WoW 09 - Arthas-Aufstieg des Lichkönigs
und Laute spielten etwas Hintergrundmusik. Ihre anmutigen Töne entsprangen reiner Magie statt menschlicher Hände oder Atemluft.
Erzmagier Antonidas saß der Tafel vor, was selten vorkam. Er war groß und wirkte noch größer, weil er so extrem dünn war. Sein langer Bart war mittlerweile eher grau als braun und auf dem Schädel war er völlig kahl. Doch seine Augen waren wach und stechend. Auch Erzmagier Krasus war anwesend, aufrecht und aufmerksam. Der Kerzenschein spiegelte sich auf seinem Haar und ließ es silbern wirken, mit roten und schwarzen Strähnen darin. Es waren noch viele andere Personen anwesend, alle von hohem Rang. Jaina hatte mit Abstand die niedrigste Stellung inne, doch sie war die Schülerin des Erzmagiers.
Jaina kam aus einem militärischen Haushalt und eins der Dinge, die ihr Vater ihr beigebracht hatte, war das Verständnis für Stärken und Schwächen. »Es ist genauso ein großer Fehler, sich selbst zu unterschätzen, wie sich zu überschätzen«, hatte Daelin ihr einst gesagt. »Falsche Bescheidenheit ist genauso schlimm wie falscher Stolz. Du musst zu jedem Zeitpunkt genau wissen, was du kannst, und danach handeln. Alles andere ist Torheit – und kann im Gefecht tödlich sein.«
Sie wusste, dass sie geschickt im Umgang mit den magischen Künsten war. Sie war intelligent und zielstrebig und hatte in der kurzen Zeit, die sie hier war, viel gelernt. Sicherlich nahm Antonidas keine Schüler aus Mildtätigkeit an. Und es war kein falscher Stolz, vor dem ihr Vater sie so gewarnt hatte, der sie annehmen ließ, dass sie eine mächtige Magierin werden konnte. Sie wollte aus eigener Kraft Verdienste erwerben und nicht vorankommen, weil ein Elfenprinz ihre Gesellschaft schätzte. Jaina bemühte sich, damit man ihr die Irritation nicht ansah, als sie einen weiteren Löffel Schildkrötensuppe aß.
Die Unterhaltung drehte sich um die Orcs, was wenig verwunderlich war, denn die Internierungslager lagen nah bei Dalaran. Außerdem glaubte man in der Magierstadt gern, über solchen Dingen zu stehen.
Kael griff mit seiner langen, eleganten Hand nach einer weiteren Brotscheibe und bestrich sie mit Butter. »Lethargie oder nicht«, sagte er, »sie sind gefährlich.«
»Mein Vater, König Terenas, sieht das genauso, Prinz Kael'thas«, sagte Arthas und lächelte den Elfen charmant an. »Deshalb gibt es die Lager ja. Es ist nur schade, dass sie so viel Unterhalt kosten.
Doch sicherlich ist ein wenig Gold ein geringer Preis für die Sicherheit der Menschen von Azeroth.«
»Es sind brutale Tiere«, sagte Kael'thas. Seine übliche Tenorstimme kippte vor Ekel über. »Die Orcs und ihre Drachen haben Quel'Thalas übel zugerichtet. Nur die Energie des Sonnenbrunnens hielt sie davon ab, mehr Schaden anzurichten. Ihr Menschen könntet das Problem lösen und gleichzeitig eure Leute schützen, ohne sie so hoch besteuern zu müssen, indem ihr diese Kreaturen einfach tötet.«
Jaina erinnerte sich an den flüchtigen Eindruck, den sie von den Orcs erhalten hatte. Sie hatten müde ausgesehen, gebrochen und entmutigt. Und sie hatten Kinder.
»Wart Ihr schon in den Lagern, Prinz Kael'thas?«, fragte sie spitzzüngig und redete weiter, bevor sie sich selbst daran hindern konnte. »Habt Ihr tatsächlich gesehen, was aus ihnen geworden ist?«
Einen Augenblick lang erröteten Kael'thas Wangen, doch er behielt seinen gleichmütigen Gesichtsausdruck. »Nein, Lady Jaina, das habe ich nicht. Ich sehe auch keinen Grund dazu. Ich weiß, was sie getan haben. Das sehe ich jedes Mal, wenn ich die verbrannten Stämme der herrlichen Bäume in meiner Heimat betrachte und meinen Respekt denen zolle, die bei diesem Angriff getötet wurden. Und sicherlich habt Ihr auch noch keinen Orc selbst gesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so eine kultivierte Dame wie Ihr sich durch die Lager hat führen lassen.«
Jaina bemühte sich, nicht zu Arthas zu blicken, als sie antwortete: »Auch wenn Euer Hoheit mir ein schönes Kompliment gemacht hat, glaube ich nicht, dass Kultiviertheit irgendetwas damit zu tun hat, ob man sich für Gerechtigkeit interessiert. Ich glaube viel eher, dass ein
kultivierter
Mensch nicht will, dass empfindsame Wesen wie Tiere abgeschlachtet werden.« Sie lächelte ihn freundlich an und fuhr fort, ihre Suppe zu essen.
Kael'thas warf ihr einen prüfenden Blick zu, verwirrt von ihrer Reaktion.
»Das hat Lordaeron zu entscheiden und König Terenas kann tun, was er in seinem Königreich für richtig hält«, fiel
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