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WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit

WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit

Titel: WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard A. Knaak
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ihren, richteten sich auf die Schüssel, und der Gefangene schien nachzudenken, was er tun sollte. Einmal flackerte sein Blick für einen kurzen Moment in Richtung des nächsten Wachpostens. Seine rechte Hand schloss sich. Dann öffnete sie sich wieder.
    Langsam, ganz langsam, streckte er sie aus. Als sie Tyrandes Hand erreichte, sah die Novizin wie riesig und dick sie tatsächlich war, groß genug, um ihre eigenen Hände mühelos zu umschließen. Sie stellte sich die Stärke dieser Pranken vor und hätte ihre Gabe fast zurückgezogen.
    Dann nahm der Gefangene mit einer Behutsamkeit, die sie überraschte, die Schüssel aus ihren Händen, stellte sie sicher vor sich ab und sah die Nachtelfin erwartungsvoll an.
    Die Tatsache, dass er ihre Gabe angenommen hatte, brachte sie zum Lächeln, doch er antwortete nicht in der gleichen Weise, und sein Gesicht blieb weiter verschlossen. Etwas entspannter reichte ihm Tyrande als Nächstes das Fleisch, zuletzt den Krug mit Wasser.
    Nachdem er alles sicher vor sich abgesetzt hatte, begann der grünhäutige Gefangene zu essen. Er schlang den Inhalt der Schüssel mit einem gewaltigen Schluck in sich hinein, und etwas von der bräunlichen Flüssigkeit spritzte über sein Kinn. Das Fleischstück folgte, und mächtige, gezackte, gelbe Zähne rissen ohne zu zögern an dem rohen, blutigen Fleisch. Tyrande musste schlucken, doch sie zeigte ihr Unbehagen angesichts der monströsen Manieren des Gefangenen in keiner anderen Weise. Unter den gleichen Bedingungen hätte sie selbst sich vielleicht kaum besser verhalten als er.
    Ein paar Gaffer betrachteten diese Aktivität als wäre sie ein belustigendes Schauspiel, doch Tyrande ignorierte sie. Sie wartete geduldig, während der Gefangene fortfuhr, sein Essen zu verschlingen. Er nagte selbst den letzten Fetzen Fleisch von dem Knochen und zerbrach diesen dann knackend in zwei Stücke, denen er mit solchem Genuss das Mark aussaugte, dass die letzten Schaulustigen – deren elfisches Feingefühl durch solch einen tierischen Anblick empfindlich verstört wurde – endlich verschwanden.
    Als die Letzten gegangen waren, ließ der Gefangene schließlich die Knochen-Bruchstücke fallen und griff mit einem grollenden Kichern nach dem Krug. Nicht einmal hatte er seine Augen für mehr als eine Sekunde von der Novizin abgewandt.
    Als das Wasser verschwunden war, wischte er sich den breiten Mund mit dem Arm ab und grunzte: »Gut.«
    Ein echtes Wort von seinen Lippen zu hören, überraschte Tyrande, obwohl sie bereits früher angenommen hatte, dass er, wenn er sie verstehen konnte, auch sprechen konnte. Sie musste wieder Lächeln und lehnte sich so nahe an die Gitterstäbe, dass sie die Besorgnis der Wächter weckte.
    »Schwester!«, rief einer der Soldaten. »Ihr solltet nicht so nah herangehen! Er wird Euch –«
    »Er wird nichts tun«, versicherte sie ihnen schnell. Mit einem lächelnden Blick auf den Gefangenen fügte sie hinzu: »Oder doch?«
    Er schüttelte den Kopf und zog seine Hände zur Bestätigung nah an seine Brust. Die Soldaten traten ein wenig zurück, blieben aber wachsam.
    Tyrande ignorierte sie ein weiteres Mal und fragte: »Willst du noch etwas? Mehr Essen?«
    »Nein.«
    Sie hielt einen Augenblick inne, dann sagte sie: »Mein Name ist Tyrande. Ich bin eine Priesterin der Elune.«
    Die Gestalt im Käfig schien nicht daran interessiert, das Gespräch fortzusetzen. Aber als der Gefangene erkannte, dass sie entschlossen war, auf seine Erwiderung zu warten, antwortete er schließlich: »Brox … Broxigar. Treuer Diener von Kriegshäuptling Thrall, dem Herrscher der Orcs.«
    Tyrande versuchte zu verstehen, was er gerade gesagt hatte. Dass er ein Krieger war, überraschte sie angesichts seines Aussehens wenig. Er diente einem Anführer, diesem Thrall, dessen Name in vielerlei Hinsicht seltsamer war als sein eigener, denn er bedeutete »Sklave«.
    Von welcher Art mochte ein Herrscher sein, der einen solchen Titel trug?
    Und dieser Thrall war Herr der Orcs, und ein Orc musste das sein, was Brox war. Der Tempel hatte Tyrande gut und gründlich unterrichtet, doch niemals hatte sie dort oder irgendwo sonst von einem Volk gehört, das man Orcs nannte. Und wenn sie alle so aussahen wie Brox, hätten sich die Nachtelfen sicher gut an sie erinnert.
    Sie entschied sich, weiter nachzuforschen. »Wo kommst du her, Brox? Wie bist du hierher gekommen?«
    Sofort erkannte Tyrande, dass sie einen Fehler begangen hatte. Der Augen des Orcs verengten sich, und er

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