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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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wie?«
    Enttäuschung und mehr als nur ein Anflug von Besorgnis ließen Overbys übliche Selbstsicherheit schwinden. »Du meinst, wir lassen das Geld sausen?«
    »Was er meint«, sagte Durant, »ist, wenn wir das Geld verschwinden lassen, kann es nicht dazu benutzt werden, das Land zu ruinieren.«
    Overbys Erleichterung war offensichtlich. »Ja. Richtig.«
    »Ich glaub das hier nicht«, sagte Georgia Blue.
    Overby schaute sie an. »Warum nicht, zum Teufel?«
    »Weil Bockmist auch bei Mondschein stinkt. Wohltäter klauen keine fünf Millionen Dollar. Diebe ja. Abstauber wie wir, Otherguy. Wenn den beiden da nach Romantik ist, schön. Ich nehm die Kohle.«
    »Was ist so falsch daran, ein bißchen was Gutes zu tun, wo wir schon mal dabei sind?« fragte Overby.
    Georgia Blue seufzte. »Weil bei so was nie Geld rausspringt.«

15
    Am folgenden Morgen um 7.15 Uhr kam Booth Stallings aus der Kaffeestube des Manila-Hotels, wo er zu den ersten Gästen gehört hatte, und schlenderte in die Lobby. Er warf die drei etwas schrillen Zeitungen aus Manila, die seine Frühstückslektüre gewesen waren, in einen Papierkorb und beobachtete ein Nachrichtenteam von ABC-TV, das sich mit dem Problem plagte, wie man die gesamte Ausrüstung im wartenden Van verstauen könnte.
    Stallings fragte sich, hinter welcher Story sie her sein mochten und wie viel Prozent der Zuschauer wohl wußten oder sich darum scherten, daß die Philippinen doch nicht im Nahen Osten, gleich links von Syrien, lagen. Was du meinst, sind die Philisterinseln, Schatz. Vielleicht zehn Prozent, entschied er, erhöhte aber augenblicklich auf zwanzig, um dann, überwiegend aus unbegründetem Optimismus, den Prozentsatz auf dreißig anzuheben.
    Zu wissen, wo ein Land liegt, muß nicht heißen, daß es einen schert, was damit passiert, dachte Stallings, nicht einmal, wenn man einst am Ultimaten Geographiekurs eines Weltkrieges teilgenommen hat. Mit flüchtigem Grinsen dachte er daran, was die Marines über die Karolinen gesagt hatten: Who gives a fuck about Truk?
    Das ABC-Team schleppte die letzte schwarze Kiste hinaus, und Stallings trat an die Rezeption, um nachzufragen, ob eine Nachricht für ihn vorlag. Der Bedienstete wandte sich ab, sah nach und wandte sich ihm mit einem Umschlag wieder zu. Es war ein schlichter weißer Umschlag, der weder billig noch teuer aussah.
    Er war an Stallings adressiert, in einer, wie er erkannte, Filipino-Handschrift, die er für die schönste der Welt hielt. Er wußte aber auch, daß sein Urteil durch die bestechende Ähnlichkeit zahlreicher Filipino-Schönschriften mit der einer gewissen Mary Helen Packer beeinflußt war, die in der vierten, fünften und sechsten Klasse vor ihm gesessen und deren energische, aber elegante Federführung ihr jedes Jahr einen Preis eingebracht hatte.
    Er fragte sich, ob die hohe Qualität der Filipino-Handschriften eine Hinterlassenschaft der spanischen Ordensbrüder war oder, weniger wahrscheinlich, der fünfhundertvierzig amerikanischen Lehrer, die 1901 an Bord der S. S. Thomas nach Manila gereist und Thomasiten genannt worden waren, eine erste Schwadron, die über die Inseln ausgeschwärmt war und sowohl Englisch als auch die Palmer-Schrift in den Provinzen verbreitet hatte. Ihm fiel wieder ein, wie Espiritu einst erwähnt hatte, daß er von einer älteren Thomasitin unterrichtet worden war. Aus Kansas, glaubte Stallings sich zu erinnern.
    Er steuerte auf einen der Sessel in der Lobby zu, setzte sich hin und musterte das Kuvert. Es war in Schönschrift adressiert an Mr. Booth Stallings, Manila-Hotel. In der linken unteren Ecke stand der Vermerk: Persönlich.
    Innen steckte ein einmal gefalteter Bogen feinen weißen Papiers. Die beiden mit schwarzer Tinte darauf geschriebenen Zeilen waren so gerade, daß sie fast wie mit dem Lineal gezogen wirkten. Die Zeilen drückten eher einen Befehl als eine Einladung aus: »Triff mich heute morgen unter meinem Namen auf dem Soldatenfriedhof in Makati.« Der Brief war mit dem Namen Hovey Profette unterzeichnet. Stallings brachte ein schwaches Lächeln zustande, um damit das Schaudern zu unterdrücken, das der Name des toten Sanitäters hatte auslösen sollen.
     
    Der Mann an der Rezeption konnte sich nicht genau erinnern, wer den Brief abgegeben hatte, glaubte allerdings, daß es ein kleiner, halbwegs sauberer Junge gewesen sein könnte, nicht älter als neun oder zehn. Stallings dankte ihm, machte kehrt und ging durch die Türen des Haupteingangs hinaus in die

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