wsmt
aber doch einen Artikel abgeben,
Herrgott nochmal! Vorausgesetzt, Sie und Ihre neue Zeitung haben nicht soviel
Schiß wie die andern. Soll ich es Ihnen erzählen? Letzter Versuch?“
„Schießen Sie los. Werden
sehen.“
„Damals war er keine große
Leuchte. Mehr Amateur als Profi. Da fiel er Clara Nox auf, der Sängerin. Vor
allem fiel ihr sein Gesicht auf. Sie schlief mit ihm. Verpaßte ihm ein paar
Nachhilfestunden, und hopp! auf ging’s. Sie verschaffte ihm überall dort
Auftritte, wo sie sang. Er wurde nicht gerade ausgepfiffen, aber so gut wie.
Trotzdem... er hatte das gewisse Etwas, zugegeben, nur kam es nicht rüber. Man
muß dazu sagen, daß er direkt nach ihr auftrat, und nach Clara Nox auftreten...
damit sind schon ganz andere auf die Schnauze gefallen. Vielleicht bestimmte
sie auch diese Programmfolge, damit er eben nicht zu hoch kam. So hatte sie ihn
so lange wie möglich für sich ganz alleine. Ihre Rechnung ging aber nicht auf.
Eines Abends hatte er nämlich eine Idee — er selbst oder andere. Er geht in
ihre Garderobe, kurz vor ihrem Auftritt. Durch einen Trick macht er ihr vor,
daß er sie betrügt. Sie kennen das doch, oder?“
Er sah mich an, als wäre ich an
diese Art Turnübungen gewöhnt. Ich sagte nichts.
„Im Augenblick der Leidenschaft
sich mit dem Namen vertun, danach verlegen werden, versuchen, die Scharte
auszuwetzen, was natürlich alles nur schlimmer macht, kurz: Komödie spielen,
nicht sehr sauber, wirkt aber fabelhaft auf die arme Clara Nox, die auch nicht
jünger wird. Erklärungen, Streit, Anschnauzen usw. Clara kriegt zwar keinen
Nervenzusammenbruch, steht aber kurz davor. Und keine Zeit mehr, um sich vor
dem Auftritt zu erholen. Noch ganz aufgewühlt, ist sie an diesem Abend nicht
die gewohnte Clara Nox. Man sagt, sobald ein Künstler die Bühne betritt,
vergißt er seine persönlichen Sorgen. Das gilt aber nicht für alle. Kurz, sie
ist nicht in Form. Und nach ihr kommt Gil Andréa. Kapiert, Alter?“
„Ich glaube, es dämmert.“
„Gil Andréa kommt nach ihr. Er
hat ja nicht gelitten! Optimistisch wie nie. In Hochform. Wenn es klappt, hat
er’s geschafft. Er dreht voll auf, sahnt den ganzen Beifall ab. Vorher war er
nicht weiter aufgefallen. Aber an diesem Abend wird man auf ihn aufmerksam,
nachdem Clara Nox so gut wie durchgefallen ist. Und man achtet immer mehr auf
ihn. Denn die Gemeinheit dauert noch ein paar Tage. Er sieht Clara Nox nur noch
in ihrer Garderobe, immer kurz vor ihrem Auftritt. Und immer bringt er es
fertig, daß Clara, die ihn liebt, völlig aufgelöst auf die Bühne geht, in
Gedanken noch bei der Anschnauzerei. Inzwischen ist er bei Madeleine Souldre
unter der Haube. Madame Impresario wittert ein gutes Geschäft. Er wird groß
aufgebaut. Sehen Sie, durch diese Spezialbehandlung ist es Gil Andréa gelungen
, auf sich aufmerksam zu machen. Eine schmutzige Geschichte, finden Sie nicht
auch?“
„Es gibt anständigere, in der
Tat.“
„Ist das kein Stoff für ‘n
Artikel, hm?“
„Das müßte was hergeben.“
Er seufzte enttäuscht.
„Keiner hat’s bis jetzt
gewagt.“
„Kommt noch“, sagte ich.
„Kennen Sie noch andere Geschichten in der Art?“
Er nickte. Die zwei oder drei
Anekdoten, die er mir dann auftischte, waren aber nicht so gut wie die erste.
Einfache Klatschgeschichten im Rahmen der kleinen Schweinereien, an die sich
jeder normale Mensch gewöhnt hat. Ich tat so, als interessierte ich mich dafür.
Aber es lohnte sich für keine zwei Pfennig.
„Und Clara Nox?“ fragte ich.
„Sie ist eine dumme Kuh“, sagte
er entschieden. „Verhätschelt ihn immer noch. Die hat nichts kapiert. Oder sie
will nicht kapieren. Ist eingeseift worden, will aber nicht wahrhaben, daß ihr
Ex-Geliebter die Seife geliefert hat. Noch ‘ne Prise gefällig?“
„Hat sich also selbst in den
Sattel gehoben. Ich muß gehen. Sie haben mir viele interessante Sachen
erzählt.“
„Hab ich doch gesagt.“
Er goß die Gläser noch einmal
voll. Wir tranken aus. Ich stand auf.
„Nochmals vielen Dank.“
„Gern geschehen. Schicken Sie
mir den Artikel, wenn er erscheint... falls er erscheint.“
„Werd dran denken.“
Er lachte:
„Das haben mir Ihre Kollegen
auch versprochen. Danach ist nichts mehr gekommen... Ach ja, doch, immerhin.
Man muß gerecht bleiben. Ein Provinzblättchen hat versucht, die Legende zu
zerstören, nach der Gil Andréa häufig auf dem letzten Loch gepfiffen hat. Haben
Sie die neue Masche noch nicht bemerkt? Früher zum
Weitere Kostenlose Bücher