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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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führt.«
    Die Welt begann sich um d’Ibelin zu drehen. D’Edessas Worte hatten bewirkt, dass die Luft aus ihm entwichen war wie aus einer angestochenen Schweinsblase. Er brachte nicht die Kraft auf, etwas zu erwidern, sondern gestand seine Niederlage nur mit einem matten Abwinken ein, dann sah er mit einem wachsenden Gefühl drohenden Unheils zu, wie de Ridefort triumphierend davongaloppierte.
    Für Gökböri wiederholte sich die Schlacht von Cresson, nur dass er diesmal vorbereitet war. Trotzdem traute er seinen Augen kaum, als er die kleine Schar weiß gekleideter Ritter mit gezückten Lanzen auf die Reihen seiner Männer zujagen sah. Im nächsten Moment prallten die Lanzen gegen die Schilde der Infanterie, Schwerter blitzten auf, und dann wurde die Szene von einer aufwirbelnden Staubwolke verschleiert.
    Und wie bei Cresson war alles vorbei, bevor es begonnen hatte. Die Templer hatten sich bei ihrem ersten Angriff vollkommen verausgabt. Als sie sich neu formierten, schwankten sie im Sattel und waren kaum noch im Stande, ihre Schwerter zu ziehen, geschweige denn sie zu gebrauchen. Es war, als würde man überreifes Obst pflücken: ein Vergleich, den Sulayman fortan kaum mehr aus seinen Gedanken verbannen konnte, so gern er es auch getan hätte, als sich der Staub in leuchtend roten Schlamm verwandelte und die Hufe seines Pferdes in einem Morast aus zermalmtem Fleisch und hervorquellenden Eingeweiden versanken. Eine zweite Angriffswelle erfolgte nicht. Die Templer, die die erste überlebt hatten, zogen sich so rasch zurück, wie ihre erschöpften Pferde sie zu tragen vermochten, und überließen ihre gefallenen Brüder den Geiern und die gefangenen oder verwundeten den Schwertern der Muslime.
    Inzwischen hatte im Osten die Division des Königs endlich in der Nähe des Dorfes Miskinah die Vorhut der Armee eingeholt. Sie waren immer noch zwei farsakhs von Tiberias entfernt, als sie die Nachricht von dem Vorstoß der Templer erreichte. Als Tripolis davon erfuhr, verwünschte er sich bitterlich dafür, das Kommando über die Vorhut übernommen zu haben, statt in der Nähe des Templergroßmeisters zu bleiben, wo er vielleicht Gelegenheit gehabt hätte, dessen Impulsivität zu zügeln.
    »Der Krieg ist vorüber«, entfuhr es ihm. »Wir wurden verraten, und nun sind wir dem Tod geweiht, und das Land ist verloren.«
    »Verraten?« Guys Stimme klang jetzt dünn und brüchig.
    Tripolis hatte den König über seinen Selbstvorwürfen ganz vergessen. Er blickte zu Guy hinüber, und als er dessen totenbleiches Gesicht und die zitternden Hände sah, wusste er, dass er rasch und entschlossen handeln musste, wenn er noch irgendetwas aus dieser Katastrophe retten wollte.
    »Von denen verraten, deren heißes Blut jegliche Vernunft verbrennt«, erwiderte er kalt. »Wenn Ihr etwas von Eurem Reich vor dem Untergang bewahren wollt, Euer Gnaden, dann gebt den Befehl, augenblicklich Halt zu machen.«
    »Wieder Halt machen? Das hilft uns auch nicht weiter. Vielleicht sollten wir nach Sephorie zurückkehren …«
    Tripolis schnaubte verächtlich. »Für eine Rückkehr nach Saffuriyya dürfte es ein bisschen zu spät sein, Hoheit. Sogar wenn der Sultan uns nicht am Rückzug hindern würde, könnten unsere Männer es niemals bis dorthin schaffen. Weist sie an, heute Nacht bei Miskinah ihr Lager aufzuschlagen. Wir werden dort warten, bis die Nachhut uns einholt, und uns dann am Morgen zu den Quellen von Hattin durchschlagen.«
    »Das ist doch lächerlich!«, schnarrte Kerak, der näher gekommen war, um zu lauschen, als er Tripolis mit dem König sprechen sehen hatte. Hitze und Sonne hatten sein Gesicht bereits gerötet, und nun war es vor Wut zusätzlich so verdunkelt, dass es fast die Farbe von seinem Haar angenommen hatte. »Wir müssen den Hauptteil der Armee von muslimischen Schweinen jetzt angreifen, solange wir uns in ihrer Nähe befinden - darin besteht unsere einzige Chance auf einen Sieg!«
    »Sieg?«, wiederholte Tripolis leise. »Seid Ihr tatsächlich immer noch so blauäugig zu glauben, dass wir lebend aus dieser Sache herauskommen - geschweige denn als Sieger?«
    »Das ist Blasphemie, Tripolis - Ihr behauptet wirklich, Gott würde zulassen, dass wir von Ungläubigen besiegt werden?«
    Tripolis sah nicht Kerak an, sondern den König. Guys Hände zitterten stärker, und sein Gesicht war, wenn dies überhaupt möglich war, noch bleicher geworden. Er sah aus, als würde er seine Krone frohen Herzens dem Erstbesten aushändigen, der

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