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Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle

Titel: Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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blickte zu ihm hoch und dachte: Der hat ja ’nen Kopf wie ’ne Erbse. Da hat er sich all die Muskeln wachsen lassen, aber am Kopf ist nichts mitgewachsen. Der sieht wie ein beschissener Freak aus, entschied McBride und fand Trost bei diesem Gedanken.
    Icky Norris war auch aufgestanden und baute sich neben Egidio auf. Auch er trug ein T-Shirt. Er streckte und reckte sich und gähnte und ließ dabei die Muskeln spielen, und McBride sah zu, wie er zur Bar hinüberschielte, um herauszufinden, ob er Bewunderer hatte. Aber er hatte keine. McBride sah den Anflug von Enttäuschung auf seinem Gesicht. Noch ein beschissener Freak, dachte er.
    Icky Norris drehte sich dann noch mal zu McBride hin und lehnte sich, gestützt auf seine enormen, kompakten Unterarme, über den Tisch. Er beugte sich so weit vor, daß McBride seinen Atem riechen konnte – er roch nach Zimt. Der Schwarze ließ für McBride noch mal die Muskeln auf seinen Unterarmen rollen und springen. »Samstag, Mann«, sagte er. »Samstag mittag, wenn du kein Schlackerbein willst.«
    »Yeah«, sagte McBride, »Samstag mittag.«

Vier
    Weil sie für ihr Leben gern schöne Dinge betrachtete und anfaßte, aber wußte, daß sie immer zu arm sein würde, um sie zu besitzen, hatte Ophelia Armitage mit sanfter Wehmut ihren drei Töchtern die Namen von einigen Dingen gegeben, die sie am meisten liebte: Elfenbein, Spitze und Seide – Ivory, Lace und Silk.
    Anfang 1963 waren die Armitage-Schwestern Ivory, Lace und Silk die heißeste Folksonggruppe in den Vereinigten Staaten und England. Aber Heiligabend im gleichen Jahr fand man Ophelia Armitage tot und allein in ihrem winzigen Häuschen nahe der Black Mountain Folk School in den Arkansas Ozarks. Sie war an einem Schlaganfall gestorben. Die Nachbarn, die nach ihr gesehen hatten, entdeckten ein Zimmer im Haus, in dem sich feinste Seide, kostbare Spitze und seltene Elfenbeinschnitzereien stapelten.
    Die Nachbarn fanden auch, gut unterm Bett versteckt, eine Kaffeedose mit 19 439 Dollar in bar. So konnte man sagen, daß Ophelia Armitage wenigstens nicht arm gestorben war, und fast jeder fand, daß die Töchter geradezu rührend für ihre Mama gesorgt hatten.
    Ivory, die älteste Schwester, war inzwischen auch tot. Sie war 1970 so allein wie ihre Mutter gestorben, und genau wie die Mutter Heiligabend, aber in einem Hotelzimmer in Miami Beach – nach einer Überdosis Heroin, das sie von einem grinsenden kubanischen Hotelpagen gekauft hatte.
    Die Gruppe der drei Schwestern hatte sich schon Mitte 1970 aufgelöst, fast, aber noch nicht ganz, auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs. Ein halbes Jahr später war Ivory tot, und Lace hatte ihren ersten Film gedreht. Es war eine kleine, eher läppische Rolle gewesen, aber sie hatte eine ausgesprochen kernige Szene des Films mit so viel Charme und Geschmack bewältigt, daß sie eine Oskarnominierung für die beste weibliche Nebenrolle erhielt.
    Sie bekam nicht den Preis, aber ständig größere Rollen. 1973, als sie Randall Piers heiratete, war sie eine von zwei Schauspielerinnen weltweit, mit denen man Geld verdiente. Die andere war eine Elfjährige mit einem schmutzigen Mundwerk, die außerdem wie ein Kaninchen mit der Nase zucken konnte.
    Lace, die Zweitälteste, galt immer als die schönste der drei Schwestern, obwohl es für manche strittig war, denn alle drei Schwestern waren bildschön, selbst Silk, die erst sechzehn war, als sie 1963 ihre erste Million beisammen hatte.
    Es war dann ausgerechnet Silk mit ihren ganzen sechzehn Jahren, die von den dreien am besten mit dem plötzlichen Ruhm und dem ganz großen Geld fertig wurde. Das kommt bestimmt daher, daß sie ganz nach Papa geschlagen ist, dachte Lace Armitage manchmal. Geld hatte auch Papa kein bißchen interessiert. Das einzige, was den selbsternannten Reverend Jupiter Armitage interessiert hatte, war die zu erwartende friedliche sozialistische Revolution, mit der er fürs nächste Jahr, spätestens das übernächste, rechnete. Reverend Jupiter Armitage hatte schon Ende November 1960 für immer die Augen geschlossen, arm wie eine Kirchenmaus, aber zutiefst überzeugt, daß John F. Kennedy den Amtseid mit einem sozialistischen Programm in der Gesäßtasche leisten werde.
    »Wenn ich an unsere Kindheit zurückdenke«, hatte Lace einmal ihrem Mann erzählt, »kommt es mir vor, als wären wir neben Krautsalat und Erbsen mit Politik großgezogen worden. Und natürlich mit Maisbrot, mit viel Maisbrot. Ivory interessierte sich nicht für

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