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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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klingen sollen, nun aber bedenklich zitterte.
    Er musterte das Schwert noch einen Moment länger, dann gab er es ihr mit einem leisen Seufzer zurück. »Ja, und davor ihrer Mutter, ihrer Großmutter und so weiter. Der Stein ist sehr alt - ein gelber Diamant aus diesen Bergen. Die Inschrift ist neueren Datums, sie stammt von einem arabischen Sultan, der deiner Ururgroßmutter zu großem Dank verpflichtet war. Ich bin froh, dass Brekhna es an dich weitergegeben hat.«
    »Das hat sie nicht getan«, entgegnete Khalidah tonlos. »Ich fand es in einem Trödelladen in einer Wüstenstadt am Rande Jassirahs.«
    »Ich verstehe«, gab er ruhig zurück, obwohl sich der Schock auf seinem Gesicht widerspiegelte.
    Mit einem Mal wurde Khalidah von heißem Zorn übermannt. »Erzähl mir, was mit ihr geschehen ist.«
    »Das weißt du bereits.«
    »O ja«, fauchte sie. »Hundert verschiedene Leute haben mir hundert verschiedene Versionen ihrer Geschichte erzählt, seit ich alt genug war, um sie zu verstehen. Und dennoch habe ich im Grunde genommen nichts über sie erfahren … bis ich mit deinem betaan gesprochen habe.«
    »Und was hat er gesagt?«, fragte Tor Gul Khan nahezu unhörbar.
    »Dass sie ihren Glauben verloren hat. Was hat er damit gemeint?«
    Jetzt zeigte ihr Großvater erstmals einen Anflug von Furcht. Er schüttelte kaum merklich den Kopf.
    »Ich nehme es dir nicht ab, dass du das nicht weißt«, beharrte Khalidah. »Du verschweigst mir irgendetwas. Du sagtest, sie hätte die Dschinn verlassen, um an Saladins Seite gegen die Franken zu kämpfen, trotzdem hat sie sich nicht seiner Armee angeschlossen, sondern stattdessen meinen Vater geheiratet. Sie hat ihr Schwert zurückgelassen, was, wenn ich irgendetwas über Dschinn-Traditionen gelernt habe, einer Verleugnung des Sinns und Zwecks ihrer Existenz gleichkam. Und dann hat sie ihren Mann und ihr einziges Kind im Stich gelassen.« Sie fuhr mit dem Zeigefinger über die in die Klinge eingravierten Worte. »Licht meiner Seele … so hat sie mich immer genannt. Was bringt eine Frau dazu, sich vom Licht ihrer Seele abzuwenden?«
    Tor Gul Khan hielt ihrem Blick einen Moment lang stand, dann strich er sich mit der Hand über das Gesicht. Als er sie wieder ansah, war er wieder zu dem gebrochenen alten Mann geworden, der sie bei ihrem ersten Gespräch angefleht hatte, alles daranzusetzen, seine Leute in Qaf zu halten.
    »Verrat, Khalidah«, erwiderte er mit brüchiger Stimme. »Manchmal bedarf es nur eines einzigen Verrates, doch im Fall einer starken Frau wie Brekhna kam mehreres zusammen. Es fraß an ihrer Seele, jedes Mal ein Stück mehr, bis schließlich nichts mehr übrig blieb.«
    Khalidah beobachtete ihn; hoffte inständig, er würde weitersprechen, statt sich in dem Kummer und der Reue zu verlieren, die sich in seinem Gesicht widerspiegelten. Endlich murmelte er: »Sie war ein so außergewöhnliches Mädchen - auf nahezu jedem Gebiet mit herausragenden Gaben gesegnet, wie es schien. Man konnte sie nicht als große Schönheit bezeichnen, trotzdem übte sie auf die meisten Männer eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Viele warben um sie, aber für sie hatte es von jeher nur einen Jungen gegeben - Sher Dil. Er hatte ein sanftes Gemüt; zu sanft, um einen guten Krieger abzugeben, muss ich sagen, aber er erwies sich dennoch als recht geschickt im Kampf, und da er wusste, dass Brekhna zur Kriegerin berufen war, schlug auch er diesen Weg ein.
    Zu psarlay, als sie beide sechzehn wurden, verlobten sie sich. Aber obwohl ihre Ausbildung beendet war, war keine Schlacht in Sicht, keine Möglichkeit für sie, in die Welt der Erwachsenen aufgenommen zu werden und heiraten zu können. Als Monat um Monat verstrich, baten sie mich, sie trotzdem zu trauen, und ich schlug ihnen diesen Wunsch ab. Wie konnte ich für meine Tochter eine Ausnahme machen und allen anderen in derselben Situation ihre Bitte verwehren?«
    Er schüttelte den Kopf. »Doch Brekhna ließ nicht locker. Sie rang mir das Versprechen ab, dass sie beide auf die nächste Mission geschickt würden, egal wer der Gegner sein mochte, und ich Narr willigte ein. Der nächste Hilferuf kam von einem von Tadschiken bewohnten Dorf im Norden, das einen Aufstand der Mongolen niederschlagen musste. Die Mongolen sind gefährliche Gegner, weil ihre Kampftechniken den unseren ähneln. Wie bei uns sind ihre berittenen Bogenschützen ihre größte Stärke. Wenn wir in Kämpfe mit ihnen verstrickt wurden, haben wir oft große Verluste

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