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Wünsche

Wünsche

Titel: Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Kuckart
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aber herrlich gewesen war.
    Als er sich schlafen legte, schaute der den unausgepackten Seesack lange an. Er war jung. Er hielt es noch gut aus, wenn Dinge nicht gleich erledigt waren.
    5.
    An Bord frühstückte Jo nicht mit der Mannschaft. Er war Student und saß bei den Offizieren der Hiroshima . Die Besatzung aus Burma, von der er nur Jamie besser kannte, bekam neben der Küchendurchreiche ein bescheidenes Büffet hingestellt und kriegte mit pappigem Toastbrot im Mund Sehnsucht nach Salat aus fermentiertem Tee, getrockneten Bohnen, Tomaten, Erdnüssen und heimischen Gewürzen. Mit dem Chief Engineer und dem zweiten Engineer, beides Polen, fing Jo morgens sehr früh an zu arbeiten. Gleich nach dem letzten Schluck Kaffee zog er den Blaumann an und verschwand, bis zur ersten Kaffeepause. Die Räume, die sie im Bauch des Schiffes durchkletterten, hatten weniger Fläche als ein Doppelbett und waren nicht höher als eine Kleiderbox für Umzüge. Seine Taschenlampe kratzte an der Dunkelheit und half wenig gegen die Angst, sich dort unten in dem ewigen Schwarz des Schiffsbauchs zu verlieren wie in einem bösen Traum.
    Am Ende der ersten Schicht gab es Mittagessen und jeden Tag eine Suppe vorweg. Ab vier Uhr war frei. Irgendwann kam die Nacht, kam der Juni, dann der Juli.
    In einer solchen Nacht Ende Juli stand Jo mit dem Dritten Offizier auf der Brücke.
    Mit ihm verstand er sich am besten. Sie sprachen Englisch miteinander, auch über die Sachen, die nichts mit Seefahrt zu tun hatten, und der Dritte Offizier drehte einen Joint dazu. Jeder Mensch, sagte er in jener Nacht, sollte längere Zeit an Wasserfällen leben oder in der Nähe eines Vulkans. Er sollte lange Zeit Flüsse betrachten, die schnell fließen, und auch den Horizont, dort, wo Himmel und Meer sich treffen. Er sollte Sterne am Nachthimmel zählen. Ja, jeder Mensch sollte sich wenigstens einmal im Leben vorstellen, wie er ein fast schrottreifes Schiff befehligt, während alle anderen an Bord schlafen. Im Hintergrund donnert irgendwo ein Wasserfall, und wenige Kilometer weiter ist wahrscheinlich ein Lager von Arabern oder Schwarzen, aber nichts wirklich Bedrohliches. Mitten im Strom taucht ab und zu dunkel eine winzige Insel mit dunklen Bäumen auf, und irgendwo in der Ferne glimmt noch ein einsames Licht.
    Das habe ich alles schon mal so geträumt, sagte Jo zum Dritten Offizier. Genau so.
    Und?
    Wenn ich mich an den Traum erinnere, denke ich, dass dies der Ort ist, an dem ich nie war und deswegen immer sein werde.
    Doll, sagte der Dritte Offizier, du verstehst mich. Du bist ein echter Kumpel.
    So standen sie beide eine Weile. Der Dritte Offizier leckte am fertigen Joint. Sie rauchten und rechneten schwerfällig aus, wie viele Runden an Bord die zehn Kilometer ergaben, die sie normalerweise liefen, wenn sie an Land leben würden. Sie rechneten, bis der Kapitän kam und ›Ach, diese Jugend‹ rief.
    Das hätte mir der alte Panton nicht erlaubt, als ich in den Sechzigern Schiffsjunge bei ihm war.
    Ich bin nicht mehr jung, ich bin fünfundzwanzig, sagte der Dritte Offizier, ich hole meine Jugend nur nach.
    Es ist nie zu spät für eine glückliche Jugend, meine Herren, sagte der Kapitän und stellte sich wenige Schritte von ihnen entfernt mit seinem dicken Bauch an die Reling. Er legte den Kopf in den Nacken und schien alles um sich herum bald vergessen zu haben.
    Abends drauf hielt der Dritte Offizier im Lauf des Redens das Bild von einem zärtlichen Küken unter die Bordlampe.
    Meine Verlobte.
    Die Frau musste ungefähr achtzehn sein. Sie hatte ein kleines, weiches Kinn, so dass man ihr nicht gern ins ganze Gesicht schaute, sondern gleich in die Augen, die dunkel und ernst waren wie die des Dritten Offiziers.
    6.
    Mutter und er hatten sich oft gegenseitig ihre Träume erzählt, meistens am Küchentisch. Mit Träumen muss man mutig sein, Jo, hatte sie immer gesagt. So kommt man ihrem Sinn näher. Man soll ihn schätzen, den Traum, aber nicht fürchten. Denn Träume sind, was uns gehört. Ein Traum steht uns näher als alles, was wir sonst tun. Er sagt etwas darüber aus, wie wir in der Welt sind. Ein Traum, den man erzählt, ist ein großes Geschenk für den, dem man ihn erzählt, hatte Mutter gesagt.
    Mutter hieß Conrad mit Nachnamen. Nicht Kreitel, wie Karatsch. Conrad stand auch in Jos Ausweis, Joseph Conrad. Somit hieß er wie sein Großvater und wie der Autor, von dem der Großvater zwei Taschenbücher besessen hatte, obwohl er nie las.
    Jo hatte den

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