WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit
er die Ursache seiner schlechten Laune nicht mehr ständig betrachten konnte.
Am Rande aller größeren Siedlungen patrouillierten bewaffnete Wachen und beschützten die Nachtelfen vor möglichen Feinden. Lord Ravencrest und andere Männer wie er beobachten das Land jenseits der Reichsgrenzen, fürchteten sie doch, dass die Zwerge und andere Völker unablässig Ränke schmiedeten, um sich den Wohlstand der Nachtelfen einzuverleiben. Sie blickten nicht nach innen – denn wer aus ihrem eigenen Volk hätte sie schon bedroht? –, sondern gestatteten jeder Siedlung, sich selbst um ihre Sicherheit zu kümmern und für das Wohlergehen ihrer Bürger zu sorgen. In Galhara, einer großen Stadt, die in einiger Entfernung von Zin-Azshari auf der anderen Seite der Quelle lag, begannen die Zauberer mit dem nächtlichen Ritual der Neuausrichrung ihrer Smaragdkristalle, die die Stadtgrenze markierten. Wenn die Kristalle richtig aufeinander eingestimmt waren, wehrten sie auch magische Angriffe ab. Niemand konnte sich daran erinnern, dass man sie jemals eingesetzt hatte, aber ihre bloße Existenz beruhigte das Volk.
Obwohl es Hunderte Kristalle gab, war es nicht schwer, sie auszurichten. Sie alle zogen ihre Kraft direkt aus der Quelle der Ewigkeit, und die Zauberer brauchten nur den Stand der Sterne zu berechnen, um die Kraftlinien, die von einem Kristall zum anderen liefen, zu justieren. Dazu musste man den Kristall, der auf einer hohen Obsidianstange ruhte, einfach nur kurz drehen. Die Zauberer konnten mehrere von ihnen in nur wenigen Minuten einstellen.
Doch als ein wenig mehr als die Hälfte ausgerichtet war, begannen die Kristalle matter zu leuchten und verdunkelten sich am Ende sogar. Die Zauberer von Galhara besaßen zwar nicht die Erfahrung der Mondgarde, aber sie verstanden ihr Handwerk immerhin gut genug, um zu wissen, dass Derartiges nicht hätte passieren dürfen. Sofort überprüften sie die Ausrichtung, fanden jedoch keinen Fehler.
»Sie ziehen keine Kraft mehr aus der Quelle«, behauptete ein junger Magier schließlich. »Etwas versucht, sie von ihrer Macht abzuschirmen.«
Er hatte diese Worte kaum ausgesprochen, als die Kristalle ihre normale Aktivität jedoch auch schon wieder aufnahmen. Seine älteren Kollegen sahen den Jüngeren amüsiert an und versuchten sich daran zu erinnern, ob sie in ihrer Jugend auch solch absurde Thesen aufgestellt hatten.
Und das Leben der Nachtelfen ging weiter, als hätte es keine warnenden Signale gegeben …
»Esss
issst fehlgeschlagen
!«, schrie Hakkar. Er hätte den Hochgeborenen, der neben ihm stand, beinahe ausgepeitscht, zog sein Werkzeug jedoch im letzten Moment zurück. Aus tödlich dunklen Augen starrte er Lord Xavius an. »
Wir
haben versagt …«
Die Feibestien an der Seite des Herrn der Hunde kommentierten seine Worte mit einem bösartigen Knurren.
Xavius war ebenso wütend. Er betrachtete das von den Hochgeborenen und Hakkar gemeinsam vollendete Werk und sah darin nur vertane Zeit … obwohl er und der Herr der Hunde ursprünglich geglaubt hatten, der Plan der Königin könne funktionieren.
Offenbar besaßen sie aber nicht das nötige Wissen und die Macht, um ihn umzusetzen.
Dass die Mühen der Hochgeborenen zumindest dafür gesorgt hatten, eine Anzahl von Feiwachen durch das Portal zu leiten, hob seine Laune nicht im Geringsten. Das war nur ein schwacher Abglanz des Erhofften, ein Rinnsal im Vergleich zu dem mächtigen Strom, den sie benötigten, um den
Erhabenen
zu sich zu holen.
»Was sollen wir tun?«, fragte der Nachtelf.
Zum ersten Mal las er Unsicherheit im grässlichen Antlitz des Herrn der Hunde. Der riesige Krieger blickte sehnsüchtig zum Portal, wo die Hochgeborenen weiterhin versuchten, es zu stärken und zu weiten. »Wir müssssen ihn fragen.«
Der Berater schluckte, aber bevor sein monströses Gegenüber seine Absicht in die Tat umsetzen konnte, drängte sich Lord Xavius an ihm vorbei und beugte sein Knie selbst vor dem Portal nieder. Er würde vor seinem Gott für alle Fehler gerade stehen.
Sein Knie hatte den Boden noch nicht berührt, als er bereits die Stimme in seinem Kopf hörte.
Ist das Portal gefestigt?
»Nein, Erhabener … die Arbeit schreitet nicht so rasch voran, wie wir erhofft hatten.«
Für einen kurzen Moment glaubte der Nachtelf von irrsinniger Wut übermannt zu werden, dann verging das Gefühl. Xavius war überzeugt, dass er sich die Anwandlung nur eingebildet hatte und lauschte den nächsten Worten des
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