Wuestenfeuer in Seinem Blick
stets das gewesen war, was man von ihr erwartet hatte. Zum Beispiel die begabte Pianistin, auf die ihr Vater Wert gelegt hatte. Oder später die Werbeleiterin, die die Kincaid Group gebraucht hatte. Ihre Mutter hatte Wert auf sie als vernünftige Älteste gelegt, damit sie für ihre Schwestern ein Vorbild war. Nur die Kinderfreundschaft mit Eli war von solchen Vorstellungen frei gewesen. Aber selbst das hatte sich geändert, als sie den Erwartungen ihrer Umwelt genügt hatten und ein Paar geworden waren.
Und jetzt fühlte es sich merkwürdig befreiend an, dass sie mit Rakin zusammen nur sie selbst sein konnte.
Er war völlig ehrlich zu ihr gewesen: Er brauchte eine Frau, die sein Großvater akzeptierte, damit er seine Führungsposition im Familienunternehmen nicht an seinen Cousin verlor. Trotzdem verlangte er nicht von ihr, irgendeine Rolle zu spielen.
Sie konnte sie selbst sein – die Frau, der er versprochen hatte, mit ihm Abenteuer zu erleben.
Und das Beste war, dass sie bereits in den letzten Tagen mehr Abenteuer erlebt hatte als je zuvor.
Rakin hob sein Glas. „Auf zu neuen Freunden und neuen Zielen.“
Das klang gut, und Laurel spürte ihren Enthusiasmus zurückkehren. „Ja, trinken wir darauf.“
Sie stießen mit ihren Saftgläsern an und sahen sich über die Glasränder hinweg in schweigendem Einvernehmen in die Augen. Die Auswirkungen waren heftig. Laurel zwang sich, zur Seite zu schauen, damit er ihr ihre plötzliche Verwirrung nicht anmerkte.
Als der Jet zur Landung ansetzte, sah sie zum ersten Mal aus dem Fenster.
Die Stadt Rashad, in Ocker- und Ziegelrottönen, lag auf einem Hügel mitten in der Wüste, rundherum nur von Sand umgeben, so weit das Auge reichte. Zwischen Kuppeln und Minaretten sah Laurel auch Gebäude in moderner Glasarchitektur zum Himmel streben. Eine Mischung aus Tradition und Moderne.
Aufgeregt wandte sie sich Rakin zu. Aber er schaute nicht aus dem Fenster, sondern betrachtete sie aufmerksam. Die Kluft zwischen ihnen schien überbrückt. In seinen Augen lag etwas, was sie ihre Bedenken vergessen ließ. Sie lächelte glücklich.
„Wie eine Stadt aus Aladin mit der Wunderlampe . Nein, ich weiß: Aladin im einundzwanzigsten Jahrhundert . Ich kann es kaum erwarten, alles zu sehen.“
Der Empfang fand im prunkvollen Palast statt, der mitten in der Stadt lag. Etwas auch nur annähernd Vergleichbares hatte Laurel nie gesehen.
Der Fußboden der großen Halle bestand aus farbigem Marmor, der in kunstvollen Ornamenten verlegt war. Goldgefasste Holzvertäfelungen bedeckten die Wände. Wandleuchter warfen ein warmes Licht über die Menschenmenge. Üppigen Blumengebinden in großen Bodenvasen entströmte ein betörender Duft.
Der Hausherr, Rakins Großvater, beeindruckte Laurel nachdrücklich. Sie brachte dem traditionell gekleideten Mann mit dem scharfen Gesichtsschnitt gegenüber kaum ein Wort heraus. Und sie hatte das unbehagliche Gefühl, dass er ihr tief ins Herz sah.
Zum Glück erwies sich Tula, seine Frau, als zugänglicher. Die Fältchen in ihrem Gesicht verrieten, wie gern sie lächelte. Sie wirkte ebenso warmherzig wie ihr Mann misstrauisch.
„Kennen Sie meinen Enkel schon lange?“, fragte Prinz Ahmeer Al-Abdellah.
„Lange genug, dass sie mich heiraten wollte“, antwortete Rakin für sie.
Entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen, sagte Laurel zu Tula: „Ihr Palast ist wunderschön.“
Tula nickte. „Wir haben glückliche Jahre hier verbracht.“
„Ich habe Laurel versprochen, sie vielen Leuten vorzustellen, mit denen sie sich anfreunden kann“, erklärte Rakin. „Ihr könnt euch morgen mit ihr weiterunterhalten.“
„Rakin, du hast uns so lange warten lassen. Und jetzt, da du endlich geheiratet hast, kannst du uns deine Braut doch nicht schon wieder entführen“, beharrte Tula.
Laurel und Rakin sahen sich an.
„Rakin sagt, Ihre Familie ist in den Vereinigten Staaten von einiger Bedeutung.“ Prinz Ahmeer kam direkt auf den Kern der Sache zu sprechen.
„Die Familie meiner Mutter lebt seit Jahrhunderten in Charleston“, bestätigte Laurel.
Prinz Ahmeer nickte anerkennend. „Ihre Familie hat Wurzeln, so wie wir hier.“
„Ja.“
Dann stellte er ihr viele Fragen über die Geschäfte der Kincaid Group. Er wusste viel über Container und Transportwesen, und für Laurel wurde es eine echte Herausforderung. Es dauerte nicht lange, bis er lächelte und nickte – und viel entspannter aussah als zu Beginn.
Schließlich schlug er Rakin auf
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