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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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machte. Es gibt ein Zitat von Plutarch, genau kann ich es nicht wiedergeben … etwas in der Art, dass Männer, zwischen denen nur Familienbande bestehen, nicht gewillt sind, sich füreinander in Gefahr zu begeben; diejenigen, die eine romantische Liebe verbindet, dagegen unbesiegbar sind. Sie kämpfen ohne Furcht, sagt er, weil sie es nicht ertragen können, von ihren Geliebten für feige gehalten zu werden. Die Heilige Schar … so hat man sie genannt. Die Heilige Schar von Theben.«
    »Was wurde aus ihr?«, fragte Bilal, obwohl er nicht sicher war, dass er die Antwort wirklich hören wollte.
    Salim zuckte betont lässig die Achseln. »Sie wurden am Ende in der Schlacht von Chaironeia von Philip II. von Makedonien und seinem Sohn Alexander geschlagen. Es heißt, jeder Einzelne von ihnen hätte bis zum Tod tapfer gekämpft. Kein Wunder, dass Theben an diesem Tag seine Unabhängigkeit verlor.«
    »Das ist nicht gerade eine Geschichte, die Mut macht«, meinte Bilal, obgleich Salims Gesicht vor Begeisterung glühte.
    »Findest du?« Salim zog die Brauen hoch. »Was hat dir denn in jener Nacht in Oultrejourdain die Kraft gegeben, de Ridefort die Stirn zu bieten?«
    Bilal brachte keinen Ton heraus; noch nicht einmal, um Salim zu fragen, woher er von dieser Auseinandersetzung wusste. Doch sein gesenkter Blick war Antwort genug.
    »Wenn du für mich kämpfen kannst, Bilal al-Hassani, dann kann ich auch dasselbe für dich tun.« Im selben Atemzug fügte er hinzu: »Es tut mir leid, dass ich mich seit Cresson so dumm verhalten habe.«
    »Ich weiß«, erwiderte Bilal ruhig.
    »Es kommt mir vor, als wäre ich an jenem Tag innerlich erfroren, aber als ich dich mit Numair kämpfen sah, da fing irgendetwas in mir Feuer, und ich fand wieder zu mir zurück. Es war wie … wie …«
    »Ich weiß«, wiederholte Bilal. »Du brauchst nichts mehr zu sagen.«
    »Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die ich dir sagen muss«, widersprach Salim. »Aber sie können warten.«
    »Was hast du vor?«, fragte Bilal, als sein Freund sich zu entkleiden begann. Der Prinz antwortete, indem er seine Gewänder über sein im Boden steckendes Schwert hängte und in das dunkle Wasser watete. Dann streckte er eine Hand nach Bilal aus.
    »Ich kann nicht schwimmen«, erwiderte dieser.
    »Ich lasse dich nicht los«, versicherte Salim ihm.
    Weder an diesem noch an einem der beiden darauffolgenden Tage, die sie bei Al-Qahwani lagerten, machten sie sich die Mühe, ihr Zelt aufzubauen. Wenn die Abenddämmerung hereinbrach, schwammen sie, bis sie erschöpft waren, und legten sich dann in die Decke gehüllt, die sie seit Busra teilten, im Gras am Ufer nieder. Das Schwimmen fiel Bilal erstaunlich leicht; es war fast so, als kehre die Erinnerung an etwas zurück, was er einst beherrscht hatte. Darüber wunderte er sich immer wieder aufs Neue, da er seine gesamte Kindheit in der Wüste verbracht hatte.
    »Warum?«, meinte Salim, als Bilal eine dementsprechende Bemerkung machte. »Du bist wie ein Fluss.«
    »Inwiefern?«
    »Dein Gesicht verrät wenig und verdeckt viel. Du liebst im Stillen … und doch ist es das stille Wasser, die Strömung unter der Oberfläche, die Täler aus Bergen wäscht.«
    Salims Schulter hob sich vom Nachthimmel ab wie einer der sanft geschwungenen Hügel ringsum. »Weißt du eigentlich, wie viel du mir bedeutest?«
    »Herz meines Herzens«, flüsterte Salim und zog ihn enger an sich.
     Am ersten Morgen in Al-Qahwani hatte Salim sein saqa wieder zusammengezogen. Danach hielten sie sich jeden Tag im Morgengrauen bereit und warteten auf die Befehle des Sultans. Diese wichen nie voneinander ab. Auf der Karte, die er seinen umara am ersten Abend am Jordan gezeigt hatte, hatte Saladin ein Gebiet von der Form einer Speerspitze eingezeichnet, die auf Nazareth, Tiberias und den Berg Tabor zeigte.
    »Löscht dort alles aus«, hatte er geschnarrt.
    Salim begriff schnell, dass es ein Irrtum gewesen war, die neuerlichen Überfälle als Rückschritt zu bezeichnen. Sie hatten nichts mit ihren Vorstößen in Oultrejourdain gemein, die zwar erfolgreich, aber oft auch chaotisch verlaufen waren. Jetzt schlugen die Stoßtrupps mit rascher, brutaler Präzision zu, steckten Felder und Dörfer in Brand und streckten jeden nieder, der ihnen Widerstand zu leisten wagte. Sie machten weder Gefangene noch Beute, sondern richteten nur eine größtmögliche Verwüstung an und zogen sich dann auf die andere Seite des Flusses zurück, ehe der Frankenarmee Zeit blieb, ihr

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