Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
Stock, Artie«, sagte Durant. »Ich möchte ihn vielleicht ein bißchen schlitzen.«
»Wie gesagt«, fuhr Wu fort, »Durant ist ein bißchen geladen. Er und Mrs. Cariaga waren gute Freunde. Sehr gute Freunde.«
Ein obszöner Ausdruck trat in Howdys Augen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, klappte ihn aber schnell wieder zu, als er Durants Gesicht sah.
»Deine dritte Möglichkeit, Boy«, sagte Wu, »besteht darin, mir und Durant zu erzählen, was wirklich passiert ist. Falls es rein geschäftlich war und Ozzie nichts mit Mrs. Cariagas Tod zu tun hatte, dann können wir von da aus weitermachen.« Wu hielt inne. »Du hast ungefähr zehn Sekunden, dich zu entscheiden.«
»Du und Durant, wie lange kennt ihr mich jetzt, Artie?« sagte Boy Howdy.
Wu hob das Kinn von den Händen, die immer noch den Knauf seines Stocks umfaßten. Er lehnte sich zurück, streckte sein linkes Bein aus und tippte nachdenklich mit dem Stockende auf seinen Schuh. »Jahre, Boy. Viel zu lange, wirklich.«
»Und wir haben ’ne ganze Reihe Geschäfte miteinander gemacht – du, Durant, Otherguy und ich. Und wir hatten ab und zu auch unseren Spaß, oder?«
»Ich kann mich an keinen erinnern«, sagte Durant.
Howdy ignorierte ihn. »Also, ich komm da zufällig an ein Geschäft. Das ist alles. Ein Stück Arbeit, nicht mehr. Eine bestimmte Partei braucht einen Abschrecker. Scheint so, als hätte die Dame Cariaga wo rumgeschnüffelt, wo sie’s nicht hätte tun sollen. Aber die Cariaga ist clever genug und weiß, daß sie nicht hätte rausfinden dürfen, was sie rausgefunden hat, und deshalb will sie sich absetzen. Nach Spanien, heißt es. Na ja, die Partei, die den Abschrecker braucht, will sichergehen, daß die Dame Cariaga nicht mauschelt, bevor sie im Flieger sitzt. Also vermiet ich der Partei den alten Ozzie, damit der nichts anderes tut – ich schwör’s euch –, als die Cariaga ein bißchen nervös machen. Und ich schwör bei Gott, daß es von dem Augenblick an, wo er hingekommen ist, genauso war, wie ich gesagt hab. Sie war schon tot. Sie und ihr Wachmann, alle beide. Und das ist die allerreinste Wahrheit!«
»Wer hat deinen Abschrecker ausgeliehen, Boy?« fragte Artie Wu mit sanfter Stimme.
»Warum sagst du mir nicht gleich, ich soll mir die Kehle durchschneiden, Artie?«
»Entweder du tust es selber, oder ich mach’s«, sagte Durant.
Howdy schien plötzlich gelangweilt. Er gähnte und reckte sich sogar. Auf das Recken hin glitt seine rechte Hand wie zufällig zu seinem Hals. Er hatte das Messer schon fast aus der Nackenscheide gezogen, als Artie Wu wie ein riesiger weißer Schatten vorschnellte und den Stock gegen Howdys rechten Ellbogen schmetterte. Er brüllte auf, aber da war Durant schon um den Schreibtisch herum und hielt jetzt das halb gezogene Messer selbst in der rechten Hand.
Durant setzte die Messerspitze direkt unter Howdys Kinn und zwang seinen Kopf hoch. »Raus damit«, sagte Durant.
Boy Howdys halbgeschlossenen Lippen entwich ein schwaches Stöhnen. »Laß gut sein, Durant«, sagte er.
Durant nahm die Messerspitze weg. Howdys Kopf sackte nach unten, er schloß die Augen und sagte: »Ich bin ein toter Mann, wirklich.«
Wu seufzte: »Brings hinter dich, Boy.«
»Es war diese Fotze, die Ozzie gemietet hat, die war’s«, sagte Howdy mit immer noch geschlossenen Augen.
Wu und Durant starrten einander an; beide gelangten gleichzeitig zur selben Schlußfolgerung. »Meinst du das Espiritu-Weib?« sagte Durant. »Carmen Espiritu?«
Howdy öffnete die Augen und stierte zu Durant hoch. »Hör auf, mich zu verscheißern, Durant. Ich kenn keine verdammte Carmen, wer zum Teufel das auch immer sein soll.«
»Boy«, sagte Artie Wu mit sanfter, geduldiger Stimme. »Nenn uns bloß den Namen.«
»Es war diese Killerschlampe von euch, die sich Ozzie gemietet hat«, sagte Howdy. »Georgia Blue. Diese Kuh.« Trotz seiner Schmerzen lächelte er über den zufälligen Reim, und als er den Ausdruck bestürzter Überraschung in Wus und Durants Mienen bemerkte, wurde sein Lächeln noch breiter.
20
Es war 22.33 Uhr am selben Abend, als Georgia Blue im Taxi vor dem Manila-Hotel eintraf. Langsam betrat sie die großzügige Lobby, suchte sie mit geübten Blicken ab, während sie zu den Fahrstühlen ging, die rechte Hand in der Ledertasche vergraben, die sie über der Schulter hängen hatte.
Sie fuhr allein im Aufzug in die vierte Etage. Von dort aus nahm sie die Treppe zum fünften Stock, schlüpfte an dem dösenden
Weitere Kostenlose Bücher