WoW 14 - Weltenbeben
wirklich als „unauffällig" bezeichnen. Es kam ja nicht von ungefähr, dass der Orc Rehgar Erdenwut einen Gladiator aus ihm gemacht hatte, nachdem Varian vor einem Jahr halb ertrunken und ohnmächtig aufgefunden worden war. Ohne jede Erinnerung an seine Vergangenheit, hatte sich Varian gut an den brutalen Lebensstil gewöhnt. Damals hatte er nicht gewusst, dass er in zwei verschiedene Wesen geteilt worden war: Varian, der unter der Fuchtel des Drachen Onyxia gestanden hatte, und Lo'Gosh, ein furchteinflößender und mächtiger Gladiator. Varian verfügte über die Manieren, das Wissen und die Etikette des echten Varian. Lo'Gosh, ein Taurahe-Wort, das „Geisterwolf" bedeutete und eine wilde Kreatur aus den Legenden bezeichnete, hatte alle Kämpferqualitäten des ursprünglichen Varian besessen. Varian war elegant, Lo'Gosh war stark. Varian war kultiviert, Lo'Gosh war brutal.
Diese beiden Hälften wurden schließlich wiedervereint, jedoch nicht vollständig. Manchmal schien es, dass Lo'Gosh die Oberhand über den großen, kraftvoll gebauten Körper gewann.
Mehr denn je dominierte König Varian Wrynn den Raum. Sein dunkles Haar war zu einem Knoten zusammengebunden, und eine breite Narbe entstellte das einstmals schöne Gesicht.
Anduin war das ganze Gegenteil von seinem Vater. Er war bleich, blond, schlank und ein wenig größer geworden, seit Jaina ihn das letzte Mal gesehen hatte. Obwohl er nicht die imposante Größe seines Vaters geerbt hatte und wohl, wie Jaina glaubte, eher nach seiner gertenschlanken Mutter kam und deshalb niemals ein so großer Mann werden würde wie Varian, war er nun ein Heranwachsender und kein Kind mehr. Anduin lächelte Bruder Sarno und den jungen Thomas an und nickte ihnen zu, als er und sein Vater das Kirchenschiff betraten, um Platz zu nehmen. Vielleicht spürte er Jainas Blick, denn er runzelte die Stirn und sah sich unauffällig um. Er war derart geübt in den Pflichten eines Prinzen, dass er keine Regung zeigte, als er sie erblickte. Doch seine Augen leuchteten, und er grüßte sie mit einem angedeuteten Nicken.
Alle Blicke wandten sich nun vom König und seinem Sohn ab und richteten sich auf Erzbischof Benedictus, der mit gemessenen Schritten zum Altar ging. Mit seiner durchschnittlichen Größe und seinem stämmigen Körperbau vermittelte er eher den Eindruck eines Bauern als eines heiligen Mannes. Er schien nie so richtig in die goldfarbenen und weißen Roben zu passen und sich in ihnen stets etwas unbehaglich zu fühlen. Doch wenn er mit seiner ruhigen, klaren und kräftigen Stimme zu sprechen begann, war es offensichtlich, dass das Licht ihn erwählt hatte.
„Liebe Freunde des Lichts, seid alle willkommen in dieser schönen Kathedrale, die sich niemandem verschließt, der mit offenem Herzen und demütigem Geist eintritt. Dieser Ort hat viele Momente der Freude erlebt und manche der Trauer. Heute haben wir uns hier versammelt, um die Gefallenen zu ehren, sich ihrer zu erinnern, sie zu betrauern und ihrem Opfer für unsere Allianz und für Azeroth Respekt zu zollen."
Jaina blickte auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen. Das war einer der Gründe, warum sie nicht an einer gut sichtbaren Stelle der Kathedrale hatte Platz nehmen wollen. Ihre Romanze mit Arthas Menethil war nicht vergessen worden - nicht, als er Prinz war, ganz sicher nicht, als er der Lichkönig wurde, und schon gar nicht jetzt, da er besiegt worden war. Nur wegen ihm war diese traurige Zeremonie erforderlich. Einige der Anwesenden drehten sich zu ihr um, erkannten sie und warfen ihr teilnahmsvolle Blicke zu.
Nicht ein Tag verging, an dem Jaina nicht an Arthas dachte, sich fragte, ob es irgendetwas gab, das sie hätte tun oder sagen können, um den einst strahlenden Paladin von seinem dunklen Pfad abzubringen. Ihre Gefühle hatten sich während des Kriegs gegen den Albtraum gewandelt, als sie in einem Traum gefangen gewesen war, in dem sie ihn in der Tat davon abgehalten hatte, zum Lichkönig zu werden ... indem sie an seiner statt zur Lich königin wurde ...
Sie erschauderte, verdrängte die Gedanken an den schrecklichen Traum und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Erzbischof zu. „... die frostigen Länder weit im Norden", sagte Benedictus. „Sie erlebten einen schrecklichen Feind mit einer Armee, von der niemand jemals wirklich geglaubt hatte, dass sie besiegt werden könnte. Und dennoch, dank der Segnungen des Lichts und dem Mut dieser Männer und Frauen - Menschen, Zwerge, Nachtelfen, Gnome,
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