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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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auf, einem armseligen, verfallenen kleinen Dorf am Ufer des mächtigen Stroms. Die Häuser aus Lehm und Ziegeln sahen aus, als würden sie jeden Moment in sich zusammenfallen und mit dem morastigen Boden verschmelzen, auf dem sie erbaut worden waren. Die Gegend war feucht und von Fliegen verseucht, und das Dorf lag gleich weit von Tiberias und der großen Hospitaliterfestung Belvoir entfernt - und in unmittelbarer Nähe des Jordan. Klarer hätte der Sultan seine Absichten nicht kundtun können.
    Wie es Saladin beabsichtigt hatte, warfen Guys Kundschafter auf der anderen Seite des Flusses nur einen Blick auf die geballte muslimische Armee, dann wendeten sie ihre Pferde und jagten in vollem Galopp nach Akkon zurück, um dem König diese Neuigkeit zu überbringen. Und wie der Sultan gehofft hatte, verlagerte der verunsicherte Guy daraufhin seine Ritter und Edelmänner sofort nach Saffuriyya, wodurch er die Entfernung zwischen den beiden Armeen halbierte. Als dies geschah, gestattete sich Saladin einen erleichterten Seufzer, denn nun befand sich der Feind in seiner Sichtweite. Er berief eine Versammlung seines eigenen Kriegsrates ein, um seinen nächsten Schritt zu besprechen - der Salim als ein Schritt nach hinten erschien.
    »Weitere Überfälle?«, sagte er zu Bilal, als sie das Zelt seines Vaters verließen. »Ich dachte, das läge endgültig hinter uns.«
    Bilal schüttelte den Kopf. »Es ist wie in Amman - wie bei all unseren Kämpfen mit den Franken, seit sie Al-Quds eingenommen haben, nehme ich an. Wir mögen ihnen ja zahlenmäßig überlegen sein, aber das nützt uns wenig, wenn sie sich hinter den Mauern ihrer Festungen verkriechen. Und in Saffuriyya haben sie alles, was sie brauchen: genug Wasser, offene Nachschubrouten … sie wären Narren, wenn sie die Festung verließen, um uns in einer offenen Feldschlacht entgegenzutreten.«
    »Da stimme ich dir zu.« Salim hackte mit seinem Schwert auf eine verdorrte Yucca ein. »Aber ich halte sie auch nicht für so dumm, sich von ein paar Überfällen aus der Reserve locken zu lassen.«
    »Du würdest dich wundern«, gab Bilal trocken zurück. »Es gibt unter ihnen genug, die nach unserem Blut lechzen.«
    Sie hatten den Wasserrand erreicht. Das Licht der Lagerfeuer spiegelte sich auf der Oberfläche wider. Salim stieß sein Schwert in den schlammigen Boden, kauerte sich daneben nieder und fragte: »Warum hast du meinem Vater von de Ridefort erzählt?«
    Bilal seufzte. »Es ging nicht anders, Salim. Er und Numair können alles Mögliche gegen uns aushecken.« Er hielt inne. »Bist du sehr böse?«
    »Weil du es ihm gesagt hast? Nein. Weil du vorher nicht mit mir gesprochen hast - ein bisschen.« Er sah Bilal an. Seine Augen schimmerten klar und wach. »Ich weiß, dass ich in der letzten Zeit nicht ganz ich selbst war, aber ich bin keine solche Memme, dass ich mich vor meinen Pflichten gedrückt hätte.«
    Bilal kniete sich neben ihn. »Deswegen habe ich dir die Unterredung mit deinem Vater nicht verschwiegen.«
    »Weshalb denn dann?«
    Bilal kratzte seinen Namen in den Schlamm und setzte den von Salim daneben. »Weil ich Angst hatte.«
    Salim musterte ihn nachdenklich. »Sag jetzt nicht, du hättest Angst um mich gehabt.«
    Bilalblickte auf. »Und warum nicht? Ich liebe dich, Salim, ich könnte ein Leben ohne dich nicht ertragen. Und da dich das zu einer Zielscheibe für all jene macht, die mir nicht freundlich gesinnt sind …«
    »Schon gut«, wehrte Salim müde ab. »Was hat mein Vater denn gesagt?«
    »Er bat mich, gut aufzupassen?«
    »Wovor?«
    Bilal schüttelte den Kopf. »Auf wen.«
    »Auf mich?«
    »Natürlich.«
    »Und auf dich selbst.«
    »Das hat er nicht gesagt.«
    Salim lächelte. »Es sähe dir ähnlich, das nicht aus seinen Worten herauszuhören.«
    »Es ist ohnehin egal.« Bilal löschte ihre Namen wieder und begann stattdessen ein abstraktes Muster in den Schlamm zu zeichnen. »Ein vorsichtiger Soldat ist ein nutzloser Soldat.«
    »Dann werden wir wie die Thebaner sein«, stellte Salim nach kurzem Nachdenken fest.
    »Die was?«
    »Theben war ein antiker griechischer Stadtstaat und eine bedeutende Militärmacht. Sie wahrten ihre Unabhängigkeit auch noch, nachdem all ihre Nachbarn von den Makedonen unterworfen worden waren. Das Geheimnis ihres Erfolgs bestand in einem besonderen Kriegertrupp im Herzen ihrer Armee, der dreihundert Männer umfasste - hundertfünfzig Liebespaare. Sie waren gute Soldaten, aber es war ihre Liebe, die sie zu Elitekämpfern

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