Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
Vom Netzwerk:
schieben.
    Doch Bilal packte die Spitze der Klinge und drückte sie mit einer Kraft, mit der Numair eindeutig nicht gerechnet hatte, von seiner Kehle weg, bis er sich zur Seite rollen und aufspringen konnte. Dann zog er sein eigenes Schwert und betete inbrünstig, dass er sich seinen Arm kein zweites Mal brechen würde. Er war gerade erst notdürftig verheilt und noch immer so empfindlich, dass er ihn zum Reiten mit nassen Lederstreifen umwickelte, die hart wurden, wenn sie trockneten, und ihn so vor Schaden bewahrten. Aber er bezweifelte, dass diese provisorische Schiene Schwerthiebe abmildern würde, und, schlimmer noch, Numair war das nicht entgangen.
    »Was ist denn das?«, spöttelte er. »Das Ergebnis eines Liebespaarstreits?«
    »Was willst du hier, Numair?«, fragte Bilal kalt, während sie einander umkreisten.
    »Dich töten. Liegt das nicht auf der Hand?«
    »Wie sollte es? Du konntest ja nicht wissen, dass ich ausgerechnet hierherkommen würde.«
    Numair schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich betrachte das als Zeichen dafür, dass Allah mir für mein Vorhaben seinen Segen erteilt hat. Und jetzt …«
    Er ging zum Angriff über. Bilal parierte den Hieb. Eine Weile trafen ihre Klingen klirrend und Funken sprühend aufeinander. Bilal wehrte Numairs Attacken ab, so gut er konnte, doch dieser hatte den Anflug von Schmerz auf seinem Gesicht bemerkt, als sein verletzter Arm einen Schlag abfangen musste.
    »Wenn du wie ein guter Junge vor mir niederkniest«, er musterte seinen Gegner aus erbarmungslosen Reptilienaugen, »dann verspreche ich dir, es kurz und schmerzlos zu machen.«
    »Ehe ich vor dir niederknie erleide ich lieber den schlimmsten aller Tode!«
    »Wie du willst.«
    Numair griff erneut an, und obwohl Bilal sich mit aller Kraft zur Wehr setzte, wusste er, dass er so gut wie geschlagen war. Sie befanden sich in weiter Entfernung vom Lager des Sultans, und er wäre selbst mit zwei gesunden Armen kein ebenbürtiger Gegner für Numair gewesen. Numair trieb ihn zum Rand des Tales und führte dann einen heimtückischen Hieb gegen seine Beine, sodass er gegen seinen Willen doch auf die Knie fiel.
    Der Sturz von der unglücklichen Anjum, die Hitze und die Schmerzen forderten jetzt ihren Tribut. Bilal vermochte sich nicht wieder auf die Füße zu ziehen; konnte sogar nur mit Mühe verhindern, dass  er in das Tal hinter ihm hinunterrollte. Das Blut rauschte in seinen Ohren, die Welt ringsum drohte schwarz zu werden, und vor seinen Augen tanzten kleine Sterne … und noch etwas anderes. Etwas, was nicht hätte dort sein dürfen und es doch war: ein dunkler Keil am Horizont, der sich rasch als eine Schar schwarz gekleideter Reiter entpuppte. An ihrer Spitze ritt ein in leuchtendes Gelb gwandeter Mann mit langen dunklen Haaren. Einen Moment lang dachte Bilal, jetzt kämen Engel, um ihn zum Paradies zu geleiten, doch der kurz darauf folgende dumpfe Einschlag eines Pfeils und Numairs schmerzverzerrtes Gesicht, als er stolperte, nach dem Pfeil in seinem Rücken tastete, dann zusammenbrach und den Hang ins Tal hinabrollte, belehrte ihn eines Besseren.
    Bilal klammerte sich an den Stamm des Tamariskenbaums und blickte benommen nach unten, doch er musste den reglosen Körper auf der Talsohle lange Zeit anstarren, bis das Bild in sein Bewusstsein einsickerte und er begriff, was geschehen war. Erst als sich eine Hand auf seine Schulter legte, erinnerte er sich wieder an seine Retter. Er hob den Kopf und blickte zu Salim auf, dessen Gesicht noch vor Entsetzen darüber, wie knapp sein Freund dem sicheren Tod entronnen war, gezeichnet war. Doch nachdem der Prinz ihm aufgeholfen hatte, wäre Bilal beinahe wieder in sich zusammengesackt, weil seine Beine ihn nicht mehr zu tragen drohten. Das schwarz gekleidete Gefolge Salims hatte zu Saladins Sohn aufgeschlossen, und der Anführer schob gerade seine Keffieh zur Seite.
    »As-salaamu’aleikum, Bilal ibn Zeyneb«, sagte Abd al-Aziz ruhig. Sein schmales, zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einem schwer zu deutenden Lächeln. »Du hast uns das Leben während der letzten Monate nicht gerade leicht gemacht. Wir mussten dich kreuz und quer durch die Wüste verfolgen … und wie es aussieht, haben wir dich gerade noch zur rechten Zeit gefunden.«
     

12
    Wie es Abi Gul vorausgesagt hatte, schickte Tor Gul Khan Rakan am nächsten Tag mit zwanzig Dschinn-Kriegern wieder nach Hause. Shahascina, Afshan und Sarbaz waren unter ihnen. Ihre Mütter weinten und lachten abwechselnd, als sie

Weitere Kostenlose Bücher