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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Angriff blasen und dann dastehen und Beifall klatschen, wenn die Schweine uns bei lebendigem Leib verschlingen. Wie bei Cresson, sage ich euch.«
    »Bist du sicher, dass die Zahlen stimmen?«, fragte der drahtige Mann, der merklich kleinlaut geworden war.
    »So sicher, wie man nur sein kann«, versetzte sein Freund. »Ich sagte doch schon, dass ich mit einem Knappen aus Akkon gesprochen habe.«
    Salim und Bilal krochen ins Dunkel zurück. Wenn man dem finsteren Halbblut glauben konnte, kannten sie jetzt die genaue Stärke von König Guys Armee und konnten dem Sultan wertvolle Informationen bringen. Jeder in seine eigenen Gedanken versunken gingen sie zu ihren Pferden und ritten schweigend zum Lager zurück. Dort angekommen machte sich Salim sofort auf den Weg zu seinem Vater, um ihm mitzuteilen, was sie in Erfahrung gebracht hatten. Bilal wandte sich zu seinem eigenen Zelt. Er war so mit seinen Sorgen und Bedenken beschäftigt, dass er erst merkte, dass es hell erleuchtet war, als er die Klappe in der Hand hielt und sie schon angehoben hatte, bevor er sich darüber wunderte. Daher dauerte es einen Moment, bis er die Erscheinung bewusst wahrnahm, die auf dem Teppich saß und den dunklen Kopf über ein Buch mit Gedichten beugte, mit dem sich Bilal an diesem Nachmittag im Lesen geübt hatte.
    Die Erscheinung blickte auf, und ihn überkam dasselbe Gefühl wie in dem Moment, wo er das südliche Fränkisch gehört hatte: dass er Zeuge von etwas wurde, was für ihn einen Sinn ergeben sollte und es irgendwie nicht tat. Er erkannte das herzförmige Gesicht mit den  goldenen Augen unter fein geschwungenen Brauen sofort, doch die Zeit hatte ihm jetzt unauslöschlich fremde Züge verliehen. Die Veränderung ging über die Kajalstriche, die die Augen umrandeten, die dunklen Muster auf Stirn und Wangen, die Muskeln einer Kriegerin unter dem weißen Gewand und das Schwert in ihrer Schärpe hinaus. Doch als sie sich erhob und zaghaft lächelte, war sie mit einem Mal wieder seine Jugendfreundin.
    »Khalidah?«, fragte er, als er in das Zelt trat und die Klappe fallen ließ.
    »Bilal«, erwiderte sie. In ihrer Stimme schwangen die Gefühle mit, die ihr neues Gesicht verbarg. Zögernd streckte sie die Arme nach ihm aus, zögernd umarmte er sie, und dann fielen die vergangenen Monate und alles, was sie ihnen gebracht hatten, mit einem Mal von ihnen ab.
     

18
    Bilal wollte Khalidah sofort zu ihrem Vater bringen und deutete ihren Widerstand als Furcht. »Er ist nicht böse auf dich«, beharrte er. »Er gibt sich die Schuld, Khalidah, nicht dir.«
    »Dazu besteht kein Grund«, erwiderte sie grimmig. »Ich verdiene seinen Zorn. Aber ich will ihn nicht deswegen jetzt nicht sehen, weil ich mich davor fürchte, sondern weil ich eine Pflicht zu erfüllen habe, bevor ich irgendetwas anderes tun kann - eine Pflicht gegenüber dem Volk meiner Mutter, den Dschinn.«
    Bilal zwinkerte, dann lächelte er. »So, wie du das gesagt hast, hätte ich dir beinahe geglaubt. Und jetzt sag mir, wo du wirklich gewesen bist … abgesehen von den Smaragdbergen am Ende der Welt natürlich.«
    Seufzend begann Khalidah ihm alles zu schildern, was seit ihrer letzten Begegnung geschehen war und erklärte ihm, warum sie eine kleine Armee mitgebracht hatte. Während sie sprach, wechselte Bilals Mienenspiel von Ungläubigkeit zu Erstaunen und dann zu gespannter Aufmerksamkeit. Obwohl er sie ab und an unterbrach, um eine Frage zu stellen, nahm er ihre Geschichte mit überraschender Gefasstheit auf.
    »Also sind die Legenden wahr«, stellte er fest, nachdem sie geendet hatte.
    »Wahr und auch wieder nicht wahr«, berichtigte sie. »Wie die meisten Legenden, nehme ich an. Aber die Frage ist, was der Sultan daraus machen wird. Wird er uns in seine Armee aufnehmen?«
    »Ich wüsste nicht, was dagegen spricht«, versetzte Bilal. »Er hat schon viele andere Bewerber akzeptiert, die längst nicht so gute Gründe für ihren Wunsch angegeben haben, sich ihm anzuschließen. Außerdem sagtest du doch, er hätte deine Mutter gekannt.«
    »Das ist lange her, und ich weiß nicht, unter welchen Umständen sie sich damals getrennt haben. Abgesehen davon fürchte ich, dass er eine Schar kuffar, die ihn als heidnischen Gott verehren, nicht unbedingt mit offenen Armen aufnehmen wird, wenn er wirklich so fromm ist, wie man ihm nachsagt … vor allem dann nicht, wenn sie sich nach berüchtigten Scharlatanen des Islams nennen.«
    Bilal schenkte ihr ein Lächeln, das sie nicht

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