WoW 07 - KdA 2 - Die Dämonenseele
Illidan war so auf seinen eigenen Ruhm fixiert, dass er sich nicht um andere kümmerte.
Rhonin sah, wie der schwarz gekleidete Zauberer der heranstürmenden Horde einige Explosivgeschosse entgegenschleuderte. Dämonen flogen durch die Luft, abgetrennte Körperteile regneten rund um den Zauberer nieder. Allerdings gerieten auch ein paar Soldaten in den Zauber geraten und starben auf die gleiche Weise.
Ein Mitglied der Mondgarde brach zusammen, und Illidan beschimpfte die anderen. Die weitaus erfahreneren Zauberer bauten ihre Verbindung zueinander neu auf.
Was tut er da?, dachte Rhonin. Wenn er so weitermacht, bringt er sie um.
Illidan begann einen neuen Zauber, dann fiel ihm der Magier ins Auge. Er grinste und war so zufrieden mit der eigenen Leistung, dass er gar nicht bemerkte, wie schlecht es dem Rest der Armee ging.
»Meister Rhonin, habt Ihr gesehen ...«
»Ich habe alles gesehen, Illidan! Ravencrest will, dass ich die Führung übernehme. Wir müssen unsere Angriffe koordinieren und so etwas wie Ordnung in unsere Reihen bringen.«
»Ihr sollt übernehmen?« Ein gefährlicher Ausdruck prägte sich in das Gesicht des Elfen. »Für mich?«
»Ja.« Rhonin erklärte ihm die Gründe nicht. Das Schicksal eines ganzen Volkes – einer ganzen Welt – lag in ihren Händen.
Illidan nickte bitter, dann fragte er: »Was werden wir tun?«
Der Magier hatte bereits darüber nachgedacht. Zunächst musste Illidan seine Verbindung zur Mondgarde aufgeben. Die Zauberer mussten sich ein wenig erholen, und das konnten sie am besten, während Rhonin sie anleitete.
»Ich habe vergeblich versucht, Krasus zu erreichen. Die ganze Magie, die hier in der Luft schwingt, verhindert es wahrscheinlich. Deine Verbindung zu deinem Zwilling sollte wegen der engen Verwandtschaft stärker sein. Finde die beiden. Wir brauchen ihre Hilfe.«
Die Augen des Zauberers verengten sich. Er wusste, weshalb Rhonin ihn wegschickte. Trotzdem nickte er. »Ich werde meinen Bruder finden. Was würden wir nur ohne seine Kräfte machen?«
Illidan wandte sich ab, bevor Rhonin darauf antworten konnte. Der Magier runzelte die Stirn, wusste jedoch, dass er von dem aufbrausenden jungen Nachtelf nichts anderes zu erwarten hatte.
Einige Mondgardisten wirkten erleichtert, als Rhonin ihre Koordination übernahm. Es interessierte sie längst nicht mehr, dass er ein Fremder war; sie wussten, dass er sie gut anleiten würde.
»Wir müssen ihre vorderen Reihen zerstören, so ähnlich wie beim letzten Mal«, sagte er. »Verbindet euch mit mir, dann können wir beginnen.«
Rhonin bereitete sich auf den Zauber vor und warf einen letzten Blick auf Illidan. Der Magier wirkte immer noch verärgert, befolgte jedoch die erhaltenen Anweisungen. Irgendwann, dachte Rhonin, würde Malfurions Bruder die Gründe verstehen, warum es so und nicht anders geschehen musste.
Zumindest hoffte er das.
Illidan verstand die Gründe für Rhonins Zurückweisung nicht einmal ansatzweise. Sein ganzes Leben lang hatte man ihm eine große Zukunft prophezeit. Er hatte geglaubt, seine Zeit wäre gekommen. Sein Volk lebte in Angst und Schrecken, war dem Untergang nahe. War dies nicht der Moment, um den Platz in der Geschichte einzunehmen, der einem gebührte?
Vielleicht hätte er es getan, wenn sich nicht zwei Personen, denen er eigentlich vertraute, gegen ihn gestellt hätten. Lord Ravencrest hatte Illidan aus dem Nichts heraus zu seinem Leibzauberer ernannt. Er hatte ihm das Kommando über die Mondgarde übergeben, und der Zauberer war überzeugt, dass er diese Aufgabe ohne Fehl und Tadel bewältigt hatte.
Doch jetzt hatte Ravencrest ihn aus dieser ehrenvollen Position entfernen lassen und ihn durch jemanden ersetzt, der noch nicht einmal ein Nachtelf war. Illidan respektierte Rhonin zwar, aber das war einfach zuviel. Der Magier hätte dies ebenfalls begreifen müssen. Rhonin vertraute ihm wohl doch nicht, sonst hätte er diesen Führungswechsel von sich aus abgelehnt.
Man hatte Illidan seinen Ruhm gestohlen… und ihn zu einem Botenjungen degradiert, der nach dem so hoch gelobten Malfurion suchen sollte.
Die dunklen Gedanken, die in seinem Verstand auf ihre Gelegenheit gewartet hatten, kehrten mit aller Macht zurück. Illidan versuchte zwar, geistigen Kontakt zu seinem Bruder herzustellen, ein Teil von ihm hoffte jedoch, dass Malfurion ein Opfer der Brennenden Legion geworden und deshalb nicht zurückgekehrt war. Der Zauberer wünschte ihm natürlich einen möglichst heldenhaften
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