Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Weihnachten!“
Rita Falkenstein
wurde 1964 in Lampertheim geboren und lebt heute mit ihrer Familie im Rheingau. Seit Beginn dieses Jahrtausends schreibt sie Kurzgeschichten für Kinder und Erwachsene. Einige ihrer Texte wurden bereits in verschiedenen Anthologien veröffentlicht
.
Carmen Matthes
Verzauberte Geschenke und magische Flötentöne
Da saß ich nun, alleine und traurig, aber auch etwas wütend über meine Schuldirektorin Frau Waffeleisen, die mir schon wieder verweigert hat, dem Weihnachtsmann helfen und in der Schule Geschenke an meine Mitschüler verteilen zu dürfen. Was? Du glaubst nicht an den Weihnachtsmann? Dann solltest du lesen, was ich an diesem Abend noch erlebt habe.
Ich schmollte auf der Parkbank vor mich hin, bis ich merkte, dass es dunkel wurde. So machte ich mich auf, um mit gesenktem Kopf nach Hause zu trotten. Der Schnee ließ sich sanft auf meiner braunen Mütze nieder und ich stellte den Kragen meiner Jacke hoch. Vielleicht weil es kalt war, vielleicht aber auch, weil ich mich verstecken und nichts mehr wissen wollte.
Plötzlich hellte so etwas wie ein Blitz auf, der Donner jedoch blieb aus. Erschreckt blickte ich auf. Da sah ich ein ovales wässeriges Ding, so groß wie ein elfjähriger Junge, also wie ich.
Nach einigen Minuten des Überlegens fasste ich nicht nur Mut, sondern auch hinein in dieses seifenblasenartige Gebilde. Angenehme Kühle umspülte meine Hand und mein Gefühl sagte mir, ich solle hindurchgehen.
Ich rieb meine Augen, denn ich traute ihnen nicht. Ich stand vor einem weißen Häuschen mit goldenen Verzierungen an der Fassade und ebensolchen Tür- und Fenstergriffen. Gebannt drückte ich die einen Spalt breit geöffnete Tür auf. Mein Herz pochte nicht nur deswegen wild, weil ich bemerkte, dass das Häuschen innen viel geräumiger war, als es von außen aussah. Überall lagen Spielsachen für Kinder jeden Alters herum. Auf einem stillstehenden Förderband saßen Teddys, Puppen und andere Spielzeuge und auf dem Boden wartete ein kunterbuntes Dreirad darauf, gefahren zu werden. Ich erspähte ein Polizei- und ein Feuerwehrauto und noch allerlei mehr.
Auf einmal vernahm ich ein Schluchzen. Da entdeckte ich einen alten Mann auf einem Stuhl neben dem Förderband. Sein schneeweißer Bart ruhte auf seinem dicken Bauch und sein Schnäuzer wippte, als er mich begrüßte.
„Möchtest du mir helfen?“
Irritiert fragte ich: „Wie könnte ich Ihnen helfen und wo bin ich überhaupt?“
„Ich bin der Weihnachtsmann und du bist in meinem Hause, das gleichzeitig meine Werkstatt ist. Die Elfen sind fertig mit den Geschenken, aber ich kann sie nicht ausfahren. Zumindest nicht alle.“ Er erhob den rechten bandagierten Arm. „Ich habe mich verletzt und könnte Hilfe dringend gebrauchen.“
„Aber warum ich?“
Der Weihnachtsmann lächelte großväterlich. „Ich habe beobachtet, wie du dich seit Jahren auf dieser Schule bemühst, mir zu helfen. Nun sollst du deine Gelegenheit bekommen.“
Ich schaute bestimmt so leer, wie mein Gehirn zu diesem Zeitpunkt war. Fassungslos, aber stolz und neugierig zugleich sagte ich zu und ging an diesem Abend dem Weihnachtsmann zur Hand.
Ich begann damit, die herzverzaubernden Spielsachen für die Kinder der ganzen Welt in den Sack zu legen. Ich war erstaunt, wie viel da hineinpasste und der Weihnachtsmann erklärte mir geduldig, dass die Spielzeuge sich so weit verkleinern würden, je mehr ich hineinstopfen würde. Und wenn ich sie herausholte, nahmen sie ihre ursprüngliche Größe an. Während ich fasziniert weiterarbeitete, überlegte ich, welchen Bezirk ich wohl bekommen würde. Doch zuvor klärte der Weihnachtsmann endlich die Frage, die mir schon lange auf dem Herzen lag: Wie schafft er es, in einer einzigen Nacht alle Kinder der Welt zu beschenken?
Der Weihnachtsmann drückte mir eine goldene Taschenuhr in die Hand, auf der ein Weihnachtsmotiv abgebildet war. „Dies ist eine magische Taschenuhr“, erklärte der betagte Mann. „Mit ihr kann ich die Zeit für mich beeinflussen.“ Dann nahm er sie wieder an sich. „Nun zeige ich dir, wie ich durch all die verschiedengroßen Kamine komme.“ Er holte eine Flöte hervor, auf die gerade vier Finger passten, und spielte einhändig ein paar Töne. Ich staunte nicht schlecht, als der sonst hochgewachsene Weihnachtsmann auf einmal so klein wie die Puppe meiner vierjährigen Schwester wurde. Er gab mir eine Flöte, auf der ich diese Töne nachspielte, woraufhin auch ich schrumpfte.
Weitere Kostenlose Bücher