes kam der Reiter der Aufforderung nach und berichtete, wie er und der andere Orc eine scheinbar unbedeutende Gruppe angegriffen hatten. Vielleicht ein Spähtrupp. Torgus hatte verschiedene Zwerge ausgemacht, eine Elfe und mindestens einen Zauberer. Schnelle Beute, zumindest hatten sie dies geglaubt, bis einer der menschlichen Krieger im Alleingang den zweiten Drachen besiegt hatte.
Doch selbst zu diesem Zeitpunkt hatte Torgus noch keine weitergehenden Schwierigkeiten erwartet. Der Zauberer hatte sich als nur vorübergehender Störfaktor erwiesen, denn er war im Verlauf des Kampfes plötzlich verschwunden, höchstwahrscheinlich in den Tod gestürzt. Torgus hatte sich der Gruppe genähert, um die Sache zu beenden.
In diesem Moment hatte Deathwing eingegriffen. Und er hatte leichtes Spiel mit Torgus' Drachen gehabt, der sich anfänglich sogar den Befehlen seine Lenkers widersetzt und den Kampf gegen alle Vernunft
gesucht
hatte. Selbst kein Feigling, hatte Torgus dennoch sehr wohl die Aussichtslosigkeit eines Kampfes gegen den gepanzerten Giganten erkannt. Wieder und wieder hatte er sein Reittier während des Kampfes angebrüllt, abzudrehen. Erst als die Verletzungen des roten Drachen zu massiv wurden, hatte es schließlich gehorcht und war geflohen.
Während er der Geschichte lauschte, nahmen Nekros' schlimmste Albträume Gestalt an. Der Goblin Kryll hatte mit seiner Warnung Recht behalten, dass die Allianz plante, die Drachenkönigin aus der Gefangenschaft der Orcs zu befreien, doch der elende Winzling hatte es entweder nicht gewusst oder nicht für nötig erachtet, seinen Meister über die Kräfte in Kenntnis zu setzen, die für die Mission auf den Weg gebracht worden waren. Irgendwie hatten die Menschen das Undenkbare vollbracht – einen Pakt mit dem einzigen Geschöpf zu schließen, das beide Seiten sowohl achteten, als auch fürchteten.
»Deathwing …«, murmelte er.
Doch warum verschwendeten sie die Möglichkeiten des gepanzerten Leviathans für eine solche Mission? Sicherlich traf Torgus' Annahme zu, dass es sich bei der Gruppe, der er begegnet war, um Späher oder Lockvögel gehandelt hatte. Wahrscheinlich folgte ihnen eine weit größere Streitmacht auf dem Fuß.
Und plötzlich ergab für Nekros alles einen Sinn.
Er drehte sich zu den anderen Orcs um und kämpfte um seine Fassung. »Die Invasion hat begonnen, aber sie betrifft nicht den Norden! Die Menschen und ihre Verbündeten marschieren
Weitere Kostenlose Bücher