Wuestentochter
der richtige Augenblick, um diesbezügliche Spekulationen anzustellen. Nach einem Moment gewann der Prinz die Fassung zurück und lächelte ihr zu.
»Nun, Khalidah bint Abd al-Aziz, aus dem, was ich von eurem Gespräch mit angehört habe, bevor ich mir anmaßte, es so rüde zu unterbrechen, schließe ich, dass du hier bist, um eine Bitte an meinen Vater zu richten. Ich will dir gerne helfen, wenn ich kann.«
Also erzählte Khalidah noch einmal alles über die Dschinn, ihre eigene Beziehung zu ihnen und ihre Überzeugungen bezüglich der Person Saladins, um deretwillen sie zu der Armee des Sultans gestoßen waren. Während sie sprach, nahm Salims Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck an, der dem, den sie kurz zuvor bei Bilal gesehen hatte, auf geradezu gespenstische Weise ähnelte. Werden sich Liebende im Laufe der Zeit immer ähnlicher?, fragte sie sich und überlegte im nächsten Moment, ob das wohl auch auf sie und Sulayman zutraf.
»Du hast Recht«, sagte Salim endlich. »Meinem Vater wird es nicht gefallen, als heidnischer Gott angesehen zu werden. Aber andererseits bringt er allen Feinden der Franken Wohlwollen entgegen, und wenn die Dschinn so herausragende Krieger sind, wie du sagst, wird er mehr als froh darüber sein, sie an seiner Seite zu wissen.« Er hielt inne und maß sie mit einem scharfen Blick. »Ich gehe davon aus, dass du Allah trotz deiner kaf ir-Verkleidung nicht abgeschworen hast?«
»Ich werde mich nie von Allah lossagen«, erwiderte Khalidah ruhig. »Aber meine Gewänder sind keine Verkleidung. Abgesehen davon, dass ich keine Anhängerin ihrer Religion bin, lebe und kämpfe ich als Dschinn.«
Salim nickte. »Dann komm morgen früh zurück. Bring ein paar deiner besten Krieger mit, aber sag ihnen, sie sollen nichts über diesen Messias-Mythos verlauten lassen. Bringen sie das fertig?«
»Natürlich.«
»Ausgezeichnet. Bring sie her, und überlass das Reden mir. Ich verspreche dir, Khalidah bint Abd al-Aziz, dass die Dschinn, wenn es in meiner Macht steht, morgen Mittag ein Teil dieser Armee sind.«
»Danke, Sayyid.« Sie verneigte sich noch einmal tief vor ihm, und diesmal erhob er gegen diese Formalität keinen Einwand, sondern sah sie nur abschätzend an.
»Bleibst du heute Nacht bei uns?«, fragte Bilal.
Khalidah schüttelte den Kopf. »Ich muss zu meinen Leuten zurück. Sie warten auf Neuigkeiten.«
»Dann bis morgen.« Er nahm ihre Hand und drückte sie.
»Bis morgen.« Sie erwiderte seinen Händedruck, dann huschte sie aus dem Zelt in die Nacht hinaus.
Der 1. Juli des christlichen Kalenders brach genauso hell und heiß an wie alle vorigen Tage dieser Woche. Kein Lüftchen rührte sich, keine einzige Staubwolke wurde aufgewirbelt. Das Einzige, was sich auf der weitläufigen, glühenden Ebene bewegte, waren die Dschinn-Pferde, die durch ein Meer aus Hitzeschleiern wateten. Die in reines, schmuckloses Weiß gekleideten Reiter schienen mit dem Himmel hinter ihnen zu verschmelzen. Es waren sechs an der Zahl: Khalidah, Sulayman, Abi Gul, Sandara, Shahascinas Vater Batoor und sein junger Neffe Janduli. Alle hatten geschworen, kein Wort über die Legende um Mobarak Khan zu verlieren, und keiner hatte sich von Khalidahs Bitte überrascht gezeigt.
Am Rand des Lagers stiegen sie ab und führten die Pferde zu Bilals und Salims Zelt, wobei sie wegen ihrer fremdartigen Kleidung und den edlen Tieren viele neugierige Blicke auf sich zogen. Bilal erwartete sie schon. Er teilte ihnen mit, Salim sei bereits im Zelt seines Vaters, und sie sollten sich unverzüglich ebenfalls dorthin begeben.
»Der Sultan ist heute Morgen schlechter Laune«, raunte er Khalidah zu, als er ihr half, die Pferde anzubinden.
»Wegen der Dschinn?«
»Wegen der Franken. Er ist bereit, sich ihnen zu stellen, aber sie lassen sich nicht provozieren.«
»Sollen wir ein andermal wiederkommen?«, fragte Khalidah.
»Es gibt kein anderes Mal. Wenn ihr etwas erreichen wollt, müsst ihr es jetzt versuchen.«
»Was können wir tun, um ihn dazu zu bringen, uns unsere Bitte zu gewähren?«
Bilal zuckte die Achseln. »Sag ihm einfach die Wahrheit, und wenn Allah es will, ist das genug.« Er brach ab und warf ihr einen Blick zu, den sie nur zu gut kannte. Er besagte, dass er überlegte, ob er noch etwas hinzufügen sollte oder nicht.
»Sag es einfach, Bilal«, seufzte sie.
Er schrak zusammen, dann lächelte er verlegen. »Also gut. Dein Vater weiß, dass du hier bist.«
»Wer hat ihm das verraten?«, zischte
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