Wünsche (German Edition)
nickte.
»Und der andere ‒« Julian seufzte und schwieg einen Moment. »...nur fast«, beendete er den Satz.
Er ließ mich los und ich legte ihn vorsichtig wieder aufs Bett.
»Welcher Wunsch ist nur fast wahr geworden?«, fragte ich ihn.
»Ich hatte Ihnen doch gesagt, dass ich es nicht verraten werde.«
»Ah, der Wunsch am Teich?«
Julian nickte und lächelte. Ich strich ihm noch einmal durch die Haare.
»Bis morgen«, sagte ich.
»Okay, bis dann«, antwortete der Junge und winkte kurz.
Der andere nur fast. Diese Worte beschäftigten mich den ganzen Abend. Beim Essen mit einem potentiellen Investor war ich gedanklich abwesend und nicht besonders gesprächig. Mehrere Personen am Tisch merkten an, dass ich unaufmerksam war. Ich entschuldigte mich und sagte, dass ich mich nicht wohl fühlte und es mir nicht gut ging.
Auch drei Stunden nachdem ich ins Bett gegangen war, dachte ich nach. Schlaflos wältzte ich mich im Bett und kam nicht zur Ruhe.
Plötzlich traf mich eine Erkenntnis wie ein Blitz aus heiterem Himmel und ich fuhr im Bett hoch. Ich wusste, was sich Julian am Teich gewünscht hatte. Ich Idiot!
Ich schaltete die Lampe ein, die auf meinem Nachttisch stand. Der Wecker verriet mir, dass es mittlerweile 3:14 Uhr war. Ich ging ins Wohnzimmer und zog mein Handy vom Ladekabel ab. Ich brauchte eine Minute, um den Kontakt in meinem Adressbuch zu finden. Dann wählte ich die Nummer.
Kapitel 7
Sebastian Rabe und ich waren schon seit vielen Jahren befreundet. Außerdem war er mein Anwalt. Bei der Scheidung von meiner Frau hatte er hervorragende Arbeit geleistet und ich war zuversichtlich, dass er mir auch in diesem Fall helfen konnte.
Wir saßen zusammen im Wintergarten des Krankenhauses. Julian hatte stärkere Schmerzen als am Vortag und Dr. Hartmann gab ihm etwas, damit er ein bisschen schlafen konnte.
Ich war um kurz nach 10:00 Uhr im Krankenhaus angekommen und Julian war überrascht, mich tatsächlich wiederzusehen.
»Ich hatte dir doch versprochen, dich zu besuchen«, sagte ich.
»Ich dachte, Sie haben nur gesagt, dass Sie wieder kommen, damit ich nicht so traurig bin«, gestand er mir.
Ich sah ihm in die blauen Augen und streichelte ihm über die Wange.
»Ich sage nie etwas, wenn ich es nicht auch ernst meine.«
Sein Lächeln war so breit, dass es wehgetan haben musste.
Am Vormittag hatte ich einen Rollstuhl organisiert und nachdem wir die Erlaubnis von Dr. Hartmann bekommen hatten, nahm ich Julian mit nach draußen. Es war ein warmer und sonniger Tag und die frische Luft schien ihm gut zu tun. Erst nach dem Mittagessen setzten die Schmerzen ein und ich machte mir Vorwürfe, weil es vielleicht doch ein bisschen zu anstrengend für den Jungen war. Dr. Hartmann versicherte mir aber, dass er Julian nie glücklicher gesehen hatte als an diesem Vormittag.
»Ich kann nicht fassen, dass du das wirklich machen willst«, sagte Sebastian unvermittelt und riss mich aus meinen Gedanken.
»Ich weiß«, antwortete ich. »Ich kann es auch noch nicht glauben.«
Mein Handy hatte vibriert, kurz nachdem Julian eingeschlafen war. Sebastian war extra ins Krankenhaus gekommen und sagte, dass wir uns im Wintergarten treffen sollten. Wir saßen nun schon eine halbe Stunde dort und hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt.
»Da kommt er«, sagte er und deutete auf den Aufzug.
Ein älterer Mann stieg gerade aus und schaute sich um. Ich war fasziniert, was Sebastian alles innerhalb weniger Stunden mit nur ein paar Anrufen erreichen konnte. Es war Samstag Nachmittag und ich war mir sicher, dass ein Mann wie Richter Ahrens um diese Uhrzeit ausschließlich auf einem Golfplatz anzutreffen sein würde.
Sebastian winkte kurz in seine Richtung, um auf uns aufmerksam zu machen. Richter Ahrens lächelte und kam zu uns herüber. Er streckte uns die Hand entgegen und wir schüttelten sie.
»Guten Tag, die Herren«, sagte er freundlich.
»Es ist schön, dass Sie kommen konnten«, antwortete Sebastian und wir setzten uns.
Richter Ahrens schaute mich direkt an und kam sofort zum Thema.
»Nach allem, was ich über Sie gelesen habe, sind Sie kein impulsiver Mensch, Herr Engel. Nach unserem ersten Aufeinandertreffen waren Sie mir auch nicht gerade sympathisch. Als mir Herr Rabe von Ihrem Vorhaben erzählt hat, war ich überrascht.«
Wir hatten uns einmal bei einer Veranstaltung getroffen, kurz nach der Scheidung von meiner Ex-Frau. Mir ging alles und jeder auf die Nerven und ich glaube, dass ich an diesem Abend
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