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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Stallings.
    Sie hörten das unverkennbare Dieselgeräusch eines Jeepneys, lange bevor sich dieser um die Wegbiegung schob und anhielt. Fünf bewaffnete Männer kletterten heraus. Stallings identifizierte sie als fünf der jungen Wachen, die rund um das Espiritu-Gelände postiert gewesen waren.
    Minnie Espiritu kam als letzte aus dem Jeepney. Sie stieg langsam hinten aus, bekleidet mit den roten Hosen und einem schwarzen Baumwoll-Sweater. In der rechten Hand hielt sie eine Maschinenpistole – eine Ingram, erkannte Stallings und fragte sich, woher sie die wohl hatte. Sie nickte Stallings zu, bedachte Overby mit einem säuerlichen Blick und ging zu der Stelle, wo ihr toter Bruder lag.
    Sie starrte etliche Sekunden lang auf ihn hinab, bevor sie Stallings und Overby anblickte. »Wer von euch hat ihn umgebracht?«
    Als keiner antwortete, sagte sie: »Wer immer das war, hat mir den Ärger erspart.« Sie schaute wieder auf Espiritu. »Wir haben Carmen in dieser albernen Höhle von ihm gefunden. Hat er sie umgebracht?«
    »Ja«, sagte Stallings.
    »War ja klar.« Sie seufzte schwer auf. »Auch den Jungen, Orestes?«
    »Ihn auch.«
    Sie schüttelte den Kopf, als könne sie es nicht glauben. »Der Junge war mein Sohn. Könnt ihr euch das vorstellen? Daß Alejandro seinen eigenen Neffen umbringt?« Sie wandte sich wieder den beiden Männern zu. »Ja, ich glaube, ihr könnt euch das vorstellen.«
    Wieder seufzte sie auf, diesmal noch schwerer als zuvor, und sagte: »Er ist nach und nach so schlecht geworden, wißt ihr? Nicht auf einmal.« Sie sah Overby an. »Glauben Sie, er hatte vielleicht einen Gehirntumor oder so was?«
    »Kann ich nicht beurteilen«, erwiderte Overby.
    Minnie Espiritu deutete auf das M-16, das noch immer über Stallings rechter Schulter hing. »Gehört das Orestes?«
    Er nickte.
    »Ich nehme das, es sei denn, Sie wollen uns bei der Revolution helfen.«
    »Nein, danke«, sagte Stallings, nahm das Gewehr ab und reichte es ihr. Sie gab es einem der jungen Wachposten und sagte etwas auf Cebuano. Die fünf jungen Männer machten kehrt und gingen auf den Jeepney zu.
    Minnie schenkte ihrem toten Bruder einen langen Blick, nickte Stallings und Overby zum Abschied zu und folgte den jungen Wachen. Auf Stallings’ Frage hin drehte sie sich noch einmal um. »Was wollen Sie mit Al machen, Minnie?«
    Sie bedachte ihren Bruder mit einem kurzen Abschiedsblick. »Bis Mittag haben ihn die wilden Schweine gefressen«, sagte sie, wandte sich ab und schlenderte zum Jeepney. Nachdem sie hinten eingestiegen war, holperte der Jeepney den steinigen Weg hinab.
    Otherguy Overby, pedantisch wie immer, sagte: »Hier oben gibt es gar keine wilden Schweine.«
    »Also?«
    »Sagen sie das also immer, wenn sie nicht sagen wollen: ›Wen, zum Teufel, kümmert das?«‹
    »Woher soll ich das wissen?« sagte Booth Stallings.

37
    Es war am selben Morgen um 10.29 Uhr und bereits glühend heiß, als Artie Wu der Weg ausging. Er war mit dem gemieteten Avis-Transporter so nahe wie möglich an Punkt B auf Booth Stallings’ Karte gefahren, aber noch immer waren sie etwa vier Kilometer davon entfernt. Die Bergstraße, der Wu von Cebu City aus gefolgt war, war vor zwei Kilometern in einen zerfurchten Pfad übergegangen. Er hielt den Transporter an, als der Pfad sich plötzlich zu einer Spur verengte, gerade breit genug für zwei kleine Ziegen oder einen mittelgroßen Mann.
    Er wandte sich an Georgia Blue, die neben ihm saß und die grobe Karte studierte. »Ist es hier?« fragte Wu.
    Sie nickte. »Hier ist es.«
    Ohne den Kopf zu drehen, sprach Wu Durant an, der im sitzlosen Heck des Transporters auf dem Boden hockte. »Was meinst du, Quincy?«
    »Ich meine, wir sollten was essen.«
    »Ich meine, du hast recht.«
     
    Nachdem sie ihre Lunchpakete aus dem Magellan-Hotel verzehrt hatten, langte Artie Wu in den Pappkarton, den Durant an diesem Morgen in den Transporter geladen hatte, und entnahm ihm ein zehn Zentimeter dickes Bündel philippinischer 50-Peso-Noten, das von einem Gummiband zusammengehalten wurde. Außerdem zog er eine 35-mm-Minolta-Kamera heraus.
    »Hier«, sagte Wu und reichte die Kamera Georgia Blue, die sie kurz inspizierte, bevor sie sie in ihrer Umhängetasche verstaute. Wu teilte das Bündel 50-Peso-Noten in annähernd gleiche Hälften und reichte die eine Durant, der das Geld zusammenfaltete und in eine Gesäßtasche schob, wo es eine unübersehbare Ausbuchtung bildete. Wu steckte seine nicht zusammengefaltete Hälfte in die rechte

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