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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Vielleicht drei.«
    Stallings benutzte sein bereits durchnäßtes Taschentuch, um sich den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. »Okay«, sagte er. »Gehen wir.«
    Sie brauchten weitere dreiundzwanzig Minuten, um ihren Haltepunkt zu erreichen, der genau unterhalb eines kahlen Felsgrats lag. Der Ziegenpfad, dem sie gefolgt waren, weitete sich plötzlich zu einem steilen, zerfurchten Weg, der sich an die felsige Flanke des Grats schmiegte.
    »Hier halten wir«, sagte Espiritu.
    Stallings schaute sich um, und was er sah, gefiel ihm nicht. »Hättest du nicht was Schattiges aussuchen können?«
    »Ich habe was Besseres als Schatten ausgesucht«, sagte Espiritu mit einem Grinsen, das ihn, wie Stallings fand, zehn Jahre jünger machte. »Ich habe mich für einen Ort mit Klimaanlage entschieden.« Espiritu gestikulierte. »Schau dich mal um!«
    Stallings schaute sich um, entdeckte nichts von Interesse und schüttelte den Kopf.
    »Du bist nicht nur schlapp, Booth, sondern hast auch deinen Blick verloren, und dein Gedächtnis ist in lausiger Verfassung. Du bist schon mal hier gewesen, weißt du.«
    Stallings schaute sich erneut um, aber seine Miene zeigte kein Wiedererkennen. »Ich geb’s auf.«
    »Krebsfleisch«, sagte Espiritu.
    Da fiel es Stallings wieder ein, nicht schlagartig, sondern in undeutlichen Bruchstücken und Einzelteilen. Es war, als versuche er sich an einen verschwommenen Traum zu erinnern. Er blickte hoch, suchte mit den Augen sorgfältig die Felswand ab, und dann sah er es – ein schwarzes, unregelmäßiges Loch von der Größe eines Autoreifens.
    »Damals war es größer«, sagte er. »Himmel, es war zehnmal so groß.«
    »Wir haben den Eingang aufgefüllt«, sagte Espiritu. »Komm schon.«
    Der kleinere Mann kletterte den Felshang hinauf, als steige er eine Treppe hoch. Stallings folgte ihm langsam, achtete auf lose Steine und Felsbrocken. Er sah, wie Espiritu sich duckte und in dem schwarzen Loch verschwand. Stallings vergewisserte sich, daß sein M-16 entsichert war, stellte die Waffe auf Schnellfeuer um und folgte Espiritu in die Höhle.
    Sie war fast, wie er sie in Erinnerung hatte, diese Höhle, die von japanischen Pionieren in den festen, metamorphen Fels gesprengt und als Lebensmittellager verwendet worden war. Die Decke hatte die Form einer unregelmäßigen Kuppel. Der Boden stieg zum hinteren Ende hin an. Die Höhle war etwa fünf Meter breit, drei Meter hoch und zwölf Meter tief. Das Eingangsloch tauchte sie in immerwährendes Zwielicht.
    Als er die Höhle betrat, sah Stallings Espiritu neben einem großen Pappkarton kauern. Er nahm zwei Plastikflaschen heraus. »Wasser«, sagte Espiritu, langte wieder in den Karton und förderte diesmal einen Revolver zutage. Er lächelte Stallings an. »Jetzt haben wir beide was zum Schießen«, sagte er, steckte sich den Revolver in den Gürtel und ließ das Hemd darüberfallen.
    Stallings stellte fest, daß es in der Höhle mindestens acht Grad kühler sein mußte als draußen. Er reichte Espiritu die Einkaufstüte, sagte: »Du kannst dich ums Mittagessen kümmern«, und setzte sich hin, mit dem Rücken an die Höhlenwand gelehnt. Das M-16 auf seinem Schoß zeigte in Espiritus Richtung.
    Espiritu entnahm der Einkaufstüte in Zeitungspapier gewickelte Essenspakete. Einige hatten Fettflecken. »Wie viele haben wir hier drin umgebracht, Booth?« fragte er, während er einen Klumpen kalten Reis auswickelte. »Sechs? Sieben?«
    »Sieben.«
    »Mit einer einzigen Handgranate. Phantastisch.« Er sah Stallings an. »Und dann hast du ihr Krebsfleisch gegessen.« Espiritu lachte in sich hinein. »Das gab’s kistenweise, erinnerst du dich? Und du hast sieben oder acht Dosen vertilgt.«
    »Die Klatschmohnsorte«, sagte Stallings.
    »Was?«
    »Auf den Dosen war eine orangefarbene Mohnblüte.«
    »Ich habe mich geirrt. Dein Gedächtnis ist hervorragend.«
    »Selektiv«, sagte Stallings. »Ich erinnere mich meistens an das Unwesentliche. Die Nummer meines Spinds im Umkleideraum der siebten Klasse zum Beispiel. Zwei-zwölf. Die Kombination vom Schloß. Zehn rechts, fünfundzwanzig links, zehn rechts.«
    »Bemerkenswert«, murmelte Espiritu, während er das letzte Päckchen auswickelte. Mit einer knappen Geste deutete er auf das Essen.
    »So. Der perfekte Lunch. Reis, Fisch und Obst.« Er lächelte. »Du hast doch nicht vergessen, wie man mit den Fingern ißt, oder?«
    »Nein«, sagte Stallings, beugte sich vor und nahm eine Handvoll kalten Reis. »Nachdem ich das ganze

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