Wuestentochter
ist«, erwiderte Bilal verdutzt.
»Sei nicht so töricht, Junge!«, tadelte Saladin ihn scharf. »Ich meine, dass er seine eigenen Männer ins Verderben geführt hat. Bei unserem letzten Treffen sagte ich ihm, ich wolle nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ich habe ihm noch nie getraut, und in der letzten Zeit hat er sich nicht mehr an unsere … nun ja, unsere Abmachungen gehalten.« Er sah Bilal eindringlich an. »Er versprach, seine Loyalität unter Beweis zu stellen, um so eine neue Verhandlungsbasis zu schaffen. Ich sagte, er würde es meiner Meinung nach nie über sich bringen, sich gegen den Orden zu stellen, in dem er es zu einem so hohen Rang gebracht hat; er würde letztendlich jedes Versprechen mir gegenüber brechen. Wie es aussieht«, schloss er trocken, »habe ich ihn unterschätzt. Oder zumindest seine Gier.«
Bilal blinzelte. Er brauchte einen Moment, um diese Information zu verarbeiten. Dann sagte er: »Verzeih mir, Herr, aber ich denke, du solltest dafür sorgen, dass Salim nichts von alldem erfährt.«
Der Sultan hob überrascht die Brauen. »Warum nicht? Meinst du nicht, dass er dann aufhört, die Schuld bei sich selbst zu suchen und sich mit Selbstvorwürfen zu quälen?«
»O doch«, entgegnete Bilal. »Aber er wird stattdessen dir die Schuld geben.«
Das Gesicht des Sultans rötete sich vor Zorn. Einen Moment lang dachte Bilal, der Sultan würde ihn schlagen. Doch dann veränderte sich seine Miene erneut; er wirkte erst verwirrt, dann resigniert. »Ich fürchte, du hast Recht, al-Hassani. Du bist ein weiserer Mann als ich.«
Bilal lächelte traurig. »Wohl kaum, Herr. Ich kenne nur Salim sehr gut.«
Der Sultan seufzte. »Wir sind jedenfalls vom eigentlichen Thema abgekommen, scheint mir. Also: Ich gebe zu, dass vieles, was du mir erzählt hast, für mich überraschend kommt. Doch was Gérard de Ridefort betrifft, so hast du mir nur bestätigt, was mir schon lange klar war - er ist ein Mann, der nur danach trachtet, seinen persönlichen Ehrgeiz zu befriedigen. Ich weiß, dass er für jedes Versprechen, das er mir gegeben hat, anderswo zwei andere gemacht hat. Ich sehe, dass du dich fragst, warum ich mich dann überhaupt mit ihm abgegeben habe. Nun, selbst ein skrupelloser, verräterischer Egoist kann gelegentlich recht nützlich sein.«
Er verstummte, hing seinen Gedanken nach und schien Bilal völlig vergessen zu haben. Nach einem Moment ergriff er jedoch erneut das Wort. »Ich meinte es ernst, als ich sagte, du könntest mir die ganze Wahrheit anvertrauen, ohne etwas von mir zu befürchten zu haben. Aber wessen Hand auch immer hinter all dem steckt, er hat dich in den Zwist eines mächtigen Mannes mit der Welt hineingezogen. Und mit jedem Schritt, den du tust, wächst die Gefahr für dich.« Ein weicher Ausdruck trat in die Augen des Sultans, und er atmete tief durch, bevor er weitersprach.
»Hör mir gut zu, Bilal al-Hassani, denn ich spreche jetzt nicht als König zu seinem Untertanen zu dir, sondern als Vater zu seinem Sohn. Du musst in der nächsten Zeit so sehr auf der Hut sein wie nie zuvor in deinem Leben. Du warst für Gérard de Ridefort schon immer eine Gefahr, und jetzt hast du dich gegen ihn gewandt und ihn noch dazu gedemütigt. Er wird alles daransetzen, dich loszuwerden, und angesichts dessen, was ich dir über Cresson erzählt habe, kannst du dir denken, dass sein Gewissen dadurch nicht im Geringsten belastet wird. Und was deinen so genannten Vetter angeht … ich weiß nicht, was er gerade ausheckt, aber mir scheint, er wird deine Abkehr von seiner Sache auch nicht freundlicher aufnehmen als de Ridefort.«
»Ich habe keine Angst vor ihnen«, gab Bilal beherzt zurück.
Der Sultan lächelte. »Das höre ich gern. Aber wenn du dir schon keine Sorgen um deine eigene Sicherheit machst, dann denke wenigstens an die von Salim.«
Bilal erstarrte, dann stammelte er: »Diesen Punkt habe ich gar nicht bedacht, Herr … wenn es ihn in Gefahr bringen könnte, mit mir zusammen zu sein, dann werde ich …«
»Du wirst gar nichts tun, schon gar nicht das, was du gerade vorschlagen wolltest«, unterbrach ihn der Sultan scharf. Dann zupfte er seufzend an seinem Bart. »Ich könnte mir niemanden vorstellen, der besser als du dazu geeignet ist, ihm jetzt zu helfen. Er ist zwar nicht mein Erbe und Nachfolger, und ich weiß, dass ich ihm nie gezeigt habe, dass mir etwas an ihm liegt, aber das tut es - mehr, als er denkt. Also sei bitte um seinetwillen vorsichtig.«
Mit diesen Worten
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