Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
Politik, ihr war auch egal, was sie aß, oder ob sie überhaupt was aß. Manchmal stelle ich mir vor, sie hat in jenem verwunschenen Land gelebt, wo alle traurigen Dichter leben und wo alles die ganze Zeit weh tut. Bis sie schließlich die Drogen entdeckte. Vielleicht waren sie es, auf die Ivory immer gewartet hatte. Geld genug hatte sie dann ja, um sich einzudecken, was sie auch tat. Komisch, ich habe nie versucht, sie davon abzubringen. Vielleicht hätte ich es versuchen müssen.«
»Aber Silk«, hatte Randall Piers gesagt, »Silk ist anders, oder?«
Großer Gott, ja, Silk war anders, hatte Lace ihm zugestimmt. »Silk ist wie Papa, Mundwerk und Hirn, von morgens bis abends. Sie war sein Liebling und immer um ihn herum. Seit sie fünf war, war sie um ihn herum und hörte ihm zu. Du hast, glaube ich, nie ein Kind gesehen, das so intensiv zuhören kann. Später, so um 1958, sie war da … , ja, da muß sie elf gewesen sein, fing sie dann an zu reden, ich meine, wie eine Erwachsene zu reden. Und das Irrste war, daß alle ihr zuhörten. Sie mußten einfach, weil sie so gescheit war und das, was sie sagte, Hand und Fuß hatte.«
Piers hatte verständnisvoll genickt. »Leben in der Bombenlegerschule«, hatte er gesagt.
Lace Armitage erwachte an jenem Donnerstag morgen um elf, wie sie immer erwachte, schnell und sofort hellwach, und Randall saß da, wo er um diese Zeit fast immer saß, im cremefarbenen Sessel nahe am Fenster, das nach Süden und Westen gegen Little Point Dume blickte. Sie lächelte ihn an.
»Bist du schon lange da?«
»Noch nicht lange, nein.« Er stand auf und brachte ihr eine frisch gefüllte Tasse Kaffee ans Bett. Sie stopfte sich die Kissen in den Rücken und nahm ihm mit einem charmanten Lächeln die Tasse ab. »Das war zwar nicht nötig, aber es freut mich, danke.«
»War es heute nacht wieder spät?« sagte er.
»Du meinst, als ich eingeschlafen bin?«
Piers nickte.
»Fast fünf, glaube ich. Es wurde schon hell draußen.«
»Du solltest die neuen ausprobieren, die er dir gegeben hat.«
»Keine Pillen«, sagte sie.
»Aber er schwört, sie machen nicht süchtig.«
»Keine Pillen«, sagte sie wieder. »Wenn wir die Sache mit Silk geschafft haben, schlafe ich so fest wie früher.« Sie nahm einen Schluck Kaffee und blickte ihren Mann an. »Heute ist Donnerstag?«
Piers nickte. »Der Anruf kam gegen neun. Diesmal eine Männerstimme.«
»Und wie viel diesmal?«
»Wie üblich, eintausend.«
»Und wie hat er sich gemeldet?«
»Kalliope, die gefleckte. Ist das in Ordnung?«
Lace lächelte. »Das war ein Kätzchen, das Silk gehörte. Ein geflecktes Kätzchen, aus dem eine Katze wurde. Sie nannte sie Kalliope. Hat Kun das Geld abgeliefert?« Kun war Kun Oh Lim, der koreanische Leibwächter-Chauffeur.
Piers nickte.
»Und wo?«
»Irgendwo drüben in Gardena.«
»Sie wechselt die Wohnung.«
»Vielleicht auch nicht«, sagte Piers. »Vielleicht wechselt sie nur den Treffpunkt.«
Lace runzelte die Stirn und kaute an ihrer Unterlippe. »Seit wann geht das nun schon so? Zwei Monate?«
»In etwa.«
»Herrgott, ich möchte was tun, Randall.«
»Silk hat die Spielregeln festgelegt.«
»Wenn ich bloß mit ihr reden könnte.«
»Sie will nicht, daß du mit hineingezogen wirst.«
»Bin ich doch schon. Schließlich bin ich ihre Schwester, verdammt.«
»Die Privatdetektive, die ich engagiert hatte, erinnerst du dich? Sie waren ihr dicht auf den Fersen, aber als Silk es merkte, hat sie gesagt, ich solle sie zurückpfeifen.«
»Diese Arschlöcher. Ich mach ihr keinen Vorwurf. Ich will sie doch nur sehen und mit ihr reden. Vielleicht müßte man die ganze Geschichte anders anpacken.«
Piers seufzte. »Versuche ich ja. Ich habe heute zwei Burschen kennengelernt. Vielleicht wissen die, wie man so etwas anpackt.«
»Wo hast du sie getroffen?«
»Am Strand.«
»Einfach so?«
Piers seufzte wieder und nickte. »Ebsworth überprüft sie. Du lernst sie heute abend kennen. Sie kommen auf einen Drink rüber.«
»Und wie sind sie?«
»Der eine ist groß und dick und Chinese, der andere ist groß und dürr mit Narben auf dem Rücken.«
»Und wo hat er die Narben her?«
»Weiß ich nicht.«
»Und was machen sie?«
»Sie mischen ein bißchen an der Börse mit.«
»Oh toll, wunderbar. Was noch?«
»Weiß ich nicht. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, als hätten sie einen Sinn für riskante Unternehmungen.«
»Wie riskant?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Du hast ihnen nichts über Silk
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