Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
Versuchs. Mir würde es schon helfen, wenn Sie mir erzählen würden, was zwischen Ihnen und Boy Howdy vorgefallen ist. Ich meine, was hat Boy getan, daß Sie ihn umbringen mußten?«
Carmen Espiritu drückte ihre Zigarette aus und erhob sich. »Sie sollten dieses Weib Blue fragen.«
»Sie meinen, die weiß es?«
Carmen Espiritu zuckte die Achseln. »Sind Sie ihr Liebhaber?«
Durant lächelte und schüttelte den Kopf. Langsam ging sie zu der Stelle hinüber, wo er immer noch an der Wand lehnte. »Nur gute Freunde?« sagte sie.
»Nicht einmal das.«
Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und drängte sich an ihn. »Ich habe seit Monaten keinen Liebhaber gehabt«, sagte sie und zeigte ihre Frustration mit kleinen, rhythmischen Stößen ihres Beckens.
Dann küßte Durant sie. Er küßte sie aus Neugier und weil er eigentlich kaum eine andere Wahl hatte. Es war ein langer Kuß mit viel Lippenknabbern, Zähneklicken und jeder Menge Zungenspiel. Durant hatte den Eindruck, daß sie es genoß. Er tat es definitiv. Als es vorüber war, sagte er: »Laß mich das Licht ausmachen.«
»Ich mag’s, wenn es an ist«, hauchte Carmen Espiritu, während sie ihn sanft zum nächsten Bett zog.
»Mir zum Gefallen«, sagte Durant und ging zur Tür. Mit der linken Hand schaltete er das Licht aus, und das Zimmer versank in Dunkelheit. Seine rechte Hand zog den fünfschüssigen Smith & Wesson-Revolver, den Vaughn Crouch beschafft hatte, aus der rechten Gesäßtasche. Mit der linken Hand öffnete er die Tür.
Davor standen zwei Filipinos, der eine groß, der andere klein. Der Große, der Georgia Blue bewußtlos geschlagen hatte, hielt in der rechten Hand einen Hotelzimmerschlüssel. Die rechte Hand seines kleinen Partners zuckte zu den Hemdschößen, unter denen etwas in seinem Hosenbund steckte. Durant ließ den Revolver auf die zuckende Hand hinabsausen. Der Mann schnappte nach Luft und riß die Hand an den Mund, wo er sie küßte und vorsichtig rieb.
»Sie wollte gerade gehen«, sagte Durant. »Nicht wahr, Carmen?« Durant trat beiseite und stellte sich parallel zur offenen Tür, wobei er weder den Blick noch den Revolver von den beiden Männern nahm. Carmen Espiritu blieb vor ihm stehen. Er schaute sie nicht an, als sie sagte: »Du begreifst noch immer nichts, oder?«
»Was denn zum Beispiel?« sagte Durant, während er weiter die beiden Filipinos im Auge behielt.
»Daß ich gewinne, ganz gleich, was passiert.«
Nachdem Carmen Espiritu und ihre beiden Begleiter gegangen waren, schloß Durant die Tür, verriegelte sie und legte die Kette vor. Dann trat er ans Telefon, nahm den Hörer ab und rief in Artie Wus Zimmer an.
Als Wu sich meldete, sagte Durant: »Ich habe gerade von Otherguy gehört. Gewissermaßen.«
»Indirekt, wenn ich dich richtig verstehe.«
»Den direkten Weg wählt er höchst selten.«
»Und, ist er noch in der Spur oder nicht?« fragte Wu.
»Sagen wir mal so, Artie: Otherguy ist entweder voll in der Spur oder völlig entgleist.«
35
Im Morgengrauen erhob sich Booth Stallings nackt vom Feldbett im kleinsten Raum der großen Nipa-Hütte und stieg in seine frisch gewaschene und gebügelte Kleidung. Am Abend zuvor hatte Minnie Espiritu – fast ohne Gewalt – sein Hemd, die Hose, Socken und Shorts konfisziert.
»Sie stinken«, hatte sie gesagt, »also ziehen Sie sie aus und geben Sie sie her.«
Nachdem Stallings Hemd, Hose und Socken abgelegt hatte, sagte sie: »Die Shorts auch.«
Sein Zögern hatte sie mit einem Grinsen quittiert. »Alte Knaben hauen mich nicht vom Sockel. Das sagt man doch noch bei euch – vom Sockel hauen?«
»Ich glaube nicht«, hatte Stallings gesagt und ihr seine Shorts übergeben. Nachdem sie seinem nackten Körper einen unverhohlen neugierigen Blick geschenkt hatte, hatte Minnie Espiritu gesagt: »Nicht schlecht. Wenn man bedenkt.«
Stallings betrat den Hauptraum der Nipa-Hütte und fand dort Alejandro Espiritu an dem groben Holztisch bei einer Tasse Tee. Er lächelte Stallings an. »Was würdest du zu einem Spaziergang vor dem Frühstück sagen?«
»Was sollte ich dazu sagen?«
»›In Ordnung‹ würde mir reichen. Oder auch ›gehen wir‹.«
»In Ordnung«, sagte Stallings. »Gehen wir.«
»Du könntest das hier mitnehmen«, sagte Espiritu und deutete auf eine Plastiktüte, die in der Nähe auf einem Stuhl lag.
»Was ist da drin?«
»Nahrungsmittel«, sagte Espiritu mit einem Lächeln. »Und ich glaube, ich habe dieses Wort gerade tatsächlich zum
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