Wu & Durant 01 - Umweg zur Hölle
kennengelernt.«
»Wollte er nur mal hereinsehen?«
Wu dachte einen Augenblick lang darüber nach. »Er hat sich mit uns unterhalten. Über Hollywood. Er war ein Filmfan.«
»Über sonst nichts?«
Wu schüttelte den Kopf. »Sie hatten uns im Sack. Jedenfalls wegen der Schmuggelei. Sie hätten uns auch wegen der andern Sachen drangekriegt, nur wurde Jonckheer mit einer Kugel im Rücken tot aufgefunden. Danach gab es in der Richtung nichts mehr zu beweisen.«
»Das war ungefähr die Zeit, zu der unser Mr. Simms wieder die Szene betrat.«
»Richtig«, sagte Durant.
Es herrschte neuerlich Schweigen. James starrte blicklos auf den Frühstückstisch und brütete vor sich hin. Irgendwann sah er hoch und sagte: »Natürlich hat Simms ihn erschossen, Jonckheer, meine ich. Und dann hat er mit Sukarno ein Geschäft gemacht, um Sie frei zu bekommen. Teurer Handel, möchte ich hinzufügen.«
»Geld?« sagte Wu.
»Nein, nicht Geld.«
Wieder herrschte Stille, bis James sagte: »Nach Indonesien folgte Tahiti, nicht wahr, und Simms ließ seine Beziehungen zu den Franzosen spielen und besorgte Ihnen die Lizenz und all das. Als Honorar sozusagen, richtig?«
»Richtig«, sagte Durant.
»Andernfalls wären Sie an die Öffentlichkeit gegangen?«
Das Lächeln, das Wu um seine kalte Zigarre herumbaute, war alles andere als angenehm. »Wir ließen es ihm gegenüber durchblicken, beiläufig, vielleicht ein-, zweimal.«
»Und? Hätten Sie es wirklich getan?«
Wu zuckte mit den Achseln. »Vielleicht. Aber wahrscheinlich nicht.«
»Aber er hielt Sie immer noch an der Leine?«
Durant beugte sich vor, lehnte die Ellenbogen auf den Tisch und fixierte James. »Damit wir uns recht verstehen, Whittaker. Uns hat noch nie jemand an der Leine gehabt. Wir waren immer nur Melonenpflücker – Saisonarbeiter, Aushilfskräfte. Wir sind in die Sache reingeraten, weil man uns erpreßt hat, und später haben wir mitgespielt, weil es manchmal ganz nützlich war, nicht sehr, übrigens. Und schließlich, als es aufs Ende zusteuerte, haben wir das, was wir gemacht haben, für Geld gemacht und für nichts anderes. Als Spione, wenn wir es denn je waren, sind Artie und ich ziemliche Versager gewesen.«
Wu grinste wieder um seine Zigarre herum. »In Papeete pflegte jeder zu mir zu sagen, ich sähe aus wie ein Spion. Zum Teufel, es war gut fürs Geschäft.«
»Und nach Papeete?«
Wu brachte mit seinen schweren Schultern eine Art Achselzucken zustande. »Wir waren wieder eine Zeitlang um den Pazifik herum unterwegs, dann gingen wir nach Bangkok.«
»Er war auch da, oder? In Bangkok. Simms.«
»Yeah, ein paarmal, auf der Durchreise.«
James sah aus, als wollte er diesen Punkt weiterverfolgen, entschied sich aber dann offensichtlich anders. »Von Bangkok kehrten Sie in die Staaten zurück und landeten schließlich in Key West. Das muß 1969 gewesen sein, richtig?«
»Ungefähr, ja«, sagte Durant.
»Und wer hat dort den Kontakt mit Ihnen aufgenommen?«
»Er hat jemanden geschickt«, sagte Wu.
»Wen?«
»Einen von Ihren alten Kumpeln aus OSS-Zeiten. Simms’ graue Eminenz. Der Franzose.«
»Lopinot?«
Wu nickte. »Eben der. Der personifizierte schlaue Fuchs. Wie alt war er damals?« fragte er Durant.
»Dreiundfünfzig, vierundfünfzig vielleicht.«
»Und Lopinot machte Ihnen das Angebot.«
»Richtig«, sagte Durant.
»Erzählen Sie.«
Durant lehnte sich wieder im Stuhl zurück und musterte James verwundert: »Sie wissen doch alles.«
»Ich möchte, daß wir rekapitulieren.«
Durant rieb sich die Nase und seufzte. »Okay. Er und Lopinot hatten sich zusammengetan, und die Agency hatte sie mit weiß der Himmel wie viel Geld nach Kambodscha reingeschickt. Sie etablierten ihr eigenes Hoheitsgebiet und ließen durch Mundpropaganda verbreiten, daß sie Söldner suchten. Mit Erfolg. Sie kamen aus allen Ecken der Welt: Deutsche, Südafrikaner, Exfremdenlegionäre, ein Kübel Abschaum aus dem Kongo, Veteranen aus Biafra, ein paar Engländer, sogar ein paar Amerikaner. Ihr Job war, den – wie nannten sie das noch – Einfall nach Kambodscha zu erleichtern. Das Problem war der Nachschub. Lopinot bot uns den Job an.«
»Und Sie akzeptierten«, sagte James und ließ es eher nach einem Vorwurf als nach einer Frage klingen.
»Richtig«, sagte Wu, »wir akzeptierten.«
»Wegen des Geldes, natürlich.«
Wu nickte. »Der Job machte sich reichlich bezahlt.«
»Also machten Sie wieder einen Laden in Bangkok auf.«
»Wir hatten ein Kontor und ein
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