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Wünsche

Wünsche

Titel: Wünsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Kuckart
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nie Sean genannt. Nur Kennedy heißt er für sie, wie der Präsident. Komisch eigentlich, dass ihn noch keiner erschossen hat.
    Darüber rede ich nicht mit dir, hat er gesagt, du wohnst hier, also gehörst du zur Familie. Mit der Familie spricht man über so etwas nicht.
    Was ist so was?
    Krieg, sagte er.
    Dass er dort unten Kraftfahrer gewesen ist, dann Späher, dass er schlimme oder ganz schlimme Sachen gesehen hat, dass er bei den Angriffen Staub und Dreck aus den Stellungen fliegen sah und dazwischen auch Körperteile und dass er in solchen Situationen daran gedacht hat, beim Heimkommen entweder ein Architekturstudium anzufangen oder einfach den Rest des Lebens im Garten seiner Oma in Aberdeen unter den alten Apfelbäumen sitzen zu bleiben, hatte Vera vom Kioskbetreiber unten an der Ecke der Bancroft Road erfahren, wo Kennedy manchmal nachts noch Zigaretten holen ging. Den Mann kannte er schon ewig. Bei dem Mann konnte er beichten. Bei ihr hat er nur einmal geschrien, im Schlaf. Sie sucht ihr Knie unter der Wolldecke, umfasst es und drückt zu. Zärtlichkeit oder Wegfahrsperre? 9   :   31 sagt die Uhr neben der Sammlung selbstgemachter Marmeladen mit handgeschriebenen Aufklebern auf dem Hängeschrank. Meret tappt im Morgenmantel durch die Küche, um die Kühlschranktür aufzureißen. Ihre schmalen, nackten Füße sind grau getönt.
    Ekelhaft, sagt sie, als sie in die Wurstdose schaut. Wer hat die denn gekauft? Ich mag keine Fleischwurst, und schau dir die hier mal an.
    Was ist damit? Vera ist aufgestanden und geht zum geöffneten Fenster.
    Ich bin einfach dagegen, dass die Wurst ein Gesicht hat, sagt Meret.
    Ich frühstücke eh nicht.
    Dachte ich mir, du willst nicht dicker werden. Wie heißt er denn?
    Und du so?, fragt Vera. Wieso bist du nicht mehr in Kiel?
    Meret holt sich, ohne hinschauen zu müssen, einen Piccolo aus dem Seitenfach des Kühlschranks und starrt dabei Vera an mit dem dummen, boshaften oder gleichgültigen Ausdruck eines Wesens namens Helga, das grundsätzlich nichts von dem begreifen will, was es sieht oder was man ihm gerade sagt.
    Was bist du für eine Scheißfreundin, sagt sie, wieso bist du nur zurückgekommen.
    3.
    Kabul, hat Kennedy gerade gesagt, und Jo schaut auf die den Wecker, der auf dem Kühlschrank steht. Ob er sich hier irgendwo zum Schlafen hinlegen kann? Ob er Kennedy so etwas fragen kann? Er muss Mitte dreißig sein. Mutter ist sechsundvierzig. Was findet sie an ihm, oder besser, was findet er an ihr?
    Jo setzt sich mit Schwung auf den Küchenschrank und lässt die Beine baumeln. Karatsch schaut ihn erstaunt an. Kennedy nicht.
    In den Zeiten, in denen ich nicht dort unten, sondern in London bin, unterrichte ich als Vertretung im Sportcenter, sagt er. Boxfit. Danach geht er ins Yoga. Er zeigt auf eine eingerollte dünne Matte, die als Puffer zwischen zwei Weinflaschen über das Küchenregal hinaushängt. Meistens weiß ich aber auf dem Ding da nicht, wohin mit meinen Muskeln, wenn ich diese Fische, Krähen und hinabschauenden Hunde machen soll.
    Das ist ja schön, dass Sie so viel Sport machen, sagt Karatsch. Gehässig, findet Jo. Friedrich Wünsche lacht. Wahrscheinlich ist er nur übermüdet. Wieder lächelt Kennedy. Ziemlich gewinnend, findet Jo. Das Licht in seiner Küche ist jetzt so hell wie auf einem überbelichteten Foto. So hell, dass man darin verschwinden könnte.
    Plötzlich fühlt Jo sich weit weg von allem, selbst von den Umrissen dieser Küche hier.
    Toilette?, fragt er.
    Jo setzt sich auf den geschlossenen Klodeckel, dreht den Wasserhahn auf und berührt mit den Fußspitzen eine Bodenfliese nach der anderen. Was wirst du machen, wenn du alle gezählt hast, sagt er zu sich. Bald ist Mittag.
    Die anderen hört er aus der Küche bis zu sich herüber reden. Das Wort Krieg fällt wieder. Dann ist es still. Stühle rücken, eine Kühlschranktür schlägt, und als er zurückkommt, trinken Karatsch und Friedrich Wünsche Milch.
    In absehbarer Zeit wird er sich bei der Metropolitan Police bewerben und wie jeder andere dort erst mal Streife fahren müssen, falls ihm nicht noch ein Spezialwissen einfällt, erzählt Kennedy.
    Interessant, sagt Karatsch, und ich will ja nicht unhöflich sein. Er setzt sein schiefes Lächeln auf. Aber was ist jetzt eigentlich mit meiner Frau? Es wird ja einen Grund haben, dass sie Sie geschlagen hat.
    Ja. Kennedy sieht amüsiert aus oder so, als erinnere er sich daran besonders gern.
    Knapp nur habe er seine Tasse noch abstellen können,

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