Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
in Zivil verfrachteten den noch immer mit Handschellen gefesselten Durant auf den Vordersitz eines schwarzen Nissan Maxima und warteten, bis Lieutenant Cruz sich ans Steuer gesetzt hatte. Dann tauchten die Männer in einer kleinen Ansammlung Flughafengaffer unter, die aus nächster Nähe hatten sehen wollen, ob Durant etwas Schreckliches zustoßen würde.
Lieutenant Cruz setzte den Maxima der Parklücke zurück, die einem gestanzten Schild zufolge für den stellvertretenden Flughafenleiter reserviert war. Keiner der beiden Männer sprach, bis sie den Flughafen hinter sich gelassen hatten und auf die EDSA einbogen.
Da erst sagte Lieutenant Cruz: »Ich glaube, ich werde Sie des Mordes an Ihrer Freundin Emily Cariaga anklagen.«
»Ich stelle fest, daß dies nicht der Weg zum Polizeihauptquartier ist«, sagte Durant.
»Ich könnte eine wasserdichte Anklage gegen Sie konstruieren – Gelegenheit, Motiv, all das.«
»Ein Verbrechen aus Leidenschaft, wie?«
»Was sonst?«
»Sie können die Handschellen jetzt abnehmen.«
»Später«, sagte Cruz, und mit Ausnahme des Lärms seiner Hupe, die er, ob nötig oder nicht, alle vier Sekunden betätigte, war es still im Wagen. »Ich weiß, wer sie umgebracht hat«, sagte Lieutenant Cruz, nachdem sie schweigend vier Häuserblocks weit gefahren waren.
»Ich auch.«
Lieutenant Cruz warf Durant einen schnellen Blick zu und achtete dann wieder auf den Verkehr, der, wie er entschied, eine weitere Beschallung mit seiner Hupe vertragen konnte. »Wie lange wissen Sie das schon?«
»Seit Tagen.«
»Und Sie sind damit nicht rausgerückt.«
»Ich war beschäftigt.«
»Unten in Cebu.«
»Ja.«
»Eine Vergnügungsreise?«
»Rein geschäftlich.«
Das folgende Schweigen währte diesmal fünf Häuserblocks, bis Lieutenant Cruz sagte: »Ich weiß, wer sie getötet hat, aber ich kann’s nicht beweisen.«
»Womöglich kann ich es«, sagte Durant, »aber ich muß es auf meine Weise machen.«
»Das würde uns vor ein paar heikle Probleme stellen.«
»Nicht so heikel wie das, was Sie schon haben.«
»Ich werde darüber nachdenken«, sagte Lieutenant Cruz.
»Sie haben Zeit bis morgen früh um acht.«
»Was passiert dann?«
»Ich fliege nach Hongkong.«
Lieutenant Cruz sagte nichts. Statt dessen bog er von der EDSA in die Ayala Avenue ab, die in das Herz des Bankenviertels von Manila führte. Die Ayala Avenue hinunter war Mrs. Aquinos Anhängerschaft aus Hochfinanz und Mittelklasse immer paradiert.
Lieutenant Cruz fuhr am Ritz Tower zur Rechten und am Kaufhaus Rustan zur Linken vorbei. Nachdem er die Fonda Street und das Rizal Theatre hinter sich gelassen und die Makati Avenue überquert hatte, sagte Durant: »Da hinten ist mein Hotel, das Peninsula.«
»Ich weiß«, sagte Lieutenant Cruz, aber er fuhr mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, bis er das Associated Bank Building erreichte, wo er anhielt. Ein Mann um die Dreißig, der ein Hawaii-Hemd trug, öffnete wortlos Cruz’ Tür. Das Hemd bedeckte die Pistole, verbarg aber nicht deren Ausbuchtung an der rechten Hüfte des Mannes. Nachdem Lieutenant Cruz aus dem Wagen gestiegen war, schlüpfte der Mann hinter das Steuer.
Durant stand jetzt auf dem Gehsteig und starrte an dem Gebäude hoch, als Lieutenant Cruz sich zu ihm gesellte. »Eine Bank«, sagte Durant.
»Eine Bank«, bestätigte Lieutenant Cruz und bedeutete ihm mit einem Nicken, ihn hineinzubegleiten, wo sie den Aufzug ins fünfte Stockwerk nahmen, einen langen Flur entlanggingen, dann durch eine Tür, an der kein Namensschild angebracht war, und in ein Empfangszimmer traten, in dem es keine Empfangsdame gab. Lieutenant Cruz durchquerte den kleinen Raum und klopfte an eine dunkle massive Tür. Eine Stimme hinter der Tür sagte: »Herein.«
»Das gilt Ihnen«, sagte Lieutenant Cruz.
»Ich fliege trotzdem morgen früh um acht Uhr nach Hongkong.«
»Wir werden uns lange vorher sprechen«, sagte Lieutenant Cruz und nahm Durant die Handschellen ab.
Durant nickte zu der massiven Tür. »Hängt das, was Sie tun, von der Person ab, die da drin ist?«
Ein Augenblick verging, bevor Lieutenant Cruz die Frage mit einem leichten Nicken beantwortete.
Durant drehte sich um, öffnete die Tür und betrat ein großes Büro, dessen Einrichtung aus zwei grauen Metallstühlen bestand. Der eine hatte Armlehnen; der andere nicht. In dem Stuhl ohne Armlehnen saß eine Frau um Mitte Dreißig, die ein dunkelblaues Kleid trug, das aus Seide zu sein schien.
Bevor Durant Gelegenheit
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