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ungefähr
fünfundfünfzig…“
„Das ist noch nicht alt“, sagte
ich, in weiser Voraussicht für den Tag, an dem ich selbst dieses Alter
erreichen würde.
„...Ein ehemaliger
Schauspieler, der ihn mehr oder weniger ausnützt. Das hat aber wahrscheinlich
nichts mit seinen Sorgen zu tun. Sonst hätte er’s mir gesagt. Aber er hat mir
keinerlei Erklärung für sein seltsames Verhalten gegeben; also muß es etwas
Ernsteres sein als Familiengeschichten.“
„Sein Vater nutzt ihn aus? Nennen
wir das Kind beim Namen. Er lebt auf seine Kosten, oder?“
„Also schön, jawohl!“
„Vielleicht hat der Vater eine
Dummheit gemacht?“
„Gil hätte es mir gesagt.“
„Ich hab was gegen Paare, wo
einer dem andern auf der Tasche liegt. Das geht am Ende immer schief.“
„Das wird schon bald
schiefgehen“, sagte sie.
„Ach! Sehen Sie!“
Sie lächelte.
„Aber anders, als Sie denken...
Da wird es überhaupt keine Probleme geben. Gils Vater wird seine Schulden
bestimmt nie zurückzahlen, aber er wird bald auf eigenen Füßen stehen, wenn ich
so sagen darf. Wie Sie wissen, ist Gil Sänger, und sein Vater war Schauspieler.
Weiter zurück stoßen wir auf Kleinbürger. Großhandel. Gils Großvater wollte von
seinem Ableger nichts mehr wissen, als diesen die Lust packte, zur Bühne zu gehen.
Jetzt, wo er fühlt, daß er bald sterben wird, hat er ihm verziehen. Vor kurzem
hat er sich wieder mit ihm ausgesöhnt, und bald wird Gils Vater genauso reich
sein wie Gil. Nein, von daher ist alles in Ordnung.“
„Also gut,“ sagte ich, „ich
seh’ mich mal in diesem Club um. Besser gesagt, ich werde meine Sekretärin
dorthin schicken. Sie ist ein pfiffiges Mädchen. Wo ist das?“
„Sekretariat, Büro,
Versammlungsraum usw., alles Passage du Désir.“
„Passage der Sehnsucht. Wie
sinnig. Okay!“
Ich notierte die Adresse.
„Die Präsidentin ist eine
gewisse Mademoiselle Adrienne Froment. Hab sie nie gesehen. Telefon Magenta
43-43.“
Ich notierte auch das. Die
blonde Mado hüstelte. „Kümmern Sie sich auch um Clara Nox“, riet sie mir. „Die
ehemalige realistische Sängerin war mal seine Geliebte. Vielleicht hat sie es
schlecht verdaut, daß er sich von ihr getrennt hat. Sie hält große Stücke auf
ihn, überschüttet ihn mit Aufmerksamkeiten. Ich glaube, sie liebt ihn immer
noch...“
„Und ihre realistischen Lieder
könnten auf sie abgefärbt haben?“
„Ja. Außerdem mag sie mich
nicht. Vielleicht will sie uns aus Rache beide gleichzeitig erledigen —
melodramatisch, wie in ihren Liedern. Ich will nicht sagen, daß sie etwas im
Schilde führt, aber man muß alles in Betracht ziehen.“
„Richtig. Name und Adresse? Ihr
wirklicher Name. Ich nehme an, Clara Nox ist ein Künstlername.“
Sie brauchte sich nicht die
Mühe zu machen, in Akten oder in ihrem Gedächtnis zu wühlen. Alles war
zurechtgelegt, geplant.
„Sylvie Causse. Rue de la
Fidélité. Hier ganz in der Nähe.“ Straße der Treue. Noch so ein Symbol.
„Apropos: Gil Andréa ist auch
ein Pseudonym, wie Sie sicher schon vermutet haben. Sein richtiger Name ist
André Gilet. Boulevard de Magenta, in Richtung Barbès. Aber ich flehe Sie an,
gehen Sie nicht zu ihm nach Hause.“
„Wenn ich hingehe, wird er
nichts merken. Jedenfalls nicht, daß ich von Ihnen komme. Jawohl, man muß alles
in Betracht ziehen, und... Könnte der Grund für seine Unruhe nicht in seiner
Vergangenheit liegen? Irgendeine unsaubere Geschichte, die jetzt zum Vorschein
kommt?“
Auch daran hatte sie schon
gedacht. Sie beugte sich zu mir und öffnete eine Schublade. (Bei dieser
Gelegenheit konnte ich feststellen, daß sie keinen Büstenhalter trug.) Sie nahm
einen dicken Umschlag heraus und reichte ihn mir:
„Sein Leben, so gut wie
vollständig. Zeitungsausschnitte, ein paar Notizen von mir. Vielleicht hilft
Ihnen das weiter. Eine Liste von Leuten, mit denen er zu tun hatte. Leider
unvollständig.“
Ich steckte den Umschlag ein.
„Ich werd’s mir ansehen“, sagte
ich. „Aus solchen Notizen kann man ‘ne Menge erfahren. Ist das alles?“
„Das müßte alles sein, ja.“
Sie stand auf. Ich auch. Sie
ging um den schweren Glastisch herum, so daß wir jetzt beide in der Mitte des
Raumes standen. Sie war etwas größer als ich, hatte einen hübschen Gang. Durch
ihre Bewegungen hatte sich ihr Parfüm ausgebreitet. Sie reichte mir die Hand.
Ich ergriff sie und hielt sie länger fest, als es schicklich gewesen wäre. Ich
sah ihr tief in die grünen
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