Wuestenmond
zusammengeführt.«
»Wir sind beide von derselben Art, das ist alles. Wir sind die Gewinner dabei. Deshalb werde ich immer zurückkommen. Ich werde mir mein Leben so einrichten, daß ich das kann.«
Er schlang beide Arme um mich, preßte sein Gesicht an meines, zog langsam und innig meinen Atem ein.
»Wir halten die Liebe für sehr wichtig«, sagte er kehlig. »Ich bin zwischen deinen Händen.«
»Sei ruhig, ich werde dich schon vor Schaden bewahren.«
»Ich werde nicht im Knast sitzen, wenn du kommst.«
»Genau das meine ich. Reiß dich zusammen, verdammt! Sonst kann ich mit der Zukunft nichts anfangen.«
Er öffnete die Lippen; ich ließ meine Zunge in seinen Mund wandern. Seine Lippen hielten meine Zunge fest, saugten an ihr, als wollte er mich ganz in sich aufnehmen. Unser Atem vermischte sich, das Hämmern unserer Herzen wurde zu einem einzigen, heftigen Zittern. Ganz langsam zog er mich aus, schob Hose und Slip über die Schenkel. Zwischen meinen Brüsten funkelte der Terout, noch warm von meiner Haut, und der Mond sah in ihm sein Angesicht. Ich half Elias, sein Gewand über den Kopf zu ziehen. Meine Hände strichen an seinen Armen herunter; er führte meine Finger zu seiner Gürtelschnalle. Ich öffnete den Verschluß, schob die leichte Baumwolle über seine nackten Hüften. Er flüsterte:
»Du kannst mit mir machen, was du willst, was dir nur einfällt…«
Ich sagte:
»Ich möchte dich immer in mir haben.«
»Ich werde immer in dir leben. Ich werde mit dir sterben.«
Unsere Bewegungen wurden träge, fast schläfrig, während unsere Muskeln sich im Begehren unserer Körper spannten. Als er in mich hineinglitt, schlang ich beide Beine um ihn, um ihn so nahe wie 341
möglich an mich heranzuziehen. Ich umklammerte seine Schultern, zog im Innersten meines Leibes die Muskeln so fest zusammen, daß es schmerzte. Er bewegte sich in mir, warm und hart, mit den Augen des Geistes sah ich ein Leuchten in meinem Fleisch. Was war es nur? Eine jedesmal andere und jedesmal größere Lust. Es war, als ob unsere Herzen, unser Puls im gleichen Rhythmus klopften, wie zuvor unsere Hände auf der Trommel. Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, dachte ich. Ich liebte ihn wie mein eigenes Leben, aber ich hatte Angst. Er lebte intensiver als viele, die nie einen Traum gehabt, die nie erfahren hatten, wofür sie lebten. Ich nahm seinen Nacken in beide Hände, liebkoste seine Schultern, seine starken Lenden, seinen Rücken. Unendlich langsam, unendlich zärtlich spürten meine Finger jeden Muskel, zeichneten eine Landschaft aus Licht und Schatten, die geliebte Heimat meiner Seele. Ich spürte den salzigen Geschmack im Mund, den Geschmack eines Schmerzes, wie ihn heftiger eine Frau nicht empfinden kann. Mir schauderte vor diesem Schmerz. Ich schloß die Beine, krampfte mich zusammen. Ich liebte ihn so sehr, so unerträglich maß- und grenzenlos, daß ich kaum Worte fand, wie ich es hätte ausdrücken können. Und so umfaßte ich seinen Kopf mit beiden Händen, sprach fast lautlos zwischen seinen Lippen. Aber es war ein Befehl, und er verstand es nicht anders.
»Hörst du, Elias. Ich will dich nicht verlieren, weil du leichtsinnig bist.«
Und mit leiser Stimme, doch ebenso fest, antwortete Elias:
»Du hast mein Wort. Ich werde dich nicht enttäuschen.«
342
32. Kapitel
F arblos flimmerte die Hochebene, über den Sandmulden glitzerte die Luft wie eine phantastische Lagune. Überall Schweigen, Gluthitze; als einzige Geräusche nur das Schleifen der schreitenden Mehara. Auf den Sandfeldern das leise Knirschen der karminroten Sättel. Als endloses Band schlängelte sich die Piste zwischen Felsen hindurch, folgte der Bodenbeschaffenheit. Es war kein Weg, kein Pfad, nur eine Spur, welche die Füße der seit Jahrhunderten vorbeiziehenden Kamele hinterlassen hatten. Hier hatte sich das Leben der Wüstenbewohner entwickelt, ohne Utopien, vom Chaos der Jahrhunderte nahezu unberührt. Ihre scharfen Sinne orientierten sich an unbestimmten, nur ihnen bekannten Zeichen: Steine, Windgeräusche, Lichtwellen, Sternbilder. Die Enden der Welt waren keine Punkte auf der Landkarte; die Enden der Welt waren Räume.
Aber die Zeiten ändern sich. Heute bezeichnen Asphaltstraßen die Enden der Welt, ziehen schwarz und schnurgerade von den Küsten Algeriens hinunter bis nach Kapstadt. Die Nomaden gewöhnten sich nur langsam daran. Sie waren noch nicht reif, eine neue Welt zu ertragen.
Am Fuß einer Geröllhalde, hoch über dem Tal,
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