Wuestentochter
als wir.«
»Das mag sein«, versetzte sein Vater knapp. »Aber wir sind schneller.«
Taqi ad-Din verneigte sich vor ihm, wendete dann sein Pferd und ritt mit seiner Leibgarde in Richtung Lubiyah davon.
»Willst du die Straße nach Tiberias überhaupt nicht bewachen lassen?«, wandte sich Salim an seinen Vater.
Saladin schüttelte den Kopf. »Wir verlegen meine Division dorthin. Heute Nacht lagern wir in Lubiyah.« Er gab seinem Pferd die Sporen, und als sie den Hügel hinunterritten, zählte er noch einmal die einzelnen Positionen auf, obwohl seine Zuhörer den Eindruck gewannen, dass er mehr zu sich selbst als zu ihnen sprach. »Taqi ad-Din und der rechte Flügel bei Hattin; Gökböri und der linke Flügel in den Hügeln nahe Shajarah. Wenn alles nach Plan verläuft, wird Gökböri die Nachhut der Franken angreifen und Guy so zwingen, Halt zu machen.«
»Aber wenn die Franken bei Hattin ihr Lager aufschlagen, haben wir dann nicht dieselbe Situation wie in Saffuriyya?«, beharrte Salim. »Schlimmer noch - jetzt haben sie ihre Lektion gelernt, und es wird uns nie gelingen, sie in eine offene Schlacht zu verwickeln.«
»Das müssen wir auch nicht.«
»Wieso bist du da so sicher?«
Der Sultan lächelte leise. »Weil wir sie dann bereits umzingelt haben.«
23
Die fränkische Armee war acht Stunden lang ununterbrochenen Angriffen von Gökböris Truppen ausgesetzt gewesen, als der Befehl kam. Doch die Rast brachte den Männern keine Erleichterung, sondern verlängerte ihr Elend noch, denn es gab weder Wasser noch Schatten. Während sie auf der vor Hitze flirrenden Straße ausharrten und die gelegentlich auf sie zuschwirrenden muslimischen Pfeile abwehrten wie lästige Fliegen, beriefen Balian d’Ibelin und Joscelin d’Edessa eine hastige Besprechung mit Gérard de Ridefort ein.
»So kann es nicht weitergehen, Mylords«, begann de Ridefort, bevor einer der beiden befehlshabenden Offiziere das Wort ergreifen konnte. »Wir müssen zum Gegenangriff übergehen, sonst werden wir nach und nach alle niedergemetzelt wie Schlachtvieh.«
D’Ibelin hatte de Ridefort nie gemocht und ihm seit Cresson auch nicht mehr über den Weg getraut. Jetzt hatte das Gesicht des Templergroßmeisters eine blühende Farbe angenommen, und in seinen Augen glomm ein freudiger Funke, der dem Ernst der Situation alles andere als angemessen war. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte d’Ibelin dies religiösem Eifer zugeschrieben. So aber witterte er Verrat.
»Eure Eile hat uns zu diesem Marsch verdammt, de Ridefort«, erwiderte er. »Wir dürfen jetzt nicht zulassen, dass sie unser Ende herbeiführt.«
De Ridefort geriet augenblicklich in Wut. »Wenn ich dem König gestattet hätte, auf diesen Verräter Tripolis zu hören, wäre die Herrin von Tiberias jetzt schon eine Muslimenhure!«
»Woher wollt Ihr wissen, dass dieser Fall nicht bereits eingetreten ist?«, fragte d’Ibelin. »Wir haben ja noch nichts zu ihrer Rettung unternommen.«
»Genau deswegen gilt es zu handeln, und das sofort!«
»Wie stellt Ihr Euch das denn vor, Messire?«, herrschte d’Ibelin, der nicht länger an sich halten konnte, ihn vor Zorn kochend an. »Seht Euch doch um! Die Fußsoldaten sind mit ihrer Kraft am Ende. Es kostet die Sarazenen nur ein Wort, und sie laufen für einen Becher Wasser zu ihnen über. Den Rittern ergeht es auch nicht viel besser, und ich werde meinen Leuten nicht zumuten, in ihrem momentanen Zustand einen so übermächtigen Feind anzugreifen. Genauso gut könnte ich ein sinkendes Schiff auf ein Riff zusteuern!«
»Nun, d’Ibelin«, entgegnete de Ridefort kalt, »zum Glück unterstehen nicht alle Ritter hier Eurem Befehl. Meine verantworten sich vor Gott, und Gott verlangt, dass Seine Soldaten mehr tun, als sich bereitwillig als Zielscheibe für muslimische Pfeile zur Verfügung zu stellen.«
»Bezeichnet Ihr Euch jetzt als Gott?«, zischte d’Ibelin.
»Das reicht«, unterbrach d’Edessa sie. »Wir haben genug mit sarazenischen Feinden zu tun, da müssen wir uns nicht auch noch welche im eigenen Lager schaffen. Ich stimme Euch zu, d’Ibelin, dass ein Angriff uns nicht viel weiterbringt. Andererseits halte ich eine solche Vorgehensweise für wesentlich effektiver, als hier herumzusitzen und langsam in der Sonne zu verdorren. Wenn de Ridefort mit seinen Templern gegen die Sarazenen kämpfen will, dann soll er es tun. Das verhilft uns zumindest zu einer Atempause vor ihren Pfeilen, wenn es sonst schon zu nichts
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