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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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uns beide, wohlgemerkt - brauche ich dir ja wohl nicht zu erklären.«
    »Ihr glaubt Saladin hält so große Stücke auf Bilal, dass er in einer solchen Angelegenheit auf seinen Rat hört?«, höhnte Numair.
    »Hast du eine bessere Erklärung für diesen plötzlichen Sinneswandel?«
    »Kommt es auf den Grund dafür überhaupt noch an?«
    »Mir schon«, erwiderte de Ridefort kalt. »Ich lasse mich nicht gern hintergehen.«
    Die Anschuldigung, die in seiner Stimme mitschwang, missfiel Numair. »Dafür könnt Ihr mich doch nicht verantworlich machen!«
    »Nein? Du warst doch derjenige, der den Jungen in diese Sache mit hineingezogen hat.«
    »Und?«
    »Also bist du auch derjenige, der ihn da wieder herausholt.«
    »Ihr habt mir gar nichts zu befehlen!«, fuhr Numair empört auf.
    »Und ob ich das habe.« De Rideforts Augen funkelten vor Bosheit. »Du bist ein Sarazene und befindest dich in einer fränkischen Burg. Ein Wort von mir, und dein Kopf rollt.«
    »Wenn Bilal den Sultan gegen Euch aufgehetzt hat, könnt Ihr davon ausgehen, dass er auch an mir kein gutes Haar gelassen hat. Ich werde noch nicht einmal in seine Nähe gelangen.«
    Der Templer erhob sich, beugte sich über Numair und umschloss die Lehnen seines Stuhles mit beiden Händen. »Du wirst einen Weg finden, weil dein Kopf sonst meine Lanze schmückt.« Er lachte, als  Numair ihn finster anfunkelte. »Und nur für den Fall, dass du daran denkst, dich aus dem Staub zu machen, solltest du nicht vergessen, dass zwischen hier und deiner Heimat ziemlich viel fränkisches Territorium liegt und ich über viele Möglichkeiten verfüge, jeden deiner Schritte beobachten zu lassen.«
    »Ihr seid verabscheuungswürdig«, zischte Numair.
    »Deswegen arbeiten wir ja auch so gut zusammen«, entgegnete de Ridefort kalt. »Darf ich jetzt davon ausgehen, dass du dich meines kleinen Problems annimmst? Du wirst für deine Dienste natürlich großzügig entlohnt werden.«
    Numair verzog verdrossen das Gesicht, denn sie kannten beide die Antwort darauf.
     Den Auftrag anzunehmen war eine Sache, ihn auszuführen eine ganz andere. Je nachdem wie der Sultan auf seinen Verrat reagiert hatte, war es möglich, dass seine Kundschafter bereits nach ihm suchten. Numair wusste, dass er sich dem muslimischen Lager nicht nähern durfte. Seine einzige Chance bestand darin, Bilal herauszulocken. Doch Bilal war nicht mehr der leichtgläubige Junge von einst, der blind in jede Falle tappte. Tagelang lag Numair in einem trocknen, windigen Wadi südlich von Tal Ashtara in seinem Zelt, rauchte banj  und grübelte finster über die Undurchführbarkeit seiner Mission nach. Und dann fiel ihm mit dem unerklärlichen Glück, das durch und durch skrupellosen Menschen manchmal hold ist, die Lösung seines Problems sozusagen in den Schoß.
    Es war der sechste Morgen seit seiner Abreise aus Saffuriyya, und drei Stunden vor Mittag herrschte bereits eine drückende, schwüle Hitze. Numair saß am Rand des Wadis im Schatten eines Tamariskenbaums, säuberte seine Waffen und hoffte auf eine kühlende Brise, als er eine Staubwolke am Horizont bemerkte. Sie kam von Norden her näher, bis sie die Form eines galoppierenden Pferdes annahm. Kurz  darauf konnte er auch die Farbe des Tieres erkennen: ein dunkles Kastanienbraun. Und noch während er sich sagte, dass es so einen Zufall einfach nicht geben konnte, erhaschte er einen Blick auf etwas Gelbes - das flatternde Gewand des Reiters - und drei weiße Flecken auf der Flanke des Pferdes.
    Mit Armbrust und Schwert bewaffnet verbarg sich Numair, so gut es ihm möglich war, hinter dem kümmerlichen Baum. Er wusste, dass diese Chance höchstwahrscheinlich seine einzige war, also lud er die Armbrust sorgfältig, wartete und schätzte dabei den Abstand mit der geduldigen Präzision ab, die ihn zu einem so herausragenden Jäger gemacht hatte. Er nahm sich einen Moment Zeit, um um Anjum zu trauern, die er selbst auf die Welt geholt und später zugeritten hatte, dann drückte er ab.
    Noch ehe der Bolzen sein Ziel traf, wusste er, dass ihm ein perfekter Schuss gelungen war. Das Pferd strauchelte und schleuderte seinen Reiter in den Sand, und ehe der überrumpelte Bilal überhaupt begriff, was geschehen war, hatte sich Numair schon auf ihn gestürzt. Er zog sein Schwert und setzte es Bilal an den Hals, wo es auf die eisernen Glieder eines Kettenhemdes traf.
    »Hast du dem Prinzen seine Rüstung abgeschwatzt?«, schnarrte er, dann begann er das Kettenhemd zur Seite zu

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